Kapitel 16 - Geheimnisse gibt es überall

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LAETITIA

Ich fühle mich mit der Situation mehr als überfordert. Mir stockt der Atem. Ich weiß nicht, was ich von diesem Mann halten soll. Was, wenn er genauso schlimm ist wie Pierre? Wie heißt er überhaupt?

Sein Blick ruht auf meinem und er scheint über irgendetwas nachzudenken. Ahnt er vielleicht, dass ich kein Mann bin? Was wird er mit mir machen, wenn er mein Geheimnis kennt? Oh je, das will ich gar nicht herausfinden.

Mich als Mann zu verkleiden gilt als unverzeihliche Todsünde und wird bestimmt entsprechend hart bestraft. Worauf habe ich mich da nur eingelassen? Ich senke den Blick und laufe flammendrot an.

Mir fällt keine gute Ausrede ein, mit der ich mich aus dieser misslichen Lage bringen kann. Dieser Mann sieht Pierre dermaßen ähnlich, dass ich ihm jede Schandtat zutraue. Ob er eine Frau hat? Wenn ja, ob er sie ebenso zur Heirat gezwungen hat wie Pierre mich?

Ich frage mich, woher die Ähnlichkeit wohl kommt. Gewiss, sie sind bestimmt, miteinander verwand, aber das erklärt nicht, dass der eine dem anderen bis aufs Haar gleicht.

»Du erinnerst mich an jemanden, einem alten Freund von mir«, meint er schließlich in Gedanken vertieft.

»Hm?«

Ich starre auf den Boden, fast so, als ob es dort etwas Besonderes zu sehen gibt, und frage mich zur selben Zeit, an wen ich ihn wohl erinnern mag. Vorerst schweige ich, weil ich gar nicht weiß, was ich sagen soll. Mir fehlen die Worte. Jedes Einzelne könnte mich weiter in Gefahr bringen.

Zumindest spricht er noch nichts davon, dass er mich für eine Frau hält. Kann es tatsächlich sein, dass ich solches Glück habe und er meine Tarnung nicht gewahrt?

»Ist dir ein Remus Acilius bekannt? Du bist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten!«

Diese Frage trifft mich wie ein Messerstich. Woher kennt er meinen Vater? Was hat er mit ihm zu tun? Im nächsten Moment könnte ich mich über meine Frage selbst Ohrfeigen. Gewiss kennt er ihn. Er ist der König. Da ich ihm jedoch nicht vertraue, beschließe ich, mich weiterhin als Caeser auszugeben.

»Ich bin Caeser, sein ältester und erstgeborener Sohn«, erkläre ich etwas schüchtern und merke, dass mein Kopf bei dieser Lüge hochrot anläuft.

Dem König scheint das zum Glück gar nicht aufzufallen. Er betrachtet mich mit zufriedener Miene.

»Du bist ein Bild von einem Mann, genau wie dein Vater in jungen Jahren.«

Ich fühle mich gar nicht wohl in meiner Haut. Er taxiert mich wie einen Gegenstand und mustert mich von allen Seiten. Er muss wahrhaftig vom anderen Ufer sein. Ich befürchte schon, dass er jeden Augenblick über mich herfallen wird.

»Ich bin froh, Euch hier zu treffen, Prinz Caeser. Ich habe ohnehin vor, mich bald mit Eurem Vater in Verbindung zu setzen, um etwas Wichtiges mit ihm zu bereden.« Sofort reiße ich meine Augen auf. Etwas Wichtiges?

»Und was möchtet Ihr mit ihm besprechen?«, frage ich höflich und doch rast mein Herz vor Angst. Mein Magen rebelliert vor lauter Furcht und ich muss mich bemühen, ruhig zu bleiben.

Vater wurde gewiss schon von Caesers Tod in Kenntnis gesetzt. Was soll ich nur tun, wenn dieser König ihm preisgibt, dass sein angeblicher Sohn in Afrika ist? Ich schlucke stark.

»Euer Vater und ich haben schon vor Jahren abgesprochen, dass Ihr meine jüngste Schwester heiraten sollt, Caeser. Sie ist um fünf Jahre jünger als ich und vertraut mir, eine wahrhaftige eine Schönheit. Sie ist ebenfalls hier im Lager, dann könnt Ihr gleich Bekanntschaft schließen!«

Cruelty of Life - Band EinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt