Der nächste Gang

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Kapitel 16
Der nächste Gang

Leicht taumelnd registrierte ich langsam, dass sie tot war. Starke Hände griffen um meine Taille und stützten mich, verhinderten, dass meine Knie einknickten und ich zu Boden sank. Tränen rannen in meine Augen. Grund dafür war jedoch nicht die Trauer, sondern der Schock dieses Anblicks. Ich konnte den Blick nicht abwenden, konnte nicht aufhören sie anzustarren. Ich konnte nicht anders, als hinzusehen, wie die getrocknete Blutlache den bereits dreckigen Boden noch weiter verschmutzte und wir ihr Körper verdreht und unmenschlich da lag. Der Körper der Frau, die ein Ebenbild meines Vaters war. Der Körper meiner Tante Ella.

Ich wurde langsam aus der Scheune gezogen und ich vergrub mein Gesicht an Doms Schulter, der mich stützte und mir half stehen zu bleiben. Er hatte mich beinahe komplett mit seinen Armen eingeschlossen und wir setzten uns etwas abseits auf einen alten Baumstamm. Stumm ließ ich die Tränen laufen und versuchte den Schock zu überwinden. Dumpf hörte ich wie Jodie Befehle durch die Gegend brüllte und ich bekam teilweise mit, wie es in Doms Brust vibrierte, als er offenbar weniger freundlich jemandem antwortete. Eine Gefühlte Ewigkeit verharrte ich in dieser Schutzsuchenden Position auf Doms Schoß und verbannte jegliches Geschehen um mich herum. Irgendwann hob Dom mich hoch und trug mich zurück in den Heli. Diesmal war es mir gleich, dass ich zur Hälfte auf Doms und zur Hälfte auf Alex' Schoß saß. Es war mir auch gleich, dass es in meinen Ohren dröhnte, als wir abhoben und es war mir auch egal, dass die Welt unter uns immer kleiner zu werden schien.

*

Ich schlug die Augen auf und wusste einen Moment nicht wo ich mich befand. Planlos hob ich den Kopf und blinzelte der Dunkelheit entgegen. Irgendwo hörte ich ein leises Tropfen und die Feuchtigkeit lag zusammen mit der Kälte schwer in der Luft. Dazu kam der moschusartige Gestank, der mich anwiderte und mir diesen Ort noch unsympathischer machte.

Stöhnend raffte ich mich auf und rieb mir die Stirn. Ich hatte tierische Rückenschmerzen und brauchte ein wenig, um mich zu sammeln. Wo war ich und wie war ich hier hergekommen?

Erinnerungen begannen auf mich einzurieseln wie Regen und ich fühlte mich geradezu erschlagen. Ella war tot - ermordet worden und Jodie hatte Dom, Alex und mich hier her gebracht. Ich erinnerte mich, dass wir am Rande der Stadt in ein altes Gebäude gebracht worden waren und uns nun in den Kellergewölben befanden. Dann war ich zusammengesunken und eingeschlafen.

Erschöpft rappelte ich mich auf und blinzelte erneut - sah zu dem schwachen Licht, vor dem sich zwei Gestalten abbildeten. "Hanna?", Doms Stimme hallte im Raum wieder. "Ich bin wach.", antwortete ich flüsternd, dennoch schien meine Stimme laut in der Stille zu sein.

Halb tastend, halb stolpernd bewegte ich mich zu den beiden Gestalten. Offenbar hatten Alex und Dom ein Gespräch geführt, während ich K.O. gewesen war. Beide standen vor den Gitterstäben, die uns den Durchgang zur Treppe und in die Freiheit unmöglich machten. Ich kam mir vor wie im Mittelalter. Diese Gefangenschaft war unmoralisch und unmenschlich und verstärkten meinen mittlerweile regelrechten Hass auf Jodie nur noch. Was hatte ich ihr nur getan, dass sie so mit mir umging?

"Jodie war vorhin hier. Sie meinte, dass ein paar ihrer Leute Ellas Leiche untersucht haben und dabei feststellten, dass sie wohl schon vor einigen Wochen ermordet worden war.", erklärte Alex und kassierte seitens Dom einen finsterten Blick. "Ist schon gut. Ich glaube ich habe den Schock größtenteils überwunden.", log ich, um meinen Gegenüber zu beruhigen. Skeptisch betrachtete Dom mich, schwieg aber. "Hat sie etwas gesagt wegen der Ware?", fragte ich sachlich an Alex gewandt. Dieser schüttelte seufzend den Kopf. "Keine Spur davon. Sie haben keinerlei Hinweis und Jodie scheint dir die Schuld zu geben." Entrüstet erwiderte ich: "Was kann ich denn dafür? Ich hab sie zu dem Versteck geführt, ist doch nicht meine Schuld, dass die Ware nicht mehr da war!" Ich wurde aus der Frau nicht schlau. Und aus Alex wurde ich auch nicht schlau. Als ich ihn kennen lernte hatte er mich offenbar gerettet, dann entführte er mich, vergewaltigte mich fast, entschuldigte sich, erzählte etwas von verstorbener Frau und entführter Tochter und nun benahm er sich gänzlich sachlich. Mittlerweile fühlte ich mich wie ein ausgelaugter Vollidiot.

Instinctual || Fast&Furious Fanfiction Where stories live. Discover now