Der letzte Atemzug

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,, Und was wird aus den zerstörten Häusern und Wirtshäusern?! Es ist Winter und ohne Dach über den Kopf werden sie erfrieren! Wir sind doch Drachenritter, also warum helfen wir nicht alles wieder aufzubauen!" rief ich Chrome an den Kopf. Er sah mich zornig an. ,,Ich habe dir einen Befehl erteilt, Aya Gaius! Unser Orden kommt für den Schaden auf. Wir haben bereits mit dem Bürgermeister gesprochen. Die Menschen die keine Bleibe haben, kommen bei anderen unter. Es ist auch nicht an uns, dass wir uns um die Bewohner kümmern. Wir müssen morgen früh aufbrechen. Ende der Diskussion." Chrome duldete keinen Widerspruch, jedoch wollte ich es einfach nicht verstehen. Ich fühlte mich schuldig und wollte meinem Heimatdorf helfen. Chrome schloss seine Zimmertür vor meiner Nase zu. Murrend drehte ich mich um und ging die Treppe hinunter, durchquerte das Wirtshaus und trat hinaus. Es war bereits tiefste Nacht. Zornig stapfte ich durch den liegen gebliebenen Schnee. Der eisige Wind pfiff mir in den Ohren. Ich ging die nur leicht beleuchteten Straßen entlang. Mir war jetzt nur eine bekannt die mich verstehen würde und hier irgendwo in der Nähe ist. Der Zorn legte sich in mir und machte Platz für einen Funken Vorfreude Diana wieder zu sehen. Bestimmt wäre sie überrascht mich zu sehen. Wir hatten uns lange keine Briefe mehr geschrieben und so wusste ich nicht wie es ihr geht. Ich zog die Kapuzen meines Umhangs tiefer in mein Gesicht. Ich wollte im Moment mit niemanden reden. Und wenn Bewohner mich sahen, die mich erkannten, musste ich ihnen bestimmt erklären wie ich Drachenritterin geworden bin. Mit raschen Schritten durchquerte ich die Handelsstraßen und kam an der zerstörten Turmuhr vorbei. Abrupt blieb ich stehen. Moment mal.... Diana hatte doch geschrieben das sie jetzt verheiratet ist. Das heißt, das sie nicht mehr bei ihrem Vater wohnt. Ich wusste ja überhaupt gar nicht wo sie jetzt lebt! Seufzend sah ich mich verzweifelt um. Ein Mann, nach der Kleidung zu Urteilen ein Bauer, ging an mir vorbei, doch ich hielt ihn kurz am Ärmel fest. ,,Entschuldigen sie. Wissen sie wo Diana, die Tochter des Bürgermeisters nun lebt? " Der Bauer musterte mich skeptisch. Da er mein Gesicht nicht erkennen konnte, blieb er misstrauisch. ,,Ja, was wollen sie von ihr?" Er hob eine Augenbraue. ,, Ich bin eine alte Freundin der Familie und wollte sie besuchen. Nun hat sie jedoch geheiratet und ich weiß nicht wo sie nun wohnt. " Dem Bauer genügte es anscheinend als Begründung und grunzte ,, Sie wohnt jetzt mit dem Schmied Balkis neben seiner Schmiede. Wenn sie dieser Straße folgen und rechts abbiegen verfehlen Sie sie nicht. Es ist die Schmiede mit einem großen roten Aushängeschild." Ich nickte und bedankte mich schnell. Dann ging ich der Beschreibung des Bauern nach und hielt vor der Schmiede mit dem großen roten Schild an. Das Haus daneben war von innen beleuchtet. Ich trat an die Holztür und klopfte zweimal kräftig. Ein heiteres ,, Ich eile!" ertönte gedämpft hinter der Tür. Die Tür wurde geöffnet und ich wurde in ein gleißendes Licht gehüllt. ,, Guten Abend, was wollen sie?" fragte eine Frau höflich. Ich hob leicht den Kopf und erblickte Diana. Kein Zweifel das sie es nicht war. Sie hatte noch immer den wachen Gesichtsausdruck mit den leuchtend grünen Augen. Sie hatte ihr dunkles Haar nach hinten geflochten. Ich zögerte kurz, legte dann meine Kapuze zurück auf meine Schultern. Diana hob ihre Hand überrascht vor ihren Mund, dann lächelte sie und machte die Tür einladend auf. Ich trat ein und sie schloss sie rasch hinter mir wieder zu. Dann stand sie mir gegenüber und musterte mich. ,, Du hast ja meinen Umhang immer noch." Stellte sie lächelnd fest. Ich nickte grinsend. ,, Es ist schön dich wiederzusehen, Diana." Sie nickte. ,, Komm, bitte bleib zum Essen. Ich muss dir unbedingt je-" sie hörte auf zu reden, als ich meinen Umhang und die dicke Felljacke ablegte. Unter dieser trug ich das Wams des Ordens mit dem Kettenhemd darunter. An meiner Hüfte war immer noch das Schwert befestigt. Sie lächelte. ,, Was ist ? Stimmt etwas nicht?" fragte ich. ,,Nein nein, es ist nur so... Du hast endlich das erreicht was du immer wolltest. Ich freue mich sehr für dich." Sie lächelte mich erfreut an. Plötzlich tauchte ein groß gewachsener Mann hinter ihr auf. Er legte eine Hand um Dianas Taille. ,,Wie ich sehe hast du ebenfalls das gefunden, was dich glücklich macht." Ich lächelte leicht. Diana wurde leicht rot. ,, Ja...Das ist Balkis, mein Mann." Balkis trat zu mir und streckte mir seine Hand entgegen.,, Sehr erfreut. Sie müssen Aya sein. Diana hat mir viel von Ihnen erzählt. " Ich schüttelte kurz seine Hand. ,, Bitte, du kannst mich duzen. " Lächelte ich leicht. Er nickte. ,, Nun denn. Diana hat gekocht. Bitte bleib zum Essen. " ,, Gerne. Diana konnte schon immer gut kochen." Es war ein erholsamer Abend für mich. Für einige Augenblicke konnte ich alles vergessen. Balkis ist ein aufrichtiger Mann und ich habe vertrauen in ihn, das er Diana auch in Zukunft gut behandeln wird. Nicht mehr ich würde sie vor Raufbolden beschützen, sondern er. Ich freute mich für sie, dennoch war ein Funke Wehmut und Trauer in mir, als ich realisierte, das sie mich nicht mehr brauchte. Wir unterhielten uns am heutigen Abend viel und ich musste Diana von Anfang an erzählen, was ich alles bis her gemacht und erlebt hatte.,, Ach ja , Diana weißt du wo meine Mutter ist?" fragte ich sie beiläufig. Diana verharrte in ihrer Bewegung, dabei eine Wachskerze anzuzünden. Ihr Blick wich leicht bedrückt den meinen aus. ,,Deine Mutter hat es schwer getroffen. Nachdem auch du sie verlassen hast, ist sie krank geworden. Sie konnte nicht mehr allein in eurem Haus leben. Deswegen haben wir sie zu Tena gebracht." ,, Tena? Die Kräuterfrau? " ,,Genau. Wir dachten, nur sie wüsste wie man sie behandelt. Du kannst sie besuchen. Du weißt ja wo Tena wohnt..." Ich nickte nachdenklich. Schließlich stand ich auf.,, Vielen Dank. Ich werde den heutigen Abend nicht so schnell vergessen. " Ich ging zur Tür, zog mir die Felljacke und den Umhang über. Diana trat zu mir. Lächelnd sah sie mir dabei zu wie ich den Umhang anzog. ,, Balkis und ich wünschen uns, das du uns bald wieder besuchst. Komm doch morgen wieder vorbei. " Stimmt, ich hatte ihr noch gar nicht erzählt das ich morgen wieder abreisen musste. Ich sah sie kurz traurig an und zwang mich zu lächeln. ,,Ja klar. Warte kurz..." Ich schob eine Hand zwischen meinen Umhang am Hals und riss an meine Halskette. ,, Hier." Ich legte die Halskette mit dem schwarzen Drachen-Anhänger in ihre Hände. ,, Du hast ihn mir damals als Glücksbringer gegeben. Jetzt gebe ich ihn dir wieder, da er seinen Zweck erfüllt hat. Also, vergiss mich nicht und mit etwas Glück sehen wir uns wieder." Dann verschwand sie aus meinem Blickfeld, als ich die Tür aufmachte und hinaus trat. Mit raschen Schritten ging ich die Straße entlang. Nun wechselten meine Gedanken und ich wollte wissen wie es meiner Mutter ergeht. Schnell ging ich in eine Gasse zu einem heruntergekommenen Haus am Rande des Dorfes. Ich öffnete die mit Moos bewachsene Zaun Tür und trat in einen kleinen Kräuter Garten. Darauf bedacht keine Kräuter nieder zu trampeln, hüpfte ich schnell über die achtlos herum liegenden Steine, zur Haustür. Ich klopfte zügig an die Tür. Eine alte, grau-haarige Frau machte die Tür langsam auf. ,, Ja?"fragte sie mit alter, kratzigen Stimme. ,, Ist meine Mutter hier?" Das Licht erleuchtete mein Gesicht, sodass mich Tena erkannte.,, Oh ja. Komm nur herein." Ich seufzte erleichtert. Ich folgte der alten Kräuterfrau in ein kleines Zimmer mit nur einem Bett darin. Sofort entdeckte ich meine Mutter schweiß bedeckt in einem kleinen Bett. Ich ging rasch zu ihr und setzte mich an die Bettkante. Ihre Haut sah Aschfahl aus, man konnte ihre Knochen unnatürlich unter ihrer Haut erkennen. Ihre Haare sahen struppig und ungepflegt aus. Schweißperlen liefen an ihrer Stirn herab und ihre Augen waren tief in ihren Augenhöhlen versunken.Sie schlief und sah trotz ihres Zustands friedlich aus. ,, Was hat sie ?"flüsterte ich besorgt zu Tena, ohne meinen Blick von Mutter zu nehmen. Sie seufzte und stellte sich neben mich. ,, Ich kann nur Vermutungen machen..." murmelte sie durch ihren fast Zahnlosen Mund. Neben dem Bett stand ein Eimer mit halb geschmolzenem Schnee und ein Fetzen Stoff. Ich nahm den Fetzen, tauchte ihn in den eiskalten Eimer und legte ihn behutsam auf ihre Stirn. Sie murmelte etwas im Schlaf. ,, Kann...kann man ihr nicht irgendwie helfen? " flüsterte ich bestürzt. ,, Ich habe bereits viele Kräuter Tinkturen ausprobiert. Jedoch hat bisher nur die vorherige Methode etwas gebracht. Abwarten...." Mir kamen die Tränen. Tena ließ mich daraufhin allein in den kleinen Zimmer. So kann ich sie doch unmöglich allein lassen.... Das wäre ja, als ob ich sie wieder im Stich lassen würde! Verzweifelt sackte ich hinunter, kniete vor dem Bettrand und grub meinen Kopf in das Bett. ,, Es tut mir leid...." Schluchzte ich. Ich wiederholte es immer und immer wieder wie sehr es mir doch leid tut. Plötzlich legte sich eine Hand auf meinen Kopf und kraulte ihn. Ich hörte schluchzend auf die Wörter zu wiederholen und blickte hoch. Mutter war wach und sah schwach zu mir. Ich nahm ihre Hand und rückte näher zu ihr. Der Stofffetzen war von ihrer Stirn gerutscht. Schnell stand ich auf und legte ihn zurück auf ihre Stirn. Sie sah in meine Augen und lächelte schwach. ,, Du bist zurück..."Ihre Stimme war heiser und brüchig. Kein Wunder, das war das erste Mal seit Jahren das sie wieder sprach. Ich nickte schnell und war nicht wirklich überrascht über ihr plötzliches sprechen. ,,Ja, das bin ich. Und ich werde auch nicht wieder weg gehen, ehe es dir besser geht." Schluchzte ich. Schwach kniff sie die Augen zusammen. ,, Nein..." Sagte sie mit bemühter Strenge. ,, Gib deine Träume nicht wegen mir auf, mein Kind. " ,, Aber Mutter..." Sie schüttelte leicht den Kopf. Plötzlich fing sie an krampfhaft zu husten. Sie nahm den Stofffetzen und hustete hinein. Ich sah ihr dabei besorgt zu und hatte das beklemmende Gefühl ihr nicht helfen zu können. Sie hörte auf zu husten und nahm den Fetzen von ihrem Mund. Erschrocken stellte ich fest das der Lumpen voller Blut war. Ich nahm ihn aus ihren zittrigen Händen und legte ihn in den Eimer. Sofort tauchte der dünne Fetzen das schummrige Wasser in ein schwaches rot. Sie sah mich eindringlich an und legte ihre Hand auf meine. ,, Versprich mir das du niemals aufgibst. Egal ob du Niederlagen einstecken musst. Du ....du wirst davon stärker werden..." Keuchte sie. Ich nickte. ,, Ich..ich verspreche es. Aber du musst erst gesund werden!" Ich wandte mich zum Eimer um und wusch den Stofffetzen aus. Dann drehte ich mich wieder zu ihr und legte ihn auf ihre heiße Stirn. Ihre Augenlider schlossen und öffneten sich wieder. Ich spürte wie sie einen inneren Kampf hatte. Bestürzt nahm ich ihre Hand in meine. Sie ächzte leise und ihre Atem ging flach und schneller. ,, U-und ich ...wollte dir...eigentlich noch alles erklären...Dir sagen...Ich hatte es... ihm versprochen." ,, Mutter? Was meinst du damit?" Ich sah sie kurz verwirrt an. Dann bemerkte ich, wie ihre Atemzüge rasselnd langsamer wurden. Dann hob sich ihr Brustkorb nicht mehr. In meinem Kopf drehte sich alles und mein Herz begann zu schmerzen. ,,Tena!!! " Schrie ich. Sie kam rein gestürmt und drängte mich weg von ihr. Ihre schnellen Bewegungen stoppten, als sie den Puls von ihr prüfte. Dann drehte sie sich um und sah mich niedergeschlagen an. ,, Nein....Nein....Nein!" Ich sackte in mich zusammen und begann unkontrollierbar zu fluchen und zu weinen. Tena stand neben mir und legte einfach eine Hand auf meine Schulter. Ich sprang auf, rannte hinaus, riss die Tür auf und rannte in die eisige Nacht. Mitten auf der Straße sank ich auf meine Knie. Meine Hosenbeine sogen sich sofort mit der Feuchtigkeit voll, die vom liegenden Schnee herrührten. Ich starrte hoch in den Himmel und weinte lautlos weiter. Mein Geist schrie und mir war so, als ob ich spüren kann, wie Shruikan es ebenso erging.

Aya -Tochter der Drachen (Wird überarbeitet)Where stories live. Discover now