Tag 2 - Part 6

1.3K 130 2
                                    

Stegi hatte einen angenehm leeren Kopf, als er wieder aus dem Wasser kam. Er war noch ein bisschen rumgepaddelt und getaucht und fühlte sich frisch und nicht mehr ganz so knotig im Kopf.
„Das Wasser ist so schön, Mann", erklärte er Tim, als er zu ihm trat und über Tims Schulter auf den Grill schaute.
„Hätte ich jetzt nicht gedacht, nachdem du ne halbe Stunde drin warst", antwortete Tim ironisch und grinste zu ihm hoch. Tim war schon gut am Grillen und es roch fantastisch.
„Was laberst du? Das war nie und nimmer ne halbe Stunde." Stegi nahm sein Handtuch und rubbelte sich trocken. Der Wind war wirklich schon recht frisch. Er zog sich gleich T-Shirt und einen Pulli über und tauschte auch die nasse Badehose gegen trockene Klamotten aus.
„Mindestens", gab Tim zurück und wendete ein Stück Fleisch. Fleischsaft tropfte zischend auf die heißen Kohlen und Stegi lief das Wasser im Mund zusammen.
„Das ist bald gut, oder?", fragte er und schluckte.
„Hmm", machte Tim gedehnt und drückte mit seiner Grillzange auf das Fleisch. „Ich würde es ja noch ein bisschen drauflassen, um sicher zu gehen..."
„Tiiiiim", jammerte Stegi. „Das machst du nur, um mich zu ärgern."
„Klar", sagte Tim. „Ich mach immer alles, um dich zu ärgern."
„Glaub ich auch", murmelte Stegi beleidigt und nahm sich die Fantaflasche, um etwas zu trinken.
Tim trank ebenfalls – er hatte anscheinend sein Bier angefangen.
„Allein trinken ist traurig, Tim", sagte Stegi belehrend und nahm sich ebenfalls ein Bier.
„Grillen ohne Bier geht halt nicht", konterte Tim. „Wegen dem Ablöschen."
Stegi beäugte den Grill. „Du willst bei dem kleinen Ding was ablöschen? Da machst du ihn doch mit aus!"
Tim grinste. „Schon. Aber ich will die Möglichkeit haben."
Stegi öffnete sein Bier mit der Schere, die sie für die Verpackungen mitgenommen hatten, und nahm einen Schluck. Er seufzte und lehnte sich zurück. „Wir bleiben hier. Für immer."
„Ja", stimmte Tim sofort zu und nahm aus der Tüte ein Brötchen. „Schneidest du das so halb auf? Dann pack ich das Fleisch rein und wir verbrennen uns nicht die Pfoten."
„Clever", sagte Stegi anerkennend und einen Hauch erstaunt.
Tim machte eine arrogante Geste. „Wer's drauf hat..."
„Ja, von wegen." Stegi hielt ihm das aufgeschnittene Brötchen hin und ließ ihn die Scheibe Fleisch reinmanövrieren. „Gib gleich mal ein zweites, dann können wir beide gleich essen."
Tim gab ihm ein zweites Brötchen und Stegi sah von dem einen unaufgeschnittenen zu dem mit dem heißen Fleisch drin. „Merkste selbst?", fragte er Tim, der ihm das mit Fleisch aus der Hand nahm. Dann bauten sie ein zweites Fleisch-Brötchen und saßen einträchtig nebeneinander und pusteten.
Es war superlecker, wofür sie sich auch mehrmals gegenseitig und selbst lobten und kommentierten, dass niemand so toll auf so einem Gurken-Grill grillen könnte und das Bier sein Übriges tat und überhaupt war dieser See wirklich superschön und warum sie das nicht schon viel früher gemacht hatten und ob Stegi nicht noch ein Brötchen aufschneiden könnte und dass das verdammt heiß so frisch vom Grill war und dass Tim sich nicht so anstellen sollte.
Es wurde dunkel und der Grill spendete kaum Licht, weil die Glut immer schwächer wurde.
„Jetzt fehlt wirklich das Lagerfeuer", sagte Stegi und lehnte sich mit dem Kopf an Tims Schulter, weil alles so gemütlich war und Tim so warm. „Und die Gitarre, auch wenn wir nicht spielen können."
„Du könntest so singen", schlug Tim vor. „Irgendeins deiner Intros, oder so."
Stegi kicherte. „Na, ganz sicher nicht. Ich will dich ja nicht doch noch verscheuchen."
„Ich hab dich schon oft genug singen gehört." Tim lehnte seinen Kopf an Stegis. „Ich renn nicht so schnell weg."
Stegi lächelte. Er glaubte Tim das. Und das war irgendwie schön. Überhaupt fühlte dieser Moment sich kostbar an. Stegi hielt eine Sekunde den Atem an und wünschte sich, er könnte es speichern, einen Screenshot machen oder ein Lesezeichen setzen.
„Weißt du was?", murmelte Stegi. „Ich liebe diesen Strand."
„Ja." Tim schluckte und Stegi hörte es, weil Tims Hals so nah an Stegis Ohr war. Er holte auch Luft, als wolle er etwas sagen, ließ es aber sein.
Stegi lächelte. Tim war manchmal so. Manchmal redete er viel und manchmal gar nicht. Aber das war okay – alle relevanten Informationen kamen an, wenn Stegi zuhörte (und er gab sich zumindest Mühe, das meistens zu tun).
„Wir fahren so früh wir es schaffen, ne?", fiel Stegi ein und selbst in seinen Ohren klang er unglaublich traurig.
„Ja, müssen wir wohl", gab Tim zurück und klang ebenfalls nicht gerade froh darüber.
„Wir wiederholen das", versprach Stegi Tim und sich selbst. „Entweder hier oder an einem See irgendwo in der Mitte zwischen uns. Oder einem Berg. Irgendwo, wo es schön ist."
„Wie soll es irgendwo nicht schön sein, wenn wir da sind?", fragte Tim mit leicht frechem Ton.
Stegi lächte leise und irgendwann lachte Tim mit und sie setzten sich beide auf. Stegi strich sich durch die Haare, die immer noch ein bisschen feucht waren. Er merkte, dass er müde wurde, aber der Abend war zu schön, um ihn zu beenden.
„Nachtbaden?", fragte er Tim.
Tim grinste dreckig. „Mach Nacktbaden draus und ich bin dabei."
Stegi schnaubte. „Tu dir keinen Zwang an..."
Tim schüttelte den Kopf. „Ne, ich will nicht nachtbaden – und nackt auch nicht. Wir finden im Dunkeln doch nie unsere Handtücher wieder."
„Auch wieder wahr", musste Stegi zugeben. „Vermutlich werden wir auch nicht wieder warm und holen uns die Erkältung unseres Lebens."
„Nachtwaten können wir", schlug Tim vor.
Stegi sprang auf. „Okay!" Er hielt Tim die Hand hin und dann stolperten sie lachend runter zum Ufer und wateten im seichten Wasser hin und her, bis sie bis zu den Knien drinstanden und eine Rangelei entstand.
Ihr Lachen hallte laut und weit durch die Nacht und als Stegi den Kopf in den Nacken legte, waren da so unglaublich viele Sterne und er erkannte nur den großen und den kleinen Wagen. „Kennst du Sternbilder?", fragte er Tim, der neben ihm stand.
„Nur den großen Wagen. Und den Orion-Gürtel."
„Zeigst du ihn mir? Also den Gürtel?", bat Stegi und Tim trat noch näher an ihn heran und deutete auf das Sternzeichen und erklärte, wie er es fand.
„Cool", meinte Stegi. „Jetzt bin ich bei drei Sternzeichen."
„Der Karriere als Astrologe steht nichts im Weg", zog Tim ihn auf.
„Penner", erklärte Stegi grinsend. „Wollen wir schauen, ob wir unseren zart glühenden Grill wiederfinden?"
„Probieren können wir es ja. Ansonsten müssen wir auf die Dämmerung warten." Tim klang vollkommen ernsthaft – und warum auch nicht? Sie hatten schon öfter gemeinsam die Nacht durchgemacht.
Leider war Stegi vernünftig (manchmal). „Du musst morgen fast den ganzen Tag Auto fahren. Ich glaub, ne Mütze Schlaf kannst du vertragen."
Tim seufzte. „Du bist so unromantisch."
Stegi lachte. „Sagt der ohne Lagerfeuer und ohne Gitarre."
Sie fanden ihre Sachen recht schnell wieder und Tim schüttete Sand auf den Grill, damit er komplett ausging. „Wie bekommen wir das Ding jetzt in den Müll?"
Stegi zuckte mit den Schultern. „Wie Eierlaufen, nur mit Grill und Grillzange."
Tatsächlich ließ sich das Ding mit der Grillzange ganz gut greifen und sie konnten den Strand so gut wie unberührt zurücklassen. Nicht, dass sie es gesehen hätten, wenn noch was von ihnen rumfliegen würde. Stegi schaltete zwar seinen Handybildschirm ein, aber das Licht war im Vergleich zu der durchdringenden Dunkelheit um sie herum ziemlich lachhaft.
Im See spiegelten sich Lichter von umliegenden Gebäuden in der Ferne wie nahe Sterne oder Augen von großen Tieren. Es war wirklich unglaublich schön.
„Wir wiederholen das", sagte Stegi noch einmal in die Nacht.
Tim legte ihm einen Arm um die Schulter. „Machen wir."
Dann suchten sie sich fluchend und lachend ihren Weg zum Auto und fuhren dann ins Ferienhaus zurück, um recht schnell im Bett zu landen.
Stegi lag noch eine Weile wach und hörte auf Tims Atem. Er wollte nicht zurückfahren. Er wollte, dass Tim sich zu ihm rollte und ihm einen Arm um die Hüfte legte. Er spürte eine tiefe, nagende Sehnsucht nach ihm und etwas quoll in ihm hoch, das wie Verzweiflung schmeckte, weil das Wochenende vorbei war.
Und weil er sich nicht sicher war, ob er nicht viel zu viel für Tim fühlte.  


Lächerlich [Stexpert]Where stories live. Discover now