Kapitel 1

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Verschlafen streckte ich meine Glieder und fühlte die weichen Federn der Bettdecke. Ich war immer noch ziemlich müde, obwohl meine Nacht eigentlich gar nicht so kurz war, wie in dem Moment gefühlt. Nur noch ein paar Wochen und dann waren Ferien, die ich mir nur allzu sehr herbeiwünschte, wie jeder der zur Schule ging. Nun war ich schon einige Tage ein Vampir und bisher verließ ich noch nicht das Haus, dabei drehte ich fast in diesen vier Wänden durch. Andererseits fühle ich mich hier am sichersten, weil ich noch immer ein mulmiges Gefühl in mir verspürte nach draußen zu gehen. Der Guhl war für mich schon Wegbegleitung genug, aber die schlechten Träume machten mich oft fertig. Wäre Edan nicht gewesen, wäre ich längst zusammengebrochen.

Von meiner Mutter ließ ich mich krankschreiben, weil ich den nächsten Tag nicht gleich zur Schule wollte. Immerhin sah ich zwar fast genauso aus wie zuvor, aber ich war mir nicht sicher, ob meine kleinen Veränderungen nicht doch auffielen. Zwar sah man, dass mein Äußeres perfekter schien als vorher, aber sie wussten nicht, dass ich nun nicht mehr als Mensch durch die Welt wanderte. Ebenso meine Mutter nicht. Nun war Mittwoch und Edan war erst vor einer Stunde los. Er durfte dort nicht fehlen, denn das erregte Aufmerksamkeit. Zumal die Leute nicht ganz bescheuert waren und wir immer wieder zusammen gesehen wurden.

Trotzdem machte es mich verrückt, denn er fehlte mir schon in diesem Moment. Murrend drehte ich mich von der einen auf die andere Seite und legte mir die Hand über meine Augen. Die Sonne versuchte durch die graue Wolkendecke zu kriechen, doch schaffte es kaum. Und zum tausendsten Male starrte ich meine Haut an, doch da war keine Veränderung. Ich ging nicht in Flammen auf und glitzerte auch nicht. Schade eigentlich. Das zweite hätte mir sicherlich gefallen. Aber das zeigte wieder mal, dass es nicht so wie in den ganzen Büchern oder Filmen war.

Als es plötzlich leise an der Tür klopfte, hörte ich die Stimme meiner Mutter: »Schatz, willst du nicht endlich aufstehen?« und dann kam sie auch schon hinein. An diesem Tag hatte sie noch keinen Tropfen Alkohol getrunken, was mich zwar freute, doch es hielt mit Sicherheit nicht lange an. Wie immer. Das war schwierig für mich, denn es machte die Beziehung zwischen uns nicht besser; dabei wünschte ich mir insgeheim einen Elternteil wie jeder andere besaß. Einen Vater gab es ja nun einmal nicht mehr in meinem Leben. »Wie geht es dir heute?«, wollte sie wissen und setzte sich auf die Bettkante.

Ein Vampir zu sein hieß nicht, dass wir anders waren, wie Menschen. Eigentlich ziemlich ähnlich, außer das Bluttrinken, die Schnelligkeit und diverse andere Dinge. Trotz dessen war ich blasser als sonst. Einen Fremden wäre es sicher nicht aufgefallen, denn es gab auch Leute mit etwas hellerer Hautfarbe, doch auch wenn meine Mutter sich bisher nicht wirklich groß für mich interessierte, wusste ich, dass sie es sah und das war ein Vorteil. So konnte ich ihr die ganze Zeit weismachen, dass es mir nicht gutging und sie mich zu Hause ließ. Obwohl es ja so gesehen eher das Zuhause von Henry, einem älteren Mann und Freund von uns war.

Aber schon nach dieser kurzen Zeit, fiel mir die Decke auf den Kopf. Natürlich schon zuvor, aber ich unterdrückte dieses Gefühl ständig. Nun musste ich raus. Unbedingt. Ich war schon jeher jemand, der die Natur liebte. Mich einzusperren war eine Quälerei. Allerdings schien dieses Gefühl, seit mein Körper sich veränderte, noch extremer zu werden. Genau aus diesem Grund, beschloss ich wieder in die Schule zu gehen. Jetzt. Wenn ich weiter in diesen Wänden blieb konnte ich nämlich für nichts garantieren. »Es geht mir schon besser!«, murmelte ich und meine Mutter nahm den Teller, den mir Edan am frühen Morgen brachte, in die Hände, um wieder zu verschwinden.

Kurz bevor sie an der Tür anlangte, drehte sie sich noch einmal zu mir und antwortete: »Das freut mich, dass es dir besser geht. Du hast ja noch ein paar Tage, um dich zu erholen!« In dem Moment wünschte ich mir die Mutter, die mich sonst immer weitgehend ignorierte. Die hätte mich nämlich aus dem Haus geschickt. Nun kam es mir vor, als würde sie mich gern bemuttern. »Ich bin erholt«, fiel ich ihr ins Wort, weil ich wusste, sie wollte noch zu etwas ansetzen. »Ich werde mich fertigmachen und zur Schule gehen.«

Someday II - be a VampireOnde histórias criam vida. Descubra agora