Kapitel 10

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Mit Adleraugen scannte Louis die Umgebung ab, in der Hoffnung, irgendwo einen Hinweis auf Harry zu erspähen, und sei es nur ein Fetzen seines Hemdes oder seine Armbanduhr.

Liam klebte am anderen Fenster auf seiner Seite des Wagens und tat dasselbe. .

„Kennt ihr einen gewissen Dan Lang?", ließ Jenkins unvermittelt verlauten.

Die beiden Jungen sahen sich ratlos an. „Nein", antwortete Liam schließlich für sie beide. „Wer ist das?".

„Der, den die beiden Typen gestern Nacht erstochen haben". Jenkins trat hart auf die Bremse, als eine Katze aus einem Gebüsch über die Straße flitzte und über einen Gartenzaun auf der anderen Seite das Weite suchte. „Wir vermuten, dass er ihnen den Stoff geliefert hat. Mit irgendetwas muss er die zwei verärgert haben". Er schnaubte. „Es hätte wahrscheinlich schon gereicht, wenn er unerlaubt mit dem Finger gezuckt hätte". Er warf einen Blick in den Rückspiegel, um die Gesichter der Jungen sehen zu können. „Harry hatte nichts mit diesen Geschäften zu tun?".

Louis schüttelte entschieden den Kopf. „Zu hundert Prozent nicht".

„Wieso bist du dir da so sicher?".

„Glauben Sie mir, wenn Sie ihn kennen würden, wären sie auch davon überzeugt".

Jenkins sagte nichts mehr, sondern konzentrierte sich auf die Straße.

Louis richtete seine Aufmerksamkeit weiter nach draußen. Immer, wenn das Funkgerät an Nelsons Gürtel piepte, schnellte sein Kopf in die Höhe, in der Hoffnung, die Kollegen der Polizisten hätten Harry gefunden, doch meistens waren es nur kurze Informationen, in welchen Vierteln man nicht mehr suchen müsste.

Von Minute zu Minute nahm die Verzweiflung zu. Während sie hier massenweise Zeit mit sinnloser Herumkutschiererei vergeudeten, könnte für Harry jede Sekunde zählen.

Louis lehnte sich vor und wollte sich gerade mit einer spitzen Bemerkung erkundigen, ob es nicht wirkungsvollere Methoden gab, da nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung war, die ihn herumfahren ließ. Direkt vorm Eingang eines Schuppens saß jemand auf dem Boden und winkte.

„STOPP!", schrie Louis aus voller Kehle, was Jenkins dazu veranlasste, mit seinem vollem Gewicht auf die Bremse zu steigen, sodass alle im Wagen gegen den den Sicherheitsgurt gedrückt wurden.

Liam würgte leicht und befreite sich von seinem Gurt, der sich ihm schmerzhaft in die Schulter gegraben hatte. „Louis, was zur Hölle ...".

Louis ignorierte ihn. Blind riss er die Autotür auf, fiel mehr oder weniger hinaus und raste dann in Höchstgeschwindigkeit auf den Schuppen zu. Harrys Gesicht geisterte durch seine Gedanken; seine Stimme hallte in seinen Ohren. Mit einem riesigen Sprung überwältigte er den Straßengraben.

Im Hinrennen konnte er ein weißes Hemd, Jeans und einen Lockenkopf erkennen.

Das war Harry, kein Zweifel.

Louis japste entsetzt, als er die roten Flecken sah, mit dem sein Hemd und seine Haut überzogen war. Er ließ sich auf die Knie fallen; dass dabei seine Hose aufriss und er sich Steinchen in die Haut rammte, interessierte ihn nicht. „Harry? Haz!". Er drehte sich um und schrie den anderen, die sich gerade noch aus dem Auto kämpften (Liam torkelte gerade wie ein Betrunkener vor und fiel in den Straßengraben) „Ruft einen Krankenwagen an!" zu.

Harry lag reglos auf der Seite, eine Hand lag auf seinem Bauch, die andere ausgestreckt am Boden. Seine Gesicht war leichenblass; auf seiner Stirn standen Schweißperlen.

Aber das Schlimmste war das viele Blut. Überall. Es tropfte von seinen Händen, aus seinen Mundwinkeln und färbte das verdorrte, gelbe Gras auf grauenvolle Weise rot. Louis spürte Brechreiz in sich aufsteigen. Normalerweise machte ihm der Anblick von Blut nichts aus, doch dieses Massaker war sogar ihm zuviel. Er wagte es fast nicht, seinen Freund zu berühren, aus Angst, ihn aufzuwecken und ihm Schmerzen zu bereiten, doch er überwand sich und legte zwei Finger an Harrys Hals. Erleichtert stellte er fest, dass das beruhigende, stetige Pulsieren des Herzschlages zu spüren war.

Danger - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt