Kapitel 19.

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So langsam verstand ich, wieso die meisten jetzt schon auf das Konzertbeginn warteten. Die meisten waren, wie Lara und ich, Internetfreunde. Sie fielen sich um den Hals und kreischten. Schon süß mit anzusehen. So süß hatten Lara und ich bestimmt auch ausgesehen. Ich verstand die ganzen Menschen hier. Internetfreunde waren super. Und wenn man sie dann mal sehen konnte, war man mehr als glücklich. Es trennten einen sonst immer hunderte Kilometer von den tollsten Menschen. Und ein Konzert war doch eine super Gelegenheit um sich zu sehen oder zu überraschen.
Ein paar von den ganzen Menschen hatte ich sogar schon mal bei Twitter gestalkt oder ich bin ihnen gefolgt. Und sie hier zu sehen, machte mich irgendwie glücklich. Auch wenn ich mit ihnen nicht mal Kontakt hatte. Ich war gerade in der Stimmung, dass mich so ziemlich alles glücklich machte. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich einfach toll und zufrieden. Und nicht auf diese angeberische Art und Weise. Für mich war gerade einfach alles nahezu perfekt. Ich hatte Lara bei mir und in ein paar Stunden würde ich Sierra Kidd live sehen. Was gab es schöneres als ein Konzert von einem guten Künstler?

Plötzlich zog Lara mich zu einer Gruppe von Menschen. Keine von ihnen kam mir bekannt vor. Also war das keiner von Twitter, zu mindestens war ich niemanden von ihnen gefolgt oder hatte sie gestalkt.
"Da ist Lisa. Die mit den blonden Haaren und den blauen Spitzen. Ich hab sie vor ein paar Wochen bei Twitter kennengelernt. Lass mal zu denen gehen und ihnen hallo sagen.", flüsterte sie mir zu.
Flüstern tat sie, weil wir fast angekommen waren und sie diese Lisa von hinten umarmen wollte, wie ich kurz darauf fest stellte.
Also war da zumindestens eine von Twitter. Naja, ich konnte ja auch nicht jeden kennen und so viele Menschen stalkte ich nun auch nicht.

Und so lernte auch ich ein paar neue Leute kennen. Ich weiß nicht, ob das jemand kennt, aber ich fühlte mich bei diesen Menschen richtig wohl, weil sie mich nicht richtig kannten und sich jetzt hier vor Ort ein Bild machen konnten, anstatt mich zu beurteilen, nur weil sie, zum Beispiel, meinen Twitteraccount kannten. Denn wenn es etwas gab, was ich wirklich hasste und richtig verabscheute, waren es Vorurteile. Und aus diesem Grund konnte ich die ganze Zeit offen lachen und manchmal konnte ich sogar mit reden, ohne mich entblößt zu fühlen. Aber zum größten Teil redeten wir eh von Sierra Kidd und anderen Künstlern, die im Rapbuisness zu tun hatten.

Zwei Stunden vergingen relativ schnell. Lara und ich verstanden uns gut mit der Gruppe und hatten Spaß. Deswegen vergaßen wir fast die Zeit. Irgendwann fiel uns nämlich auf, dass wir uns so langsam mal anstellen sollten. Bald würde dann das Konzert beginnen und wir standen sogar relativ weit vorne in der Schlange. Was so viel bedeutete wie, wir würden auch weit vorne beim Konzert stehen. Und das machte uns allesamt glücklich. Die Gruppe von Lisa war schon viel früher bei der Halle angekommen, damit sie einen guten Platz bekommen würden und da war nur zu zweit waren, ließen sie uns gleich hinter ihnen in die Reihe.

Und wir schafften es durch die ganzen Fangirls und bekamen sogar Plätze in der ersten und zweiten Reihe. Ich stand mit Lara in der ersten Reihe, weil zwei große Mädchen uns angeboten hatten dort zu stehen, weil sie uns die Sicht nicht versperren wollten. Und das was sehr lieb von ihnen. Wir standen sehr mittig und hatten einen perfekten Blick auf die Bühne. Am hinteren Rand stand ein Mischpult, wenn man das denn so nannte und an dem Tisch darunter war das Team-Logo befestigt. Ich merkte schon, wie ich langsam aufgeregt wurde. Es würde nicht mehr lange dauern und ich würde Sierra Kidd live spielen hören. Und ich konnte es nicht fassen. Das hier war mein erstes Konzert und dann gleich in der vordersten Reihe.

"Nicht umkippen, klar!" Lara lachte mir ins Gesicht.
"Wird schwer. Du weißt, wie ich mich auf diesen Moment gefreut habe. Ich meine, ich erlebe gleich mein erstes Konzert. Und jetzt ist es schon gleich soweit. Ich war lange nicht mehr so aufgeregt. Ich bin so glücklich, seit ich in Berlin bin. Und das liegt vor allem an dir. Und heute werde ich nochmal viel glücklicher." Ich grinste.
Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal die Hälfte verstanden, weil der DJ schon Musik angemacht hatte. Aber Lara lachte und umarmte mich kurz. Vielleicht hatte sie ja den Teil mit dem glücklich sein verstanden. Denn was ich gesagt hatte war mehr als wahr. Es fühlte sich zur Zeit alles richtig an. Wenn man von der Sache mit Finn absah. Aber ansonsten war alles besser geworden. Ich hatte Lara bei mir, hatte nette neue Leute kennengelernt, würde auf eine neue Schule mit neuen Mitschülern kommen und jetzt war ich auf meinem ersten Konzert. Ich wollte jeden Moment einfach nur noch genießen und Erinnerungen für mein weiteres Leben sammeln.

Auf einmal wurde die Musik abgeschaltet und es wurde schlagartig still in der Halle. Alle Gespräche waren verstummt. Wir starrten alle wie gebannt auf die Bühne. Und bevor ich ihn sehen konnte, hörte ich schon den Einsatz von Fucksleep und sah, wie Puzzle auf die Bühne trat. Hinter ihm versteckte sich anscheinend Kidd, denn gleich würde sein Part einsetzen und ohne ihn auf der Bühne wäre das schon ziemlich komisch. Er stand mit dem Rücken zu uns und sprach beim Intro mit dem DJ. Dann drehte er sich um und ich erstarrte noch ein bisschen mehr, sofern das denn noch möglich war. Meine Gedanken spielten verrückt. Ich konnte meinen Augen nicht trauen. Wieso stand Manu, aka. der Typ ,bei dem ich im Bett aufgewacht war, da vorne auf der Bühne? Genau dort, wo die Künstler stehen. Was machte der da? War er der Fotograf, die es bei den ganzen Konzerten immer gab, oder irgend ein irrer Fan,der sich auf die Bühne geschlichen hatte? Okay geschlichen war eher unwahrscheinlich, da er mit Puzzle aus dem Eingang kam und sich mit dem DJ unterhielt. Aber was war er denn dann?

Gemeinsam alleinsam (Sierra Kidd FF)Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon