Kapitel 6.1: Benefiz - Alexejs Sicht

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Ich schaute sie an. Meine Augen fixierten ihre Lippen. Gierig nach einer Antwort. Der Löffel in ihrer Hand fiel klirrend auf den Tisch. Ich blinzelte. War ich zu forsch?

"W...wie bitte?"

Ich war es wohl. Sie erschien mir sichtlich verwirrt. Nein. Sie war überrascht. Es ging wohl zu schnell.

"Ich will bei einem Projekt teil nehmen. Meine Wiederbelebungsansätze scheinen zu überzeugen. Aber es fehlt ihnen an Reife. An Charakter.", ich musste sie wohl ziemlich anstarren. Sie traute sich nicht mich anzusehen, "Mit der Kombination unserer beiden Fähigkeiten, könnten wir vieles erreichen. So viele Tote, die zu früh und mit zu vielen guten Ideen im Kopf von uns gegangen sind. Sie haben eine zweite Chance verdient.", ich merkte nicht einmal wie ich ins schwärmen geriet, "Ich bin ein hervorragender Chirurg. Meine Auswahl an Körperteilen und Organen ist exquisit. Mit deinem Blick auf die Seelen, erfahren wir ob da gute oder böse Absichten dahinter stecken. So könnten wir immer sicher sein keinem Gaunern zu helfen. Du kannst doch bereits verstorbener Menschen ihrer Seele annehmen oder?"

Sie schaute mich mit einer Mischung aus Entsetzen und Panik an. Ich seufzte frustriert. Ich habe übertrieben. Das wars dann wohl. Meine Schwärmerei hat sie verschreckt.

"Woah~", quiekte der Junge aufgeregt in seinem Stuhl. Er schaute mich fasziniert an. "Nisha! Das musst du machen. Stell dir nur vor. Du kannst damit so richtig coole Leute wieder holen. Und so richtig cool arbeiten."

Ich blinzelte verwirrt. Cool war nicht grade das Wort was ich mit meiner Arbeit verband. Ich räusperte mich verlegen und versuchte nicht mehr so aufdringlich zu sein.

"Wir sollten das Essen nicht