„Also laufen wir jetzt, oder nicht?", hakte er nach und ich spürte, wie er langsam ein wenig nervös wurde.

„Falls du mit mir mithalten kannst", ließ ich die arrogante Kuh aus mir heraushängen.

Offensichtlich schien er ja auf so etwas zu stehen.

Dann lief ich los.

Seitdem ich wieder so etwas wie eine Taille und nur ein Kinn hatte, fühlte ich mich wie eine Sportskanone, doch nun belehrte mich Jona eines Besseren. Er lief neben mir her, als würden wir einen Spaziergang machen. Sein Körper wippte elegant auf und ab. Da war nicht ein Hauch von Anstrengung in seinem Gesicht zu sehen. Mir war es unangenehm mich in seiner Anwesenheit abzumühen und zu quälen, obwohl er offensichtlich etwas von mir wollte. Im Moment strahlte ich alles andere als Attraktivität aus.

Ich begann das Tempo anzuziehen. Eigentlich brauchte ich weder ihm, noch mir etwas beweisen, doch aus irgendeinem Grund wollte ich nicht die lahme Schnecke sein. Natürlich konnte Jona mit seinem athletischen Körper mithalten. Es war lächerlich, was ich hier abzog, aber aus irgendeinem Grund zog ich noch einmal das Tempo an und lief schneller.

„Du kannst ruhig in deinem Tempo weiterlaufen", sprach er locker und lächelte. „Ich pass mich dir an."

„Du kannst auch schneller laufen. Ich will dich nicht aufhalten", hechelte ich.

Von mir aus konnte er wieder seinen Turbo anwerfen und abdüsen. Doch er machte keine Anstalten seinen Turbo einzulegen.

„Pass auf!", hörte ich ihn noch rufen, doch da hatte mir die Wurzel schon ein Bein gestellt.

Meine Körperteile hörten auf mir zu gehorchen. Jeder Arm und jedes Bein schien einen anderen Plan zu haben, um den Sturz möglichst elegant abzufangen. Und wie es immer so war, wenn jeder einen anderen Plan hatte, endete es in einer Katastrophe. Ich spürte noch wie Jonas Arm zu meinem Handgelenk schnellte, doch die Gravitation hatte mich zu schnell niedergestreckt. Er konnte nicht mehr den Helden spielen. Dazu war ich einfach zu schnell gefallen und hatte eine Landung im Dreck gemacht.

Ich lag wie ein ausgespuckter Kaugummi vor ihm. Als er zu mir hinabsah, kamen Erinnerungen hoch. Ich hasste es, wie er von oben auf mich herabsah, auch wenn er dieses Mal sogar besorgt aussah.

„Oh Gott, alles okay bei dir?"

Am liebsten hätte ich laut losgeplärrt. Da war Blut an meinen Knien und das nur, weil Jona mich unbedingt beim Joggen begleiten wollte. Er war schuld. Wie immer!

„Sehe ich aus, als wäre ich okay?", giftete ich.

Auf einmal kam der ganze Hass wieder, den ich gegen ihn hatte.

Jona sah mich derweil unbeholfen an. Dann reichte er mir seine Hand. Auf einmal? Sonst hätte er noch einmal zugetreten, wenn ich schon am Boden lag und nun half er mir auf? Oberflächliches Arschloch!

„Na los, ich will dir doch nur aufhelfen", sprach er mir zu.

Als ich nicht reagierte, griff er einfach nach meinem Unterarm und zog mich hoch. Er tat das mit so viel Schwung, sodass praktisch in seiner Umarmung landete.

Selbst diese Situation nutzte er aus, um sich an mich ranzumachen? Der Typ hatte eindeutig eine Überdosis Testosteron im Blut.

„Du bist schwitzig", gab ich bewusst angewidert von mir, als er mich einen Ticken zu lange an sich drückte.

Sofort ließ er mich los.

„Sorry", murmelte er und das erste Mal nahm ich so etwas wie Unsicherheit bei ihm wahr. „Ich bring dich nach Hause."

Äh! Nein!

„Ich habe mir ja nicht meine Füße abgehackt. Ich schaffe das gerade noch so allein", lehnte ich entschieden ab.

„Aber ein Gentleman macht so etwas", sprach der Großkotz aus ihm heraus.

Es war mir neu, dass Gentlemen auch alles mobbten, was nicht so perfekt wie er aussah. Es war alles, aber mit Sicherheit kein Gentleman.

„Und ich bin eine emanzipierte Frau", sagte ich altklug. „Ich schaffe das schon!"

Er verzog seine Lippen zu einem schiefen Grinsen.

„Komm schon, ich habe ja schon gemerkt, dass du mir gegenüber gern die coole Neue heraushängen lässt, der keiner das Wasser reichen kann, aber ich weiß, dass jedes Mädchen gern nach Hause gebracht wird, wenn es blutige Knie hat. Das war schon im Kindergarten so."

Wie konnte jemand mit so einem miesen Charakter solche süßen Dinge sagen?

Selbstbewusst legte er seinen Arm um meine Hüfte.

„Wohnst du weit weg von hier?"

Mein Mitspracherecht schien ich verwirkt zu haben.

Ich schüttelte den Kopf.

„Nur eine Straße weiter."

Im Schritttempo gingen wir weiter. Es war komisch hier mit ihm durch diese Straßen zu laufen, als wären wir befreundet.

„Hast du morgen Abend Lust etwas zu unternehmen?"

Die Frage schnitt wie ein Messer durch die frische Morgenluft. In meinem Gehirn begann der Bereich „Achtung, Junge hat Hintergedanken" aktiv zu werden.

„Äh", stotterte ich.

„Es kommt ein Horrorfilm am Donnerstag ins Kino. Der soll richtig gut sein. Ich wollte fragen, ob du Lust hast, ihn mit mir zu schauen."

Mein Puls wurde etwas ruhiger. Horrorfilm hörte sich jetzt nicht nach einem romantischen Date an.

„Okay, ich frage dann auch die anderen. Wenn der so gut ist, sollten die den Film nicht verpassen."

Plötzlich zog er eine Fresse, als hätte er gerade erfahren, dass er impotent ist. Ich hatte ihn soeben gefriendzoned und das hatte er ausnahmsweise mal gemerkt.

„Okay", murrte er. 

FATWhere stories live. Discover now