Kapitel 6.2: Benefiz - Nisha's Sicht

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"Lass uns von hier verschwinden!", murrte Alexej Rudnik und schaute mich mit kalten, leeren Augen an. Im Lauf griff er nach meinem Handgelenk. Sein Druck war kräftig, so wütend war er. Ich wagte es nicht mich zu wehren. Hätte ich mich doch nie an diese Seele geheftet. Diese leuchtende, junge, aufstrebende Seele, jenes Mannes, der uns das Leben rettete. Hätte ich mich doch nie darauf eingelassen. Dann würde ich jetzt nicht hier sein. Den Tränen nahe und mit Sekt überschüttet. Auf meinem geliehenen Kleid. Wenn ich einfach nur zu Hause geblieben wäre, hätte sich jener Mann nicht derart mit seinem Vater gestritten und er würde mich jetzt nicht von der Veranstaltung zerren.

Aber... was ist eigentlich passiert? Wer bin ich, dass ich es wage mich in diesem Leben einzumischen?

Ich bin Nisha. Einfach nur Nisha. Eine überlebende und gerettete Seelensammlerin. Mein kleiner Bruder und ich leben auf kosten der Familie Patel im ruhigen Dorf Cleamore. Etwa eine halbe Stunde von Altin entfernt.

Als ich diesen Alexej Rudnik, dass erste mal traf, lag ich dem Tode nahe im Krankenhaus. Er war mein behandelnder Arzt. Ich erinnere mich an kurze Wachzeiten. Er kümmerte sich hingebungsvoll aber diskret um unsere Wunden. Nach allem was ich durchmachen musste, war ich froh nicht darüber reden zu müssen. Ein Seelensammler ist in dieser Welt nicht mehr als ein Werkzeug. Ein Werkzeug für Dämonen. Sie ernähren sich von den Seelen, die wir sammeln. Wir bringen ihnen Macht und sie geben uns Schutz. Doch zu welchem Preis. Von Unterdrückung, Gewalt, Strafen und Vergewaltigung war alles dabei. Sie taten alles, dass ein Sammler genug Angst hatte, um nicht aufzubegehren. Um sich abhängig zu machen. Unserer natürlich hohen Resistenz und niedrigem Schmerzempfinden war es zu verschulden, dass wir diese Tortur über Jahre hinweg erdulden musste. Gäbe es da nicht die Familie Patel. Denn diese unterstützt über Förderprojekte Dinge, die an Wunder grenzen. So auch das Sammler-Projekt. Das waren freie, nicht an einen Vertrag gebundene oder versklavte, Sammler die gegen die Unterdrückung ihrer Artgenossen kämpften und sie aus den Fängen der Dämonen Clans befreien. Mein Bruder Nate und Ich hatten das unglaubliche Glück gerettet zu werden. Und dieser Arzt nahm sich unsere zahlreichen Verletzungen und innere Wunden an. Er rettete uns das Leben.

Als ich damals in den Bus ein stieg, um nach einigen Wochen der Heilung, in die Außenwelt zu begeben überkam mich die Angst. Angst etwas falsch zu machen und bestraft zu werden. Ich war so sehr eingeschüchtert, dass ich diese eine strahlende Seele unter tausende wieder erkannte. Das war der Arzt. Dieser Rudnik. Ich windete mich wie eine Katze durch die Menge und griff erleichtert nach seiner Armbeuge. Welch Glück ich doch hatte, den netten Arzt hier zu treffen. Ich musterte seine Spiegelung im beschlagenen Fenster des Buses. So eine wunderschöne Seele. Voller Ideen und Tatendrang. Hart arbeitend und doch etwas melancholisch. Sie gefiel mir. Ein tiefes räuspern seinerseits riss mich aus den Gedanken. Er nickte zu dem freien Platz vor sich. Wollte er, das ich mich setzte? Als ich überlegte seinem Wunsch nachzugehen ging plötzlich alles so schnell. Ich klammerte mich an seinem Arm und wurde von den Massen mit gerissen. Die Seelen der Menschen gerieten in Panik. Wütende Stimmen klangen an mein Ohr. Sie hatten Angst ihren Ausstieg zu verpassen. Außer Atem drückte ich mich an seinen Arm. Er war mindesten genauso überrascht wie ich, als er mich aus der Umklammerung löste. Das war mir so unangenehm.

Jedenfalls kam es durch das Vorlaute Mundwerk meines Bruders dazu, dass wir gemeinsam in einem sehr teuren Restaurant essen gingen. Verdammt. Ich dachte ich fall aus allen Wolken, als ich sah wie teuer die Gerichte waren. Aber diesen Rudnik schien das nicht zu stören. Wir bestellten die billigsten Gerichte auf der Karte. Es kam zu einem Gespräch. Bei dem wir uns über unsere Fähigkeiten unterhielten. Da war es. Dieser dunkle Schatten auf seiner Seele. Wenn es um den Umgang seiner nekromantischen Fähigkeiten ging, war seine Seele wie zugeschnürt. Es stimmte ihn traurig. Plötzlich ein Strahlen. Seine Seele schimmerte vor Hoffnung und der Mann sah mich begeistert an.

Alexej Rudnik -  Bekenntnisse eines NekromantenWhere stories live. Discover now