Spannungsnetz

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Kapitel 12
Spannungsnetz

“Sie müssen Hanna sein.” Eine Frau in einem langen weißen Kittel reichte mir die Hand. Trotz ihrer Uniform wirkte sie sehr gelassen und locker. Sie hatte die Ärmel unordentlich hochgekrempelt und den Kittel offen. Darunter konnte man eine schwarze lange Hose und einen weinroten schlichten Pullover erkennen. 

Ich ergriff die Hand und nickte. Sie lächelte mich an und entblößte eine Reihe strahlend weißer Zähne. Ihre Augen waren Kastanienbraun und sie hatte schwarze Haare, die ihren cremefarbenen Teint betonten. Ich mochte sie auf Anhieb. 

“Mein Name ist Doktor Jessica Chadwick und ich war Josephs Therapeutin und Betreuerin.”, stellte sie sich nun vor und bedeutete mir ihr zu folgen. Sie führte mich durch sterile Gänge in diesem Trostlosen Klinikum. Irgendwo hörte ich ein Kind schreien und woanders eine Betreuerin hektisch laut Befehle erteilen. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen hier länger zu bleiben, als für ein paar Stunden. Ich sprach Jo meinem Respekt aus, dass er es hier so lange ausgehalten hatte.

“Du und Joseph ihr seid euch sehr nahe, oder?”, fragte Dr. Chadwick. Ich zuckte mit den Schultern. “Ich finde wir haben im Vergleich zu anderen ein sehr gutes Verhältnis, aber es ist nicht so, als würden wir ständig aufeinander hocken. Auch jetzt nach seiner Entlassung nicht.” Die Afroamerikanerin drehte sich halb zu mir um und grinste mich an. “Genau so etwas in der Art hat Ihr Bruder auch geantwortet.” Überrascht sah ich sie an, als sie anfing zu lachen. Ich stimmte mit ein und folgte ihr durch eine Tür, die sie mir auf hielt. Wir gelangten in ein Zimmer, in dem sich ein Fenster befand, ein Schrank und ein Bett. Die Wände waren weiß und der Boden war grauer Teppichboden. Es gab silber-graue Vorhänge und ein Koffer stand neben dem gemachten Bett. Es war Josephs Koffer, das erkannte ich sofort. Da öffnete sich auch schon eine weitere Tür, offenbar die Badezimmertür, und Jo trat ein. Er sah mich und breitete die Arme aus, ich begrüßte ihn mit einer festen Umarmung. “Hey!”, sagte ich und wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Er grinste mich an schien einfach nur glücklich zu sein. “Hey! Ich freue mich riesig dich zusehen!” Ich nickte zur Bestätigung. “Und ich freue mich dich zu sehen! Endlich kannst du nach Hause kommen!” 

Jo nahm seinen Koffer und Dr Chadwick begleitete uns bis zum Ausgang, ehe sie sich verabschiedete und Joseph das erste Mal nach zwei Jahren das Klinikum verließ ohne die Aussicht noch einmal hierhin zurückkehren zu müssen. Zu diesem feierlichen Anlass war ich sogar mit meinem Nissan gekommen, was mein Bruder natürlich nicht wusste. “Wo parkst du denn?”, fragte er, während wir über den Parkplatz schlenderten und ich auf den Nissan zusteuerte. Ich deutete auf eben dieses Fahrzeug und sagte grinsend: “Da vorne.” Jo folgte meinem Blick und riss die Augen vor Überraschung auf. “Was zum…? Kaum bin ich mal in der Klapse, besorgt meine kleine Schwester sich ein geiles Auto oder was?” Ich fing an zu lachen und schüttelte den Kopf. “Naja es war mehr oder weniger ein Gewinn.”, erklärte ich ohne zu viel zu sagen. Joseph fuhr sich durch seine dunklen Haare und seufzte, als wir beim Nissan ankamen und ich den Kofferraum für sein Gepäck öffnete. Ich konnte nicht mal glauben, dass er für die zwei Jahre nur diesen winzigen Koffer benötigt hatte. Offenbar hatte er vieles dort vor Ort bekommen. 

“Du pennst im Gästezimmer, ich habe alles so weit geordnet. Bis du wieder auf eigenen Beinen stehst bist du bei mir bestens aufgehoben.”, sagte ich, als wir beinahe bei meiner Wohnung waren. Ich liebte den Sound des Nissans und auch Jo schien beeindruckt zu sein. Er nickte und lächelte mich dankbar an. “Danke, Schwesterherz.” Ich warf ihm einen Blick zu, ehe ich die Auffahrt hochfuhr. “Das ist doch selbstverständlich. Immerhin gehörst du zu meiner Familie.” 

Wir stiegen aus und ich schloss meine Wohnung auf. Jo trat ein und sah sich um. Bisher war er erst zwei oder drei mal kurz hier gewesen. Immer nur für einen Tag, als er mal aus dem Klinikum raus durfte. Meistens hatten wir dann etwas unternommen, deshalb kannte er meine Wohnung kaum. Aber ich sah in seinem Blick, dass sie ihm auf Anhieb gefiel. Lächelnd schloss ich die Tür hinter mir wieder und nahm seinen Koffer. “Komm, ich zeige dir dein Zimmer.” Fast sofort nahm er mir seinen Koffer wieder ab. “Meine Last.”, sagte er und ich schüttelte seufzend den Kopf. Idiot. 

Instinctual || Fast&Furious Fanfiction Where stories live. Discover now