20. Ein Entschluss zur Rettung der Gedankenwelt

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Gedanken schwirrten durch meinen Kopf, wie sie es in letzter Zeit bekanntlich öfter taten. Gedanken, die es mir schwer machten, mich richtig zu konzentrieren. Gedanken, die ich nicht richtig loszuwerden schien. Auch wenn Frodos Worte hilfreich gewesen waren, hatten sie doch gleichzeitig einen gewissen Zweifel in mir geschürt, den ich jetzt kaum noch abzuschütteln vermochte.

Eigentlich hatte ich mich endlich auf meine Hausarbeit stürzen wollen, die bereits seit einer Woche unangetastet in der Ecke vergammelte bzw. eigentlich unangetastet in irgendeinem Ordner auf meinem Laptop ruhte. Doch ich hatte mich nicht einmal hinsetzten müssen, um zu wissen, dass das jetzt nichts werden würde. Ich musste meinen Kopf erst irgendwie frei kriegen. Für einen Moment mal nicht denken, um dann wieder zu denken. Klang seltsam, half mir persönlich aber ungemein. Und das beste Mittel für etwas gedankenfreie Zeit war immer noch mein Longboard in Kombination mit meinen Kopfhörern.

Mit der U-Bahn und dem Board unterm Arm ging es Richtung Tempelhofer Feld, wo man praktisch ungestört die alte Start- und Landebahn entlangcruisen konnte, ohne groß auf andere Acht nehmen zu müssen, denn Platz wer mehr als genug für jeden. Die U-Bahn hielt. Menschen standen auf, bereit zum Aussteigen. Ich reihte mich ein, genoss es unter Menschen zu sein und doch gleichzeitig die Anonymität der Großstadt zu haben. Dem Schwarm folgend ging es wieder an die Oberfläche, von wo es kein langer Weg mehr zu dem alten Flughafen war.

Irgendwo hier in einem der angrenzenden Viertel wohnte Alexa. Was sie wohl gerade machte? Ob sie selbst an ihrer mangelnden Konzentration verzweifelte, vielleicht weil Nele alle fünf Minuten ins Zimmer platzte? Ich schüttelte leicht den Kopf. Deshalb war ich nicht hergekommen. Eher genau des Gegenteils wegen. Ich wollte meinen Kopf nicht mit noch mehr Gedanken und Fragen füttern, sondern ich wollte ausmisten. Radikal ausmisten.

Im Nachhinein betrachtet war die Idee zum Tempelhofer Feld zu fahren in Betracht der noch zu erlebenden Ereignisse vielleicht nicht ganz die klügste, das Resultat der Aktion jedoch trotz gewisser Umstände durchaus als zufriedenstellend zu bezeichnen.

Ich zog mich samt Board in den etwas tiefer gelegenen Bereich des Geländes zurück, wo sich in der Regel nicht die große Masse der Besucher tummelte, während die Sonne gnadenlos auf den Teer prallte und von eben diesem in gefühlt dreifacher Stärke reflektiert wurde. Auch wenn die Bahn wirklich lang war, länger als man erwartete, wenn man sie das erste Mal aus einer ganz anderen Perspektive sah, geriet ich bereits nach etwas der Hälfte der Strecke ins Schwitzen (Start- und Landebahnen kannte schließlich jeder - nur meist aus dem Flugzeug. Selbst Bild- und Videomaterial konnte den Eindruck der schirren Länge der Teerbahnen, den man erst einmal hatte, wenn man auf ihr stand, nicht vermittelten. Genauso, wie man die Höhe eines Wolkenkratzers sich nicht richtig ausmalen konnte, bevor man nicht vor einem gestanden hatte und gebannt in die Höhe gestarrt).

Zugegeben, trotz meines Hobbies auf einem Brett mit Rollen unten dran durch die Stadt zu fahren, war ich unter meinen Freunden sicherlich nicht der sportlichste, aber ich war zufrieden mit mir und meinem Körper – was für mich nach den fehlgeschlagenen Operationen einen großen Schritt bedeutet hatte. Und auch meine Kondition baute sich langsam aber sicher wieder auf, nach dem ich eine Zeitlang mein Board der Hitze wegen etwas vernachlässigt hatte. Trotzdem genoss ich das Freiheitsgefühl, das sich jedes Mal in mir festsetzte, wenn ich über die Startbahn rollte und meine Blicke einfach schweifen lassen konnte. Wahrlich, der Tempelhofer Feld war eine kleine Oase der Ruhe in mitten der lauten, lärmenden Großstadt, deren Hektik einen nur selten wirklich zum Stillstand kommen ließ.

