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Kapitel 2

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„Nein! Ernsthaft? Das glaub ich nicht!"

„Doch! Er hat mir die gesamte Schule gezeigt und er wollte sogar, dass wir danach zusammen in der Mensa essen."

„WAS?" Gloria fiel die Kinnlade nach unten.

„Ja, ich konnte ihm zum Glück davon überzeugen, dass ich noch ins Sekretariat muss und habe mich dann aufs Mädchenklo verzogen."

„Und es hatte wirklich niemand einen Schimmer, dass du es bist? Nicht mal die Lehrerin?"

Ich schüttelte den Kopf. Eigentlich war das ein ziemliches Armutszeugnis, denn es bedeutete auch, dass ich keinerlei Freunde an der Schule hatte. Das war eine Tatsache, die unglücklicherweise auf mich zutraf. Mein Fettpanzer war auch ein Abwehrschild gegen potenzielle Freunde gewesen.

Gloria war meine einzige Seelenverwandte. Unsere Mütter hatten gemeinsam studiert und so kannten wir uns schon von klein auf. Auf gleiche Schulen waren wir leider nie gegangen.

„Nein, die dachten wirklich, ich wäre neu. Du hättest ihre Blicke sehen sollen."

„Das gibt es doch gar nicht. Ich meine, du siehst großartig aus und hast dich verändert, aber es ist echt krass, dass die dich nicht erkennen."

Ich zuckte mit den Schultern. Sie hatten doch schon immer nur mein Fett gesehen und nie die Person dahinter. Mein Erkennungsmerkmal war nun verschwunden. Warum sollten sie mich erkennen?

„Ja, aber mich schockt viel mehr, was Jona abzieht", kam ich auf das ursprüngliche Thema wieder zurück. „Es hat nur noch gefehlt, dass ihm der Sabber aus dem Mundwinkeln läuft. Er hat gar nicht aufgehört mich vollzulabern und anzustarren. Ich könnte schwören, dass er mir sogar auf den Arsch geschaut hat, als mir ein Stift runtergefallen ist. Normalerweise hätte er gerufen: Häng dir nächsten Mal ein Schild 'Vorsicht, schwenkt aus!' an den Hintern! Das ist ja gefährlich, was du hier abziehst! und hätte dafür die Lacher aus der ganzen Klasse für sich kassiert."

Gloria grinste.

„Ist doch geil, dass er auf dich steht."

Ich hielt meine Hand hoch, um sie zu unterbrechen.

„Ich weiß aber auch nicht genau, ob er wirklich auf mich steht. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Ich bin, wie du weißt, kein Experte im Thema Jungs und interpretiere deren Verhalten gerne mal falsch", gab ich kleinlaut zu.

Ich hatte die Sprache der Männer noch nie verstanden und konnte das alles vollkommen fehlinterpretieren. Vielleicht bildete ich mir das mit meinem neugewonnen Selbstbewusstsein nur ein.

„Natürlich steht er auf dich", sprach sie, als hätte sie uns den gesamten Tag über gestalkt. „Er wollte dir die Schule zeigen und mit dir Mittag essen. Was willst du noch? Dass er dir ein rosa Herz auf den Platz legt und Rosenblätter verstreut?"

Das wäre doch mal eine sinnvolle Sache. Dann wüsste ich wenigstens, woran ich war.

„Ich habe eine bisschen Angst, dass er vielleicht doch weiß, wer ich bin und mich nur verarscht", gab ich kleinlaut zu.

„Ach Quatsch", kam es sofort zurück. „Du siehst richtig gut aus und er steht auf dich. Glaub mal an dich selbst und deine neue Schönheit."

Ich verzog das Gesicht. Auch wenn ich früher dick war, mochte ich es nicht, dass alle so taten, als wäre ich früher potthässlich gewesen. Auch wenn ich so nicht mehr aussah, tat es mir schon noch weh, wenn jemand mein altes Ich beleidigte. Schließlich war ich das ja auch mal gewesen. Das war ein Teil von mir und ich wollte nicht, dass jemand diesen Teil beleidigte.

FATWhere stories live. Discover now