Kapitel 06 - Kleine Schwester

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»Ihr seid doch auch ein Mann?« Nun schmunzelt er etwas und sieht mir erfreut in die Augen.

»Ach Laetita. Ich habe gelernt, damit umzugehen«, erklärt er, und geht zusammen mit Lucius, welcher gerade mit Rucus fertig geworden ist, in sein Zelt.

Für einen kurzen Moment sehe ich den beiden noch hinterher, ehe ich meinen Blick zu Rucus wende. Gelassen schreitet er auf mich zu und haftet seinen Blick an mich.

»Wieso bist du nicht im Bett?«, fragt er etwas verärgert, da ich ihm offensichtlich nachspioniert habe.

»Ich bin dich suchen gegangen, als ich dich nicht bei mir fand«, antworte ich kleinlaut.

»Ich habe mir nur Sorgen gemacht.«

Er seufzt und legt seine Hand auf meine Wange.

»Um mich brauchst du dich nicht sorgen.«

Ich schüttele verärgert den Kopf. Er soll mir selber erst einmal erklären, wo er die vergangenen acht Tage war.

»Wo warst du die ganze Zeit über? Ich dachte schon, dir wäre etwas passiert!«

»Weg«, presst er genervt hervor und erklärt damit, das Gespräch für beendet.

Etwas enttäuscht über sein Verhalten gehe ich zurück in unser Zelt und lege mich schlafen. Rucus folgt mir allerdings nicht.

Am nächsten Abend befehle ich meinen Dienerinnen, mir Wasser für ein Bad zu bringen. Kaltes Wasser. Die Hitze in dieser Wüste ist unerträglich und mit der Zeit sind regelmäßige Kopfschmerzen vorprogrammiert. Vielleicht trinke ich auch einfach zu wenig.

Der letzte Krug mit Wasser wird in das hölzerne Becken eingelassen, während ich langsam meine Kleidung abschäle.

»Lasst mich allein«, befehle ich den Mädchen, woraufhin diese aus dem Zelt treten.

Genießend steige ich in die Wanne mit dem erfrischenden Wasser und lege meinen Kopf in den Nacken. Ein entspanntes Seufzen verlässt meine Lippen, während mein Kreislauf sich wieder bessert. Ich schließe meine Augen und gebe mich für einen kurzen Moment der stillen Dunkelheit hin.

Wenn ich nach oben blicke, ist es nicht der Himmel, welchen ich sehe, sondern glühende grüne Augen und braunes welliges Haar, welches über seine Schulter fällt. Cajus. Schweißtropfen glänzen auf seiner leicht gebräunten Stirn.

Bei jeder Bewegung fällt ein weiteres Haar über seine Schultern. Ich habe eine Hand in dieser prachtvollen Mähne vergraben. Die andere liegt auf seinen Rücken, während er sanft meine Hüften umschließt.

Wahnsinn ist es, dass er mich einerseits hält, als wäre ich zerbrechlich, wie ein Schmuckstück aus Glas, und gleichzeitig mit aller Wildheit und Leidenschaft in mich stößt. Ich genieße es.

Erschrocken wache ich mit der Hand fest gegen meine Brust gedrückt auf. Tief atme ich in unregelmäßigen Abständen durch. Was war das für ein Traum? War es überhaupt ein Traum? Ich schüttle ungläubig den Kopf und beschließe, an die frische Luft zu gehen. Die Hitze tut meinem Verstand nicht gut. Ich halluziniere.

Ich werfe mir ein hauchdünnes Kleid über und verlasse die Hütte. Selbst um diese Uhrzeit ist Rucus noch nicht zurück in unserem Bett.

»Barbar ...«, murmle ich mir selbst zu und lehne mich draußen gegen meine Hütte. Erst verschwindet er ohne Vorwarnung tagelang und dann redet er nicht einmal mit mir. Ich seufze genervt.

»Bedrückt dich etwas, mein Herz?«, reißt mich eine raue, bekannte Stimme aus meinen Gedanken. Reflexartig wende ich meinen Kopf in dessen Richtung.

»Cajus ...«, murmle ich und starre ihn fassungslos an. Warum ist er hier? In aller Öffentlichkeit? Jeder könnte ihn sehen. Ich schreite schnell auf ihn zu und presse meine Hände gegen seine Brust.

»Verschwinde! Schnell! Es ist hier alles andere als sicher für dich!«, befehle ich warnend, während ich in seinen grünen Augen gefangen bin.

»Beruhig dich, dein Gemahl ist gerade auf Jagd und der Rest ruht.«

Er zückt ein kleines Gefäß aus seiner Gürteltasche und übergibt mir dieses.

»Du musst etwas trinken, mein Herz. Dein Zustand verschlechtert sich.«
Beobachtet er mich etwa die ganze Zeit? Woher weiß er überhaupt das Rucus auf Jagd ist? Wenn er jagen geht, bekomme ich als seine Gemahlin Bescheid. Irgendetwas stimmt hier nicht. Jedoch nehme ich das Gefäß dankbar entgegen und trinke einen großen Schluck von der Flüssigkeit.

»Mhm«, seufze ich entspannt.

»Schmeckt es dir?«

»Was ist das? Es ist so süß.«

Noch nie zuvor habe ich derart köstliches kosten dürfen. Immer gab es nur Wasser.

Er lächelt mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen, ich kann es nicht beschreiben.

»Wein, kleine Schwester«, erklärt er leise, während er seine Arme um meine Taille schwingt und mich somit festhält. Schwester? Hat Cajus mich gerade Schwester genannt?

Ich bemerke, wie mir etwas schwindelig wird. Meine Sinne beginnen leicht zu betäuben. Ich fühle mich schwach, richtig müde. Was war in dem Getränk? Hat er mich vergiftet?

Innerlich bin ich am Schreien, aber mein Körper macht keine Anstalten es meinem Inneren gleich zu tun. Einzig und allein meine Augen starren ängstlich in die grünen von dem Prinzen. Was hat er mit mir vor?

»Ich werde dich wieder nachhause bringen, Laetitia Acilius.«

Er drückt mir noch einen Kuss auf mein Haar, bevor mich die schweigende Dunkelheit einholt.


Cruelty of Life - Band EinsWhere stories live. Discover now