Kapitel drei.

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Cranes Haus ist deutlich größer als meines. Wo mein Haus aus Familienerinnerungen und Gelächter besteht, ist das von Crane aus sterilem Stahl. Ihre Eltern ließen ihr neuestes Haus erst dieses Jahr bauen und all die Erinnerungen des alten überhäuften Hauses wurden ausradiert von schweren Kugeln. Die Erde, die den Baum hielt, auf dem wir früher schaukelten, wurde von den gigantischen Reifen eines Baggers plattgemacht.

Crane mag ihren begehbaren Schrank mit seinem glänzenden Kronleuchter, aber sie würde zwei Stunden pro Woche mit ihren Eltern über jedes Stück Marmor stellen. Nach jeder Reise bringen sie ihr immer Geschenke mit und versprechen ihr, dass es ihre letzte lange Reise wäre.

Meine Eltern warten geduldig - mein Vater auf dem Fahrersitz - vor Cranes Haus. Sie ist normalerweise immer mindestens fünf Minuten zu spät, also ist keiner überrascht, als wir zehn warten. Ich drücke auf das Ende meines Kugelschreibers und greife nach meinem Notizbuch. Neulich habe ich mich dazu entschlossen, meine Gedichte auf mein Smartphone zu übertragen. Es gibt einige Apps, die ich dafür benutzen kann. Eine hat sogar eine Video Option. So kann ich Videos hochladen, wenn ich endlich den Mut finde aufzutreten.

Als ich gerade die erste Zeile auf dem Papier fertig schreibe, hüpft Crane den Gehsteig entlang und öffnet die Autotür. Sie setzt sich hinter meiner Mutter und berührt die helle orangefarbene Blume, die in den braunen, lockigen Haaren meiner Mom steckt. Meine Mutter lächelt und hält kurz auf Cranes Hand inne, bevor sie sie fallen lässt.

"Sorry, ich konnte mein Handy nicht finden", sagt sie und steckt die Hand in ihre Tasche um ein letztes Mal sicherzugehen, dass sie es dieses Mal dabei hatte.

"Kann's losgehen?", fragt mein Vater beim Ausparken. Crane sagt ihm, dass sie niemals bereiter in ihrem Leben war wie jetzt und mein Dad fährt, während er uns eine Geschichte über Woodstock und die glorreichen Tage der Musik erzählt.

Als wir in Weeping Willow ankommen, ist der kleine Parkplatz voll. Die engen Straßen aus Kopfsteinpflaster erschweren uns die Suche nach einem Parkplatz, doch als mein Vater an einer Bäckerei vorbeifährt, parkt ein roter Prius gerade aus und fährt auf die Straße. Meine Eltern jubeln gespielt und Crane und ich schließen uns mit einem Lachen an. Die Luft ist trotz einer herbstlichen Brise feucht. Mein Haar beginnt braun zu werden, kraus und stückchenweise wellig, so dass es den Anschein hat, als würde es auf den Spitzen meiner Schultern treiben.

Alle Gebäude sind in dieser Straße miteinander verbunden, jedes in einer anderen Farbe. Weeping Willows Außenseite besteht aus breiten, roten Ziegelsteinen. Ein Zeichen aus dickem Garn hängt über dem Eingang. Die Wörter "Weeping Willow" sind in dicken schwarzen Wirbeln draufgemalt. Ein Baum - eine Weide, um genau zu sein - ist neben den Wörtern gezeichnet. Ihre Zweige hauchen den Wörtern Leben ein, denn die Wurzeln sind mit den W's verbunden.

Als wir reingehen, ist es schon voll. Fast jeder Zentimeter der Sitzplätze ist besetzt. Weder Stühle noch die üblichen Sofas sind in Sicht. Alle stehen Schulter an Schulter um die hölzerne Bühne. Die Mauer hinter der Bühne ist in einem tieferen Rot gestrichen und in der Mitte hängt eine Tafel, auf der Namen draufstehen.

Ich folge meinen Eltern und Crane durch die Menge zu der Theke. Mein Notizbuch ist fest an meine Brust gepresst und Adrenalin pulsiert in meinen Venen, erfüllt mich mit Ideen. Die Kreativität scheint aus den Rissen der alten Mauer zu fließen.

Dad streckt seinen Hals, um über den kleinen Shop zu schauen. "Ich suche uns vier gute Plätze." Er schaut sich um und erinnert sich daran, dass es heute Abend keine Plätze gibt und zuckt zusammen mit Belustigung in den Augen.

"Wollt ihr euch zwei Getränke holen?", schlägt mein Dad vor. Ich schaue mich um und bin froh, dass Crane und ich die einfachere Aufgabe der beiden bekommen haben.

Weeping Willow ist der angesagteste und überfüllteste Coffee Shop im French Quarter und Maya Crawford ist die gefühlvollste und talentierteste Dichterin, im Süden zumindest. Ich bewege mich im Schneckentempo zum Ende der Schlange hin, um mich für Espresso und Green Tea anzustellen. Crane hebt ihre Hand in die Luft und für einen Moment denke ich, dass sie die Schlange zweiteilen oder jemanden ins Gesicht schlagen will.

Sie macht es aber nicht. Sie geht zu einem großen Jungen, der hinter der Bar arbeitet. Seine Haare sind unordentlich, schmutzig blond mit einem dunklen Ansatz. Eine dicke Strähne fällt ihm in die Stirn und er schaut zu ihr herunter mit einem breiten Grinsen, seine Zähne sind weiß und seine Lippen voll.

Sie nimmt meine Hand und zieht mich zu ihm. Ich richte meinen Blick auf den Namen, der auf einem kleinen viereckigen Schild steht. Ich bin überrascht, dass er ein Namensschild trägt, wenn man bedenkt, wie angesagt dieser Ort ist. Trent heißt er. Er schaut aus wie ein Trent.

Seine Augen treffen meine und ich zwinge mich dazu, ihn anzulächeln. Wahrscheinlich sehe ich aus wie eine Geistesgestörte, aber ich weiß nicht, was ich sonst tun soll. Er lacht, ein heller und matter Klang und ich ziehe mich zusammen. Ich mustere ihn, als ich dazu komme. Seine Augen, ihr tiefes Grün, seine Nase, die ein wenig zu groß für sein Gesicht ist, aber ihn irgendwie süßer macht. Meine Augen bleiben an seinem Lächeln hängen und an der charmanten Art, wie seine Vorderzähne sich auf einer geschickten Art teilweise überdecken. Seine Lippen leuchten pink und er stellt sich vor.

"Chaucer", schaffe ich es zu sagen. Meine Stimme geht hoch wegen meiner kurzen Atempause. Ich bin von meinem Selbstvertrauen beeindruckt, als ich wieder zu ihm schaue.

"Green Tea?", fragt er und wiederholt unsere Bestellung, die Crane ihm gesagt hat. Er hält zwei Tassen in die Luft. Eine ist blau mit weißen Kreisen darauf und die andere leuchtet orange. Ich zeige sofort auf die orangefarbene Tasse und er nickt, als wäre er mit meiner Entscheidung zufrieden. Ich versuche ihn nicht anzuschauen, als er die Milch für die Macchiatos meiner Eltern dampfen lässt und sich die Feuchtigkeit auf seinen dicken Augenbrauen wegwischt.

Crane nimmt die Getränke meiner Eltern und lässt mich mit Trent zurück. Kurz frage ich mich, woher sie ihn kennt, aber er sagt es mir, bevor ich einen der beiden fragen kann.

"Ich bin Jesses Freund." Er wischt sich die Hände an der schwarzen Schürze ab, die um seine Hüften befestigt ist. Ich lege mein Notizbuch auf den Tresen und schüttle seine Hand.

"Ich bin Cranes bessere Hälfte", sage ich mit einem Lächeln. Er nickt, legt seinen Kopf etwas schräg und lacht. Ich mag den Klang.


Weeping Willow (German Translation)Место, где живут истории. Откройте их для себя