Kapitel 22 - Glückliche Fügung

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LAETITIA

Als ich am nächsten Morgen erwache, sitzt Nisa bereits wieder mit dickem Bauch am Feuer und frühstückt. Ihre langen, schwarzen Haare trägt sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie ist wahrhaftig eine südliche Schönheit.

Ich fühle mich noch immer etwas benommen und torkele zu ihr herüber. Wieso habe ich so lange geschlafen? Die Sonne steht weit oben am Himmel, was bedeuten muss, dass es bereits Mittag sein muss. Eigenartig, eigentlich schlafe ich nie so lange.

»Ich habe Frühstück gemacht«, meint die Südländerin freundlich mit ihrer rauchigen Stimme und reicht mir einen mit Eiern, Speck und Brot belegten Teller. Ruckartig beginnt mein Magen, zu knurren.

»Habt Dank, Herrin. Das sieht köstlich aus.«

Sie nickt gütig.

»Iss.«

Ohne zu zögern, esse ich alles auf, denn ich bin ziemlich hungrig. Während der gesamten Mahlzeit schweige ich, denn ich habe nach wie vor das Gefühl, dass mit Nisa, trotz ihrer Freundlichkeit, etwas nicht stimmen mag. Sie ist irgendwie zu höflich.

Mir fällt stark auf, dass die Dame dauernd auf meinen Bauch starrt. Ich schlucke, denn das macht mich etwas nervös. Vielleicht vergleicht sie ihren ja nur mit meinem.

»Du darfst ab heute mit mir in der Sänfte reisen. Ich denke, das ist im Moment besser für dich und das Kind.«

Für einen Augenblick glaube ich, mich verhört zu haben. Ich dachte, ich bin nur die Amme für ihr ungeborenes Kind, eine Dienerin. Wieso sollte ich dann in der Sänfte mitfahren dürfen?

Ich wundere mich sehr darüber, frage jedoch nicht nach, warum Nisa mir diese Annehmlichkeit ermöglicht.

Ich bin einfach nur froh, nicht den ganzen Tag auf dem Kamel sitzen zu müssen. Von gestern tun mir noch alle Knochen weh. Vielleicht meint sie es ja auch nur nett und möchte eine Fehlgeburt bei mir, durch das ständige Reiten, vorbeugen.

»Ich danke Euch.«

Stunden vergehen und Nisa versucht die ganze Zeit, ein Gespräch mit mir zu beginnen, doch ich schweige beharrlich. Noch immer traue ich ihr nicht.


FRANCIS

In den Kellergewölben ist es so düster, dass ich kaum die Hand vor Augen erkennen kann. Nur wenige Fackeln beleuchten mir den Weg. Ich erschaudere, denn selbst einem Bischof wie mir, jagen solche Kerker Schrecken ein.

Schritt für Schritt komme ich dem leisen Wimmern nun immer näher. Wer ist das? Vor allem, was ist das?

Je näher ich komme, desto eher klingen die Laute wie ein krankes Kätzchen oder ein kleines Kind. Doch welche Abscheulichkeit sperrt ein Kind in die Burgverliese?

Egal was oder wer da ist, eines steht fest, nämlich das dort etwas oder jemand ist!

»Hallo? Ist da jemand?«, rufe ich leise und gehe näher heran. Jedoch können meine Augen im Dunkeln zunächst nichts erkennen.

»Hört mir irgendwer?« Auch als ich das zweite Mal rufe, antwortet niemand. Stille.

Außer mir und diesen wimmernden Lauten ist niemand hier unten. Denke ich zumindest.

Ich komme zu einer weiteren schmalen Treppe. Das Winseln wird lauter. Ich scheine auf dem richtigen Weg zu sein. Tief atme ich durch und versuche weiterhin einen klaren Verstand zu bewahren. Ich bin der Hölle nah.

Verschwitzt und mit einem rasenden Herzen steige ich die Treppe hinab. Unten angekommen folge ich dem Wimmern in einen weiteren Gang. Ich kann es fühlen. Ich muss nun ganz nahe dran sein.

Cruelty of Life - Band EinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt