12 - Vergangenheit

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Abends lagen wir wieder in diesem überhitzten Zimmer.

„Ich halt das nicht mehr aus", flüsterte ich.

Meine Haare klebten schwitzig in meinem Nacken und meine Atmung glich mehr einem Hecheln.

„Geht mir auch so", antwortete er ähnlich erschöpft.

„Wollen raus an die frische Luft und einen kleinen Spaziergang machen?", schlug ich vor, da ich langsam das Gefühl hatte zu ersticken.

Kurz herrschte Stille und ich befürchtete, dass er mir wieder eine Standpauke halten würde, dass ich mich nicht zu sehr an seine Anwesenheit gewöhnen sollte. Doch dann sagte er „Okay" und stand auf.

Ich zog mir schnell ein Kleid über und verließ vor ihm das Zimmer. In der gleichen Etage hatte auch Paul sein Zimmer. Auch wenn es bereits zwei Uhr nachts war, hörte ich noch lautes Gelächter aus dem Raum kommen.

„Da kann wohl noch jemand nicht schlafen", sagte er belustigt.

Solange sie sich nicht ins Koma soffen oder von irgendwelchen Balkon stürzten, hatte ich keine Probleme damit, wenn meine Schüler die Nächte durchmachen.

Wir liefen die Treppen nach unten. Auf dem Weg zur Lobby sah ich drei Mädchen aus meiner Klasse uns entgegenkommen. Sie erstarrten, als sie mich sahen.

„Ich glaub, ich spinne!", kam es sauer über meine Lippen. „Es ist zwei Uhr nachts. Was macht ihr draußen? Ihr sollt auf euren Zimmern sein!"

Sie wirkten angetrunken.

„Wir waren nur kurz frische Luft schnappen. Mina ging es nicht gut."

Ist klar. Ich war nicht dumm!

„Verkauf mich nicht für dumm!" Ich musste nun die Lehrerin raus hängen lassen, auch wenn ich das eigentlich nicht mochte. „Ich habe kein Problem, wenn ihr in euren Zimmer lange wach bleibt, aber es wird nicht mitten in der Nacht das Hotel verlassen und wenn es jemandem schlecht geht, dann klopft ihr an unsere Zimmertür. Ihr seid 16 und in einem fremden Land. Ich will euch nicht noch einmal in der Nacht irgendwo durch die Straßen und auch nicht durch die Fluren streichen sehen? Verstanden? Sonst geht es für euch sofort nach Hause!"

Meine Stimme war immer lauter geworden. Doch ich war verantwortlich für diese Mädchen. Wenn ihnen etwas passierte, stand ich dafür gerade.

„Ja, Frau Steward", erklang es im Chor.

„Gut und jetzt geht auf eure Zimmer!"

Ich sah ihnen hinterher, wie sie die Treppen hocheilten.

„Du kannst ja richtig streng sein" amüsierte sich Barne mit einem schelmischen Grinsen.

„In dem Fall musste ich das ja wohl, findest du nicht?"

„Doch, war richtig", stimmte er mir zu. „Früher habe ich solche Ansagen von Lehrern zwar gehasst, aber wenn man erst einmal Vater ist, dann wünscht man sich genau solche Lehrer."

Mir taten eine Worte gerade wirklich gut, denn ich war mir nicht sicher gewesen, ob ich überreagiert hatte.

„Bist du auch manchmal streng?", erkundigte ich mich bei ihm.

Ich wusste, dass ich wieder eine private Frage stellte, aber ich sehnte mich zu sehr nach mehr Informationen.

„Manchmal. Aber wir haben ein gutes Verhältnis und ich gebe ihm viele Freiheiten."

Wir traten nun an die frische Luft. Es war angenehm warm. Die Straßen waren leer.

„Ihr wirkt auch sehr harmonisch", ließ ich ihn wissen.

Barnes BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt