Remar #22

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Ich verschränkte meine Finger ineinander und sah ihn an, nachdem die Teller von dem Kellner mitgenommen waren. Er erwiderte den Blick mit einem matten, aber mehr müde wirkenden Lächeln und irgendwie mochte ich es, dass ich etwas über ihn wusste. Nicht weil man Wissen über Menschen meistens gut gegen sie verwenden konnte oder ich mich nicht als einziger geöffnet hatte, sondern weil ich das Gefühl hatte ihn besser zu kennen. Er lächelte warm und ich fragte mich, ob er dasselbe warme Gefühl in der Brust hatte. Aber etwas in seinen Augen glänzte schelmisch. "Bezahlen wir?" Zwar fühlte ich mich so voll, dass ich gar nicht aufstehen wollte, aber ich nickte. Er lächelte und winkte Der Bedienung. Bevor ich ihm sagen konnte, dass ich zahlen würde, hatte er schon sein Portemonnaie herausgezogen und das Geld mit einem üppigen Trinkgeld zu dem Kassenbon gelegt hatte. "Kommst du?" Ich stand auf und zog mir meinen Mantel über, während er schon vorging, mit seiner Jacke über seinem Arm. "Willst du noch spazieren gehen?", fragte er mit einem aufmunternden Lächeln auf den Lippen, während er mir die Türe des Lokals aufhielt und damit einem asiatisch aussehenden Paar den Weg versperrte. Schnell huschte ich raus. "Du bist hier der Dateplaner.", stellte ich fest und sah ihn an. Es war schwer nach so langer Zeit keine Kälte in meinen Blick zu legen. Er lachte und die Türe fiel hinter ihm ins Schloss. "Dann sei nicht so griesgrämig und komm." Vermutlich war es früher leichter gewesen mit mir ein Date zu haben. Ich folgte ihm. Er lief einen Augenblick langsamer, bis ich wieder neben ihm ging. Er griff nach meiner Hand. Seine Finger waren warm und weich. Ich zog meine nicht weg. "Ich rieche schon den Frühling.", sagte er freudestrahlend und reckte das Gesicht der kühlen Wintersonnenwende entgegen. Ich lächelte leicht und achtete auf den Asphalt zu meinen Füßen. "Es ist Januar." Er zuckte mit den Schultern und sah mich direkt an. "Na und? Es gibt doch den Klimawandel." Ich lächelte leicht. Es fühlte sich nicht einmal aufgesetzt an. "Findest du es nicht seltsam mit jemand auszugehen, der beinahe dein Vater sein könnte?" Er zog eine Augenbraue hoch, aber bei ihm sah es nicht verächtlich, sondern eher belustigt aus. "Wir haben elf Jahre Unterschied. Also ist das leicht übertrieben." Ich seufzte und schob mir meine Brille auf dem Nasenrücken höher. "Hast du schon einmal von deinen Eltern erzählt, als du noch jünger warst?", fragte er nach einer kleinen schweigenden Weile, In der er mich sanft in die Richtung einer Parks gezogen hatte. "Sie hatten einen Buchladen.", sagte ich knapp, ohne den Blick von den leeren Beeten zu wenden. Parks hatten im Winter etwas unglaublich Tristes an sich. Ich könnte bloß hoffen, dass der Frühling tatsächlich bald käme. Die kalten Büsche reckten sich grau und verworren dem weißen Himmel entgegen. Ein Ruck ging durch meinen Arm, als ich bemerkte, dass er stehen geblieben war, ich jedoch weiter gegangen. Ich drehte mich zu ihm um und in dem Moment, als sich unsere Augen trafen, zog er mich mit einem sanften Ruck zu sich. Wir standen uns gegenüber und ich war froh über den minimalen Größenunterschied. Seine Augen schienen leicht zu glühen, während er meinen Blick erwiderte. Er griff nach meiner anderen Hand und ich spürte auf seinem Handrücken eine Narbe. Seine Lippen legten sich sanft auf meine. Bloß einen stolpernden Herzschlag lang uns als er sich wieder löste kribbelten meine Lippen. Er erwiderte meinen Blick ruhig, während in mir etwas begonnen hatte unruhig zu glühen. "Ich liebe dich." Das erste Mal, als er die Worte sagte sah er mir in die Augen. Ich strich über seinen Handrücken, die Narbe war glatter als die Haut darum herum und ich senkte den Blick darauf. Als silbrig, feiner Faden in der Haut zog sich die Narbe über seinen Handrücken und ich fragte mich, was dort geschehen war. Er sah nicht wie jemand aus, der mit seinen Händen arbeitete. "Ich weiß nicht, ob es gut für dich wäre, wenn ich das erwidere." Ich hatte soviele anderen Dinge sagen wollen und stattdessen war das heraus gekommen... Ich hörte sein Ausatmen, spürte den warmen Atem auf meiner Haut und das Rascheln seines Mantels, als er den Kopf in den Nacken legte und zum Himmel sah. Ein Stechen zog sich durch meine Nase, so als würde ich gleich losweinen und meine Augen prickelten leicht. Seit wann brauchte es bloß so wenig, damit ich losweinte? "Wieso?", fragte er dann. Leise, sanft und ich hatte schon beinahe mit keiner Antwort mehr erwarten. Ich schloss meine Augen. Hielt die Tränen zurück. Ich wollte nicht schon wieder vor ihm weinen. "Alle die ich geliebt habe sind tot, liegen im Koma oder verachten mich. Seine eine Hand löste sich aus meiner. Ich öffnete nicht meine Augen. Was wenn er meiner überdrüssig war? Es ermüdend fand wie viel Kraft es kostete ein paar nette Worte aus mir heraus zu bekommen? Beinahe wäre ich zusammengezuckt, als ich seine Hand an meiner Wange spürte. Sanft drehte er sich mein Gesicht zu und ich öffnete meine Augen einen Spaltbreit. Er erwiderte meinen Blick warm. "Ich werde dich nicht verlassen." Überrascht sah ich ihn an. Ich hatte es anders gemeint. Alle Menschen, die mir wichtig gewesen war, war etwas Schreckliches widerfahren. Ich wollte nicht, dass er auch durch so etwas gehen musste, aber stattdessen hatte er es so aufgefasst, dass ich Angst hatte ihn zu verlieren. Er küsste meine Stirn. Sein Atem strich über meine Haut und wärmte sie. Mir fiel erst jetzt auf wie gut mir seine Nähe tat. "Ich würde für dich durch die Hölle gehen.", sagte er entschieden und ich spürte wie sich seine leicht spröden Lippen beim Sprechen über meine Haut bewegten. Ich löste meine Hand, deren Finger noch mit seinen verschränkt gewesen wären und schlang meine Arme um ihn. Die erneute Dunkelheit hinter meinen Augenlidern hüllte mich ein und das Gewicht seiner Arme legte sich um mich. Hüllte mich ein. Ich fühlte mich wie ein Kind, das von einem Erwachsenen getröstet werden musste, nicht sicher, ob ich dieses Gefühl genießen oder unangenehm finden sollte. "Ich dich auch...", flüsterte ich kaum hörbar. Der Wind, der an den kahlen Ästen um uns herum zerrte verschluckte die Worte beinahe. Ich spürte sein Lächeln und die warme Luft, die er dabei ausatmete an meiner Stirn. Etwas in meiner Brust begann zu glühen, über den feinen Schmerz hinweg, der sich in der Erinnerung an das letzte Mal, als ich diese Worte gesagt hatte, in einem anderen Leben, durch mein Bewusstsein zog. Wie ungewohnt es war, wertgeschätzt und sanft behandelt zu werden. Er drückte mich einmal gegen sich. Sein Geruch umschloss mich, wie einen Kokon, der ganz für uns alleine erschaffen war. Seine Körperwärme strahlte sogar durch die vier Schichten zwischen uns und am liebsten wäre ich so für immer stehen geblieben. Es war so schön, sich wieder glücklich zu fühlen. Sanft wie Federn begann wieder Schnee zu fallen und sich auf unsere Haare und um uns herum zu legen. Als er sich löste, hätte ich am liebsten die Arme ausgestreckt und ihn wieder an mich gezogen, aber stattdessen machte ich mich daran meine Hände in meinen Manteltaschen zu vergraben, als er nach meiner Hand griff. "Also sind wir jetzt zusammen.", verkündete er freudestrahlend und zog mich weiter durch den Park.

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Hach. Endlich habe ich dieses Kapitel geschafft. Jetzt will ich eure Meinung.

Another school romance.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt