25. Das "Etwas" in meinem Charakter

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„Ich hatte es mir auch ehrlich gesagt schwerer vorgestellt. Also so ‚allein' in der riesigen Hauptstadt. Ich mein, ich komm eigentlich aus nem relativ kleinem Dorf, wo so mehr oder weniger jeder jeden kennt. Aber der Wechsel vom Dorf zur Großstadt war gar nicht so schlimm – im Gegenteil: Ich hab die neugewonnene Anonymität echt genossen.", erzählte Alexa, wobei sie etwas gedankenversunken auf die Kerze blickte. „Echt?", kam es erstaunt von mir, „Ich mein, meistens ist es genau das, was die Leute eher blöd finden. Hier interessiert es halt hart gesagt keinen, ob der Nachbar schon zwei Wochen in der Wohnung vor sich hin gammelt." (Für alle, die sich meiner Aussage wegen wundern: Der Alkohol hatte mich etwas undifferenzierter gemacht und auch ein wenig pessimistischer: Während ich im nüchternen Zustand doch immer noch tief in mir an das „Gute im Menschen" glaubte, sah der angetrunkene Floid vor allem den heranrasenden Zug hinter dem hellen Licht am Ende des Tunnels – if you know what I mean.)„Die Erfahrung hab ich auch zum Teil gemacht, aber es gibt auch Ausnahmen. Meine Nachbarin beispielsweise. Das ist ne etwas ältere Türkin, deren Mann vor einiger Zeit verstorben ist, aber die hat soooo ein großes Herz und ist so unendlich lieb.", entgegnete Alexa und leerte ihren Mojito (Sie hatte zuvor bei mir mitgenippt und beim zweiten Cocktail sich dafür entschieden, sozusagen als kleines Kontrastprogramm zu dem sehr süßen Sahne-Annanas-Gemisch von zuvor) „Die, bei der Nele das letzte Mal war?" Alexa nickte. „Genau die!" Sie schwieg kurz. „Ein Wunder eigentlich, dass du sie noch nicht kennengelernt hast. Eigentlich putzt sie gefühlt den halben Tag das Treppenhaus."

„Ich war ja erst zweimal bei dir. Vielleicht deshalb", gab ich mit einem Schmunzeln zurück und winkte kurz der Kellnerin, weil auch mein Glas bereits seit einer Weile leer vor mir stand. Alexas Augen weiteten sich. „Stimmt ja!", kam es von ihr, wobei sie etwas erstaunt klang. „Kommt mir vor, als wärst du schön öfter bei mir gewesen." Ich nickte. „Mir auch irgendwie, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass es mir eh so vorkommt als würden wir uns schon viel länger kennen. Kennst du das Gefühl, wenn du jemanden kennenlernst und es sich so anfühlt, als würdest du ihn schon ewig kenne?", meinte ich fragend und auch ein wenig nachdenklich an mein Gegenüber gewandt. Alexa nickte zustimmend. „Das war bei mir mal der Fall, als ich bei so nem Ferienprojekt mitgemacht hab. Da kannte sich halt am Anfang keiner, aber dafür war jeder dem anderen Gegenüber total aufgeschlossen und freundlich und da gab's dann auch so ein paar Personen, bei denen man am Ende der zwei Wochen das Gefühl hatte als würde man sich schon zwei Jahre kennen. Mit den meisten von denen hab ich sogar noch Kontakt." Ich nickte zustimmend. Die Erfahrung, dass vor allem in Gruppen, wo sich keiner am Anfang kannte und jeder dem anderen neue war, sich am schnellsten neue Freundschaften bildeten, hatte ich auch bereits gemacht.

„Das war bei mir am Anfang des Studiums so. Durch die ganzen Veranstaltungen und co, wo man dann auch mal in kleinen Grüppen beisammen gesessen ist, hab ich innerhalb kürzester Zeit 30 Personen kennengelernt, wobei auch einige von denen das Studium mittlerweile abgebrochen haben oder das Fach gewechselt.", berichtete ich von meinen eigenen Erfahrungen, wobei Alexa gespannt lauschte. „Echt? Bei mir ist das irgendwie ganz anders abgelaufen. Allein durch die schirre Menge der Erstsemester saß ich nie neben ein und der selben Person und die wenigsten haben sich mal irgendwie vorgestellt. Ein paar hab ich durch die Einführungsveranstaltung kennengelernt, aber das waren gerade mal vier oder fünf, von der ich eine oder so mal etwas näher kennengelernt hab. Aber ich war auch nicht bei dieser Kneipentour oder der offiziellen Erstsemesterbegrüßung, weil das alles mit Nele natürlich nicht geklappt hat. Vielleicht wäre das sonst etwas besser gewesen.", entgegnete sie.

Die Kellnerin kam angetrabt. Die Bar war mittlerweile bis auf den letzten Platz gefüllt und kleine Schweißperlen hatten sich auf der Stirn der Bedienung gebildet. „Für mich noch einmal einen Mojito.", meinte Alexa, wobei sie ein bereits leicht angetrunken wirkendes Lächeln der Kellnerin schenkte. „Für mich den Mai Tai." Vom Mojito hatte ich erstmal genug gehabt. Die Dame nickte, schrieb kurz etwas auf ihren Block, ehe sie wieder verschwand und uns allein ließ.

„Flo?" Alexas Stimme schien parallel zu dem Alkoholgehalt in ihrem Blut irgendwie weicher zu werden, fast hätte man es als Säuseln beschreiben können, doch dazu war ihre Sprache noch zu klar. „Hm?", kam es von mir in der festen Überzeugung gleich etwas gefragt zu werden, wobei ich, was die Frage betraf, mir noch nicht ganz sicher über deren Inhalt war. „Ich glaub, ich mag dich.", kam es stattdessen mit einem leichten Lächeln, das sich zu einem fetten Grinsen ausweitete, von Alexa. „Wie kommst du denn jetzt da drauf?", gab ich belustigt zurück. Kurz zuckte sie mit den Schultern. „Keine Ahnung. Du hast da was an dir, was unglaublich angenehm ist." Ihr Blick musterte mich, als suche sich nach diesem „Etwas", wie sie es bezeichnete. Ich lachte. „Ein Youtubechannel?", meinte ich scherzhaft. Alexa schüttelte fast beleidigt den Kopf. „Nein, das ist es nicht. Es ist etwas an deinem Charakter.", entgegnete sie. Ihr blauen Augen hafteten auf mir, fast schon starrte sie mich an, doch während das Angestarre, dem ich zum Teil auf der Straße ausgesetzt war, sich in der Regel ziemlich unangenehm anfühlte, war der Augenkontakt mit ihr dies keines Wegs. Irgendwo einmal hatte ich gelesen, dass ein Mensch, der den Blickkontakt mit dir länger als 30 Sekunden (oder waren es mehr?) hält, dich entweder umbringen will oder in dich verliebt ist und das sanfte Lächeln, das ihre Lippen umspielte, ließ mich ziemlich genau wissen, in welche Richtung sie wohl tendierte.

Alexa kam trotz genauer Beobachtung meiner Person und mehr als genug Zeit nicht wirklich drauf, wie sie dieses „Etwas" in meinem Charakter beschreiben bzw. in Worte fassen sollte. Stattdessen wechselte unserer Gesprächsthema in Richtung Musik und ich war mehr als überrascht, als sie zugab, dass sie nicht gerade der Mensch für Pop war, sondern vor allem den punkigen Sound von Green Day liebte und auch so eher im alternativen Bereich unterwegs war.

Irgendwann – ungefähr zwei weitere Cocktails später – wurde uns die Bar dann doch zu voll und vor allem auch zu laut. Wir bezahlten, wobei Alexa, noch ehe ich etwas hätte sagen können, der Kellnerin zu verstehen gab, dass wir getrennt zahlten. „Du hast mich das letzte Mal in der Mensa schon eingeladen.", meinte sie nur mit einem verschmitzten Lächeln, während ich mein Board packte und wir gemeinsam die Bar verließen. Sowohl Alexa als auch ich waren nicht mehr ganz fahrtüchtig und weil ich bereits einmal den Fehler gemacht hatte, halb betrunken aufs Board zu steigen (Folge: Schürfwunden an der rechten Handinnenseite und am linken Knie, sowie einen fetten blauen Fleck am anderen Knie, der auch zwei Wochen später nicht wegzugehen schien), ließ ich es jetzt lieber bleiben und trug brav das Board unterm Arm, während ich neben Alexa herging. Wir genossen das nächtliche Berlin, die Ruhe, die in die Innenstadt –zumindest zum Teil- eingekehrt war. Keiner von uns brauchte irgendetwas zu sagen, denn wir wussten, dass dies ein gemeinsames Schweigen und Genießen war, während wir uns Schritt für Schritt dem Alex näherten. 

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Huhu meine lieben Layzys! 

Es kommt mal wieder ein Kapitel und so :D Seid mir aber nicht sauer, wenn sich der ein oder andere Fehler eingeschlichen hat. Ich konnte grade nur nochmal flüchtig drüber lesen, weil ich ins Bett muss, da ich morgen schon um 5 aufstehen darf -.-' 

Ich freu mich wie immer über jegliche Rückmeldung und wer Ideen/Inspiration o.ä. für mich hat, darf die mir gerne jeder Zeit mitteilen ^-^

LG Heide :x

Adult Love (LeFloid FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt