Kapitel 18 - Glück hält nicht ewig an

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LAETITIA

Ich bereue nun zutiefst, dass ich ihm so nahe gekommen bin. Ich habe ihn damit sehr verschreckt und nun wird er sicherlich nicht mehr mit mir weiter reisen wollen, und darauf bestehen, dass ich die Gruppe verlasse. Ich schlucke hart und schlage mir wütend auf den Kopf. Wie konnte ich nur so töricht sein? Wie soll ich es nun allein zu Rucus schaffen?

Lange sitze ich da, starre in das wärmende Feuer vor mir und denke darüber nach, wie es nun weitergehen soll. Wird er mir verzeihen? Spöttisch schüttele ich den Kopf und seufze laut.

»Natürlich nicht«, murmelt meine Wenigkeit leise vor sich hin.

Ich muss ihm die Wahrheit sagen, denn so wie jetzt, kann es auf keinen Fall weitergehen.

Er wird gewiss wütend sein. Doch diese Wut ist mir lieber, als jene, welche er zurzeit zu mir hegt.

Mit bitterlicher Miene mustere ich das Schwert meines Bruders. Es sind die Umrisse eines Wolfes eingraviert und ein bestimmter Name. Der Familienname.

»Acilius ...« Sofort fühle ich mich meinem Bruder wieder ganz nah. Ruckartig erhebe ich meinen Leib vom Boden und richte mich auf. Nein. Er hätte nicht gewollt, dass ich mir weitere Feinde verschaffe.

Vielleicht wird Cesaré auf mein Geständnis auch gar nicht abwertend reagieren. Ich bin sicher, dass er an mir angetan ist und nur deshalb Abstand zu mir hält, weil er noch immer glaubt, dass ich ein Mann wäre.

Nun ärgere ich mich, dass ich nicht schon vorher das Rückgrat dazu gehabt habe, ihm die Wahrheit zu sagen. Ich bin so feige.

Eine Weile warte ich am Feuer stehend, und als er nach langer Zeit noch immer nicht zurückkehrt, folge ich ihm in den Wald. Er muss doch hier irgendwo in der Nähe sein, weit kann er nicht gekommen sein.

Nach einigen Schritten muss ich mit Schrecken feststellen, dass die beiden Gefolgsleute gar nicht am Schlafen waren und alles neugierig mitverfolgt haben. Schwach kann ich ihren Worten lauschen.

»Die Gerüchte stimmen also doch, das ist wahrlich kaum zu glauben«, meint der eine.

»Ja, ich hätte nicht gedacht, dass es stimmt. Ich bin gespannt, wie sich das mit Caeser und dem König entwickelt!« Oh weh. Nicht das auch noch. Bald halten alle meinen verstorbenen Bruder für einen Sodomiten. Ich schlucke hart.

»Vergeb mir, Bruder.«

Viel bekomme von diesem Gespräch nicht mehr mit, und bin nach einiger Zeit bereits im dichten Unterholz des Waldes verschwunden. Immer wieder rufe ich nach Cesaré, bekomme jedoch keine Antwort.

»Verdammt.« Warum musste er auch weglaufen?

»Cesaré! Eure Hoheit!«

Ich bemerke während meiner gezielten Suche nicht, wie ich dabei immer tiefer in den Wald hineinrenne.

»Hoffentlich ist ihm nichts zugestoßen, das könnte ich mir niemals verzeihen ...«

Als ich Wolfsgeheul höre, zucke ich erschrocken zusammen, kehre aber nicht um.

Es erinnert mich an Kenai.

Wieder rufe ich nach der Majestät, und es kommt auch diesmal keine Antwort. Bitte lass ihm nichts zugestoßen sein.

»Cesaré!«

Ich bemerke nicht, dass die Wölfe meine Fährte aufgenommen haben und geschickt einen Kreis um mich bilden. Als es mir auffällt, ist es längst zu spät.

Sechs Tiere haben mich umzingelt, ihre rötlichen Augen funkeln im Dunkel der Nacht.

Stark schlucke ich und fasse mir augenblicklich an meinen Gürtel. Nein. Wo ist das Schwert?

Cruelty of Life - Band EinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt