Kapitel 2

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Wir bekamen tatsächlich für das restliche Wochenende Hausarrest. Ich hatte eh nichts geplant gehabt, also war es nicht so schlimm. Als mein Kater abends endlich weg war, setzte ich mich wohl oder übel an meine Hausaufgaben. Den Sonntag verbrachte ich damit, mit meinen Freunden zu schreiben, fernzusehen und in allen möglichen sozialen Netzwerken gleichzeitig aktiv zu sein. Und nicht zu vergessen aß ich jede Menge und rannte bestimmt zehn mal zum Kühlschrank, ohne mir was zu nehmen. Alex ignorierte ich.

,,Lyd!", schrie Talia quer durch den ganzen Schulflur und rannte auf mich zu. Rose kam schmunzelnd hinterher. Ich ging grinsend auf die beiden zu und umarmte sie zur Begrüßung. Schon begann Talia mich vollzulabern. Ich hörte nur halbherzig zu, während ich meine Bücher aus dem Spind holte. Erst als der Name 'Daniel' fiel, würde ich hellhörig. ,,... Daniel geschlafen und kannst dich nicht dran erinnern?!" ,,Pssst! Spinnst du? Nicht so laut!" Musste ja nicht gleich die halbe Schule wissen. Am besten sollte es niemand wissen. ,,Leute, die Stunde fängt gleich an", meldete sich Rose zu Wort.          Nach zwei endlos langen Stunden Englisch und Tausend Zettelchen von Talia war endlich Pause. Ich schmiss meine Sachen in die Tasche und floh aus dem Raum. Talia und Rose waren mir dicht auf den Fersen. Die Bücher landeten achtlos im Spind und die für die nächste Stunde in meiner Tasche, als sich hinter mir jemand räusperte. Erschrocken drehte ich mich um. Vor mir Stand Mike. ,,Mike? Was machst du denn hier?" ,,Hi Lyd, ich hätte da ne Frage: Was zur Hölle ist am Wochenende passiert?! Dan läuft mit nem Riesen-Pflaster auf der Nase rum und Alex ignoriert ihn." Betreten sah ich auf den Boden. ,,Lydia, was ist los?!" ,,Naja, also... Nach deiner Party... Am nächsten Morgen... Bin ich halt bei Dan aufgewacht und... Alex ist deshalb voll ausgerastet und hat ihn geschlagen", stotterte ich. ,,Oh Fuck!", war seine Reaktion. Ich nickte nur. Plötzlich nahm er mich in die Arme. ,,Wir kriegen das wieder hin!", murmelte er. ,,Was ist nur in ihn gefahren...?" Ich wusste nicht, ob er Alex oder Dan meinte. Was ich aber wusste war, dass mir seine Umarmung unglaublich gut tat. Ich kannte Mike und Dan schon Jahre lang und sie waren jede Woche mindestens einmal bei uns. Klar, sie waren beide verdammt heiß, aber ich hatte nie auch nur einen Gedanken an eine Beziehung mit einem von beiden nachgedacht. Unsere Beziehung war mehr freundschaftlich, fast schon brüderlich. Als er sich von mir löste, lächelte ich ihn dankbar an.

Daniel:
Es war zum ausrasten. Ich musste mit einem Riesen-Pflaster auf der Nase rumlaufen, Alex ignorierte mich und Lydia ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Die hätten mich ruhig noch im Krankenhaus behalten können. Lydia war für mich fast wie eine Schwester gewesen, doch seit Samstag hat sich das irgendwie geändert. Dass sie hübsch ist, wusste ich schon immer, aber ich habe es noch nie so wahrgenommen. Als wir uns kennengelernt haben, war sie einfach die kleine Schwester von Alex und dann wurde sie immer mehr auch meine Schwester. Das zwischen uns etwas sein könnte, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Klar, Alex hat uns gewarnt, dass wir sie nicht anrühren sollen, aber das war für uns selbstverstendlich. Und jetzt? Sie ist immer noch verboten, das hat mich Alex ja ganz deutlich spüren lassen, aber ich sehe sie plötzlich mit anderen Augen. Als ich gesehen habe, wie Mike sie tröstend umarmt hat, hat mir das irgendwie einen Stich in die Brust versetzt. Gott, was war mit mir los? Ich sollte diese Nacht einfach vergessen und so tun, als wäre nichts gewesen.

Lydia:
Da mein allerliebster Bruder natürlich nichts besseres zu tun hatte, als eine von diesen Bitches mit in sein Auto zu nehmen und ich den Bus verpasst hatte, der nächste kam erst in einer Stunde, blieb mir nichts anderes übrig, als zu laufen. Danke Alex, toll gemacht! Für den Weg brauchte ich ca eine halbe Stunde. Ich stöpselte mir also meine Kopfhörer in die Ohren und ging los. Ich lebte nach dem Motto: Kopfhörer rein, Musik an, Welt aus. Das funktionierte leider dieses Mal nicht so gut, denn nach zwei Minuten würde ich von der Seite angehupt. Erschrocken sah ich auf die Straße. Neben mir stand kein geringerer als Daniel in seinem schwarzen Mercedes-Cabrio.

Daniel:
So tun als wäre nichts gewesen, diese Nacht gab es nie... Ich hatte zwar Angst, mit ihr auf engstem Raum eingesperrt zu sein, aber ich konnte Lydia nicht einfach laufen lassen, obwohl ihr Haus auf meinem Weg lag. Das ließen meine Gefühle für sie nicht zu, weder die brüderlichen, noch die anderen, von denen ich nicht wusste wie ich mit ihnen umgehen sollte. Auf mein Hupen hin drehte Lydia sich erschrocken zu mir. Ich ließ die Scheibe runter und lehnte mich so cool ich konnte raus. ,,Komm schon, Lyd. Steig ein, ich bringe dich nach Hause." Sie schien mit sich zu ringen, lächelte mich letztendlich aber doch an und stieg ein. ,,Danke!" Ich hatte sie schon so oft nach Hause gebracht, doch noch nie hatte mein Herz dabei so gerast. Ich wurde den Drang, sie in die Arme zu nehmen einfach nicht los. Als wir ankamen war ich einerseits erleichtert, andererseits wollte ich bei ihr bleiben.

Lydia:
Die Fahrt war der reinste Horror. Ich konnte mit meinen Gefühlen einfach nichts anfangen. Plötzlich wurde die Tür geöffnet und Dan kam zum Vorschein. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir schon da waren. Schnell stieg ich aus. ,,Danke fürs Fahren!" Ich wollte schon gehen, doch dann nahm ich all meinen Mut zusammen und umarmte ihn. Schweren Herzens lies ich ihn wieder los und ging ins Haus. Alex war zum Glück mit seiner Tussi beschädigt. Ich wollte mir nicht ausmalen wie er reagiert hätte, wenn er gesehen hätte, dass Dan mich gebracht hat. Selbst schuld, eigentlich müsste er mich ja mitnehmen.

My Brothers Best FriendWhere stories live. Discover now