Kapitel 8

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Das nagende Gefühl des schlechten Gewissens ließ sich einfach nicht aus seinem Magen verbannen. Er hatte Louis ein Versprechen gegeben, das er nicht halten würde. Er konnte es nicht halten.

Als er hörte, wie Louis den Raum verließ und hinter sich leise die Tür schloss, zog er den zu einem Kügelchen zusammengeknüllten Zettel hervor, den ihm Ed durchs Fenster zugeworfen hatte und faltete ihn auseinander. Die Buchstaben, die verkündeten, dass er genau eine Stunde Zeit hatte, sich auszuliefern, bevor sie bis zu den Zähnen bewaffnet das Haus stürmen und sie alle umbringen würden, sprangen ihm förmlich ins Gesicht, beschuldigten ihn, klagten ihn an. Ob er den beiden glaubte? Oh ja. Sie hatten ihm bereits demonstriert, wie skrupellos sie waren. Unbewusst fuhr er mit dem Finger die rot-blaue Linie an seinem Hals entlang. Trotzdem würde er sich ihnen stellen. Wenn das bedeutete, dass seine Freunde verschont würden.

„Leute, ich glaube, wir können loslegen!". Mit diesen Worten trommelte Liam die anderen im Flur zusammen. Er hatte bereits fünf, exakt gleich aussehende kleine Zettel vorbereitet; auf jedem von ihnen stand ein Name.

Langsam rückte Louis an ihn heran. Die Nervosität ließ ihn ruhelos seine Hände kneten, am Saum seines Shirts zerren oder mit dem Fuß wippen. Er wusste, dass er Zayn, dessen Nerven komplett am Boden waren, damit zur Weißglut bringen würde, aber lieber stritt er sich jetzt mit irgendjemandem, als apathisch hier zu sitzen und auf den Tod zu warten.

Niall hatte einen entschlossenen Ausdruck im Gesicht, der keinen Zweifel ließ: Niall wollte diese Mission erfüllen. Louis musste seinen Blick abwenden. Was taten sie hier eigentlich?! Superhelden spielen! Hatten sie ein EINZIGES mal probiert, mit dem Handy die Außenwelt zu erreichen? Nein. Warum waren sie so verbohrt darauf, es auf eigene Faust zu lösen? Was sie hier trieben, war blanker Wahnsinn!

„Wo ist Harry?", erkundigte sich Liam, als sie zu viert im Flur standen und die Zettel, die so bedeutungslos und unwichtig aussahen, aber dennoch Auswirkungen auf ein ganzes Leben haben konnten, anstierten.

„Im Wohnzimmer". Louis nickte auf die Tür zu.

Niall schlurfte träge hinüber und öffnete sie. „Harry, wir müssen jetzt wirklich ... Harry?". Er verschwand im Raum.

Das ungute Gefühl in Louis' Magen begann wieder zu rumoren, als er hinter Niall herstürzte - und das Wohnzimmer leer vorfand. Und das Schlimmste war: Das Fenster stand offen.

Das Fenster ...

Nein.

Louis stolperte benommen darauf zu. Nein! Harry hatte ihm versprochen, es nicht zu tun. Er hatte es versprochen! Er würde Louis nie auf diese Weise hintergehen!

Binnen Sekunden hing er über dem Fensterbrett. „HARRY!", brüllte er hinaus.

Und noch einmal. Und ein drittes mal.

Nichts.

Harry war spurlos verschwunden. Nur einen kleinen, vollkommen zerknitterten Zettel hatte er auf dem Tisch zurückgelassen. Blind schnappte Louis ihn sich. Noch bevor er die sechs Worte zu Ende lesen konnte, waren schon salzige Tränen auf das Papier getropft und ließen die mit Kugelschreiber geschriebenen Buchstaben verwischen.

Es tut mir leid. Love you.

Louis brach auf dem Boden zusammen, krallte sich im Teppich fest und begann einfach nur hemmungslos zu weinen. Es interessierte ihn nicht, dass er den Teppich runierte, oder dass Niall neben ihm kniete und auf ihn einredete. Das einzige, woran er denken konnte, war Harry.

Er hatte sich geopfert. Louis würde ihn nie wieder sehen. Die Verzweiflung verdrängte alle guten Gedanken aus seinem Kopf und färbte alles schwarz. Schwarz, die Farbe des Todes. Die Farbe der Trauer. Die Farbe des Verderbens.

Danger - Larry StylinsonOù les histoires vivent. Découvrez maintenant