Kapitel 1:

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Ein Klopfen an der Tür riss mich aus dem Schlaf. »Aufstehen Julia! « sagte meine Mutter mit ruhiger Stimme. Ich gähnte laut und warf einen Blick auf mein Handy. Es war erst 8 Uhr. Normalerweise schlafe ich Sonntags aus, aber heute war ein besonderer Tag. Eigentlich einer, von dem ich mir schon lange wünschte, dass er eintritt, jedoch war ich auch mehr als traurig, da sich meine Eltern getrennt hatten. Jedes Mal wenn ich daran dachte, schossen mir die Tränen in die Augen. Unsere ganze Familie ging kaputt. Mein kleiner Bruder wollte nämlich bei unserem Vater bleiben, ich jedoch hatte mich dazu entschieden mit meiner Mutter nach Köln zu ziehen. Nun war der Tag gekommen. Die letzten Möbel wurden abgeholt und auch ich und meine Mutter sollten heute umziehen. Ich sprang aus meinem Bett und ging ins Badezimmer, um mich fertig zu machen. Ich sah unser kleines Haus auf einmal mit ganz anderen Augen. Es war alles so vertraut und diese Vertrautheit sollte nun zu Vergangenheit werden. Aber ich wusste, ich konnte nicht hier bleiben, ich musste mit meinen Leben hier abschließen, bevor ich mich ganz verlor...

Langsam ging ich die Treppenstufen hinunter, im Flur standen bereits mein Bruder und Vater. Die Situation war mir unangenehm und ich wusste nicht wirklich, was ich tun sollte. Also ging ich einfach auf meinen Vater zu und umarmte ihn. »Hab dich lieb. « schluchzte ich. »Ich dich auch. « flüsterte er. »Nicht weinen.. « sagte die kindliche Stimme meines Bruders. Ich musste kurz grinsen und nahm auch ihn in den Arm. »Ich werde dich sehr vermissen. « »Und ich dich erst. « Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. »Ich komme euch sobald ich kann besuchen. « »Natürlich, wir sind immer für dich da. « sagte mein Vater. Dann zog ich meinen Regenmantel an, nahm meine Handtasche und winkte noch einmal zum Abschied. Schließlich lief ich durch den Regen zum Auto, indem meine Mutter bereits auf mich wartete. Sie warf mir einen mitfühlenden Blick zu und ich versuchte zu lächeln. Dann nahm ich meine Kopfhörer. Ich hoffte, dass die Musik mich ablenken würde.

Der Abschied fiel nicht allzu groß aus, da meine Familie, jedenfalls der Teil, der noch lebte, die einzigen Menschen waren, die mich schätzten und akzeptierten. Ich vermute, dass in meiner Schule mein Fehlen überhaupt niemanden interessierte, wenn es überhaupt jemand bemerkte. Der einzigste Grund könnte wahrscheinlich der sein, dass sie niemanden mehr hatten, den sie mobben konnten. Gefühlte 1000 Mal hatten sie mich als hässlich, fett und nervend bezeichnet, jegliche Spitznamen hatte ich bekommen und ständig wurde über mich gelacht. Eigentlich hatten sie keinen richtigen Grund, da ich ihnen nichts getan hatte, aber einer musste es ja sein, ausgerechnet ich. Es blieb nicht nur bei kleinen Dingen, ich wurde schon öfters bedroht, übers Internet stark gemobbt und sogar meine Familie wurde angegriffen. Ich versuchte immer stark zu sein, jedoch schaffte ich es vor allem die letzten Wochen fast gar nicht mehr. Und mein Tag endete immer damit, dass ich mich in den Schlaf geweint hatte.

Die Musik dröhnte laut in meine Ohren, aber innerlich war ich ganz still. Es waren zu viele Emotionen in mir, um klar denken zu können. Mein Blick war zum Fenster gerichtet und ich konzentrierte mich darauf, nicht zu weinen, während ich die Regentropfen beobachtete, die an Fenster vorbei flossen.

Als das ganze Mobbing anfing dachte ich, dass es nur so eine kurze Phase sei und dass diese schnell wieder vorüber gehen würde, aber da hatte ich mich wohl stark geirrt. Selbst meine einzigste, beste Freundin wandte sich von mir ab und bevorzugte es, mich als Gespött der Schule darzustellen. Anfangs wandte ich mich an niemanden und sprach mit keinem darüber, doch irgendwann konnte ich den Druck nicht mehr aushalten. Ich sprach mit einigen Lehrern, die daraufhin versuchten, mit meinen Mitschülern zu sprechen, jedoch verschlimmerte sich dadurch noch alles. Das Cybermobbing wurde nun noch schlimmer und die Lehrer glaubten mir nicht mehr, da die anderen behaupteten, dass ich nur Aufmerksamkeit wolle. Meine Mutter merkte, dass mit mir irgendetwas nicht stimmte, sie entdeckte schließlich auch meine Narben an meinen Armen und Beinen und die Rasierklingen in meinem Nachtschränkchen. Sie versuchte mir zu helfen, doch ich wollte nicht mit ihr darüber reden. So kam es mir also gelegen, dass meine Mutter aufgrund der Trennung umzog. Ich brauchte einen Neuanfang, so konnte es nicht weitergehen...

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