Nach einer Weile des Auspowerns, des sich Verausgebens, wie es Menschen, die einen Groll gegeben Anglizismen hegten, wohl benennen würden, ließ ich mich an die Seite der Bahn rollen in Richtung Gras und Gebüsch. Ein wenig bereute ich es nichts zu trinken mitgenommen zu haben, andererseits hatte ich eh nicht vor ewig zu bleiben und so setzte ich mich mit einer gewissen Genugtum – endlich einmal wieder etwas zur Ruhe gekommen zu sein- auf mein Board und ließ mich für einen Moment nach hinten sinken, so dass mein Oberkörper noch auf dem Bambusholz lag, um etwas verschnaufen zu können.

Kaum war ich ein wenig zu Atmen gekommen, spürte ich bereits die Vibration meines Handys in der Hosentasche. Etwas entnervt, wollte ich doch eigentlich meinem Kopf einen Moment Ruhe gönnen, griff ich nach dem kleinen Gerät und blickte auf das Display: „Alexa: Kannst du mir mal kurz mit deinen Psychologiekenntnissen helfen? :/"

Für einen Moment schien mein Gehirn nicht recht zu wissen, ob es sich jetzt freuen sollte, weil die Person der eigenen Begierde sich bei einem gemeldet hatte und um Hilfe bat, oder enttäuscht darüber sein sollte, dass jetzt die Aktion „Kopf frei kriegen" für die Katz' war. Letztlich überwiegte dann doch die Freude und ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Was versuchte ich mir auch schon die ganze Zeit vorzumachen? Ich war verknallt, wenn auch nicht unbedingt auf die Art und Weise, wie ich es bis her gekannt hatte. Bei Alexa war so vieles so anders, das ich zum Teil noch nicht einmal näher benennen konnte. Es waren die kleinen, sehr feinen Einzelheiten, die mich zu Beginn verwirrt hatten, doch mittlerweile immer mehr von mir realisiert wurden als das, was sie eigentlich waren: Ein Zeichen von Verliebtheit.

Dieses Gefühl, das irgendwo tief in meiner Brust verborgen war und nur scheinbar nur Alexa vermitteln konnte, war keine aufbrausende Verknallheit, kein Regenbogen im Kopf, keine Schmetterlinge im Magen. Es war vielmehr wie ein Sonnenuntergang, der einem jedes Mal aufs Neue faszinierte, der einen die letzten warmen Strahlen des Tags genießen ließ und einem immer wieder verdeutlichte, was einem am Ende am Leben hielt.

Kurzer Hand fasste ich also einen Entschluss, ein Entschluss, der auch endlich meine Gedankenwelt wieder in Ordnung bringen würde und auf zwei Feststellungen basierte: 1. Die Annahme, das da nicht nur von meiner Seite aus mehr existierte, sondern auch von ihrer. 2. Meine Bereitschaft zu einer eventuellen Beziehung mit Alexa trotz Kind. ( Nele war natürlich in meinen Gedanken nie ein Ausschlusskriterium gewesen, weil ich mich vor eventueller Nachsicht und Verantwortung, die auf mich zukommen würde, drücken wollte. Vielmehr, das Gegenteil: Ich hatte Zweifel daran, ob ich dieser Verantwortung, ja gar dieser Art der Beziehung, überhaupt gewachsen war.

Ich würde es probieren, so der Entschluss. Denn wer nicht wagt, der auch nicht gewinnt.  

"Klar. Soll ich vorbeikommen? :) Bin grad eh in der Nähe. War etwas mim Board unterwegs ;)"

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Das Unileben ist hart ... bzw. kann hart sein - vor allem, wenn man pendelt. Ich muss mich - schon wieder- entschuldigen, dass nicht früher ein Kapitel gekommen ist. Im Moment besteht mein Leben aus Nachhilfe geben (am Wochenende) und Uni (unter der Woche). Ich versuche bereits immer meinem Laptop mit zu nehmen, um wenigstens auf der Heimfahrt etwas an einem neuen Kapitel zu arbeiten (Sorry, aber um 5 Uhr in der Früh hab ich nicht den Kopf dafür). Heute ist es dann mal wirklich was geworden - auch wenn ich fast verpeilt hätte auszusteigen ._."

Wie dem auch sei, ich freu mich wie immer über Ideen, Anregungen, Komentare, konstruktive Kritik whatever. Hauptsache ich hör von euch in irgendeiner Art, denn das ist unglaublich motivierend und es bereitet mir auch jedes Mal Freude mit euch schreiben zu können. 

Eins noch: Wer auf FB meine Seite geliked hat, der hat vielleicht meinen neuen Text zum Thema "Inzestparagraphen", der ein wenig die strafrechtliche Situation in DE zum Thema Inzest aufarbeitet und anlässlich meiner letzten Fanfiktion nochmal als Zusatzinformation von mir veröffentlicht wurde, gesehen und bereits gelesen. Falls nicht: Ich lad ihn noch mal auf FF.de hoch und wen's interessiert, der kann sich's ja mal geben. 

LG Eure Heide :x


Adult Love (LeFloid FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt