Kapitel 43

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"Ich bin Doktor Banks. Sind Sie die Familienangehörigen von Nick Walton?"

Der Arzt hat blonde Haare und braune Augen. Für sein Aussehen noch sehr jung. Er trägt einen weißen Kittel und hat ein Klemmbrett in der Hand.

Emily und Josh stehen auf und melden sich zu Wort.

"Ja, das sind wir. Wie geht es unseren Sohn?" fragt Josh ihn besorgt.

"Können wir hier darüber reden oder sollen wir in einen extra Raum?" fragt der Doktor.

Emily's Blick wandert vom Arzt zu mir und dann wieder zu ihn.

"Sie können sprechen." sagt sie fest.

Mein Herz erwärmt sich. Emily hat das wegen mir so gesagt. Sie weiß anscheinend, wie sehr mir Nick bedeutet. Mir läuft eine Träne runter. Einerseits, weil ich Angst habe, was der Arzt sagen wird, andererseits dankbar dafür, dass Emily mir vertraut.

"Es ist so... Mr Walton hat durch den Unfall ganz schön viel abbekommen. Er hat viele Prellungen und ein gebrochenes Bein und ein gebrochenen Arm. Dann ist der Kopf auch hart auf dem Boden aufgeschlagen, zur Folge, dass er viel Blut verloren hat und an einer Gehirnerschütterung leidet. Momentan liegt er in seinem Zimmer, schläft aber noch wegen der Vollnarkose. Wann er genau Aufwachen wird, wissen wir noch nicht. Er hat sehr viel Blut verloren. Es kann auch sein, dass er erst in paar Tagen aufwacht."

Ich bin wie erstarrt und kann mich nicht bewegen oder etwas dazu sagen. Ich fühle mich komisch. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, noch, was ich dazu denken soll. Soll ich jetzt froh darüber sein oder traurig? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.

"Josie? Josie?" Blair wedelt mit der Hand vor meinem Gesicht rum. Ich reagiere aber nicht darauf.

"Können wir zu ihm?" fragt Josh den Doktor.

Emily liegt wieder in seinen Armen und weint. Sie tut mir leid. Es ist wahrscheinlich total schlimm zu wissen, dass seinem Kind etwas passiert ist.

"Ja natürlich! Aber bitte nicht so viele. Immer nur maximal zwei Personen bitte."

Wir nicken alle daraufhin und verabschieden uns vom Arzt. Wir haben beschlossen, dass Josh und Emily zu erst reingehen, da sie ja seine Eltern sind. Lucy liegt in Jack's Armen und weint. Wir haben uns alle super verstanden. Während der Zeit sind auch Nate, Luke und Jess aufgetaucht. Jess weint auch. Mary und Blair weinen sich auch bei den Jungs aus. Alle weinen. Außer die Jungs und ich. Sie versuchen die Mädchen aufzuheitern und sagen mitfühlende Worte. Trotzdem kann man erkennen, wie es ihnen etwas ausmacht. Und ich? Ich kann nicht weinen. Es ist so, als ob mein Vorrat an Tränen und Gefühlen verbraucht ist. Ich sitze nur da und starre vor mich hin.

"Jack, Nate, Luke? Könnt ihr die Mädchen nach Hause bringen? Es ist spät und wir haben morgen noch Schule." sage ich ruhig.

"Aber-" setzt Luke an.

"Nein. Sie hat recht. Josie und ich warten hier und ihr geht euch ausruhen. Wir werden euch informieren, falls er heute noch aufwacht." sagt Jess.

Nach einer kurzen Diskussion gehen die anderen und Jess und ich bleiben zurück. Es herrscht Stille.

"Wie geht es dir?" fragt sie mich nach einer Weile.

"Wie soll es mir gehen?" stell ich ihr eine Gegenfrage.

Einen Moment lang herrscht wieder Stille. Niemand sagt etwas. Es ist einfach nur ruhig, bis ich ein Schluchzen wahrnehme. Jess sitzt nach vorne gebeugt mit Ellenbogen auf den Beinen und Händen im Gesicht und weint.

"Jess, weine nicht... Ich wette, er wacht bald auf." versuche es sie zu beruhigen und streichle ihren Rücken.

"Das... Das ist es doch garnicht!" sagt sie auf einmal.

Wie? Nicht? Was ist denn sonst los?

"Es geht darum, dass ihr nicht mehr zusammen seid! Weißt du..? Nick liebt dich wirklich! Er hat das alles nur gemacht, weil er dich beschützen wollte. Er hat sich die ganze Zeit Vorwürfe gemacht! Er meinte, dass wegen ihm die Entführung entstanden ist. Er meint, dass er dich nicht verdient hat, wenn er nicht mal auf dich aufpassen kann! Am Abend, wo er mit dir Schluss gemacht hat, war er so ziemlich zerstört. Er ist am Abend zu mir ins Zimmer gekommen und hat sich ausgeweint. Er hat nur die ganze Zeit von dir erzählt. Wie hübsch du doch bist, und wie klug, und wie witzig... Es fällt mir so schwer dich anzusehen, weil ich weiß, dass Nick das nicht mehr kann und ich schon. Ich fühle mit ihm! Und es tut einfach weh, euch so zu sehen..."

Während sie redet fallen mir wieder etliche Tränen. Ich wusste nicht, dass er sich Vorwürfe gemacht hat. Was bin ich nur für eine Freundin, wenn ich nicht mal das bemerke? Ich habe ihn nicht verdient! Und nicht er mich nicht! Ich bin eine schlechte Freundin gewesen! Er hat mir immer Überraschungen gemacht, wie zum Beispiel das Date oder die Kette, und ich? Ich habe nichts für ihn getan. Nichts! Ich habe ihn nicht verdient...

Aber nein, das wird sich ändern. Ich werde bei ihm bleiben. Ich werde alles mit ihm klären. Vielleicht kommen wir dann wieder zusammen...

WEIL ICH DICH LIEBEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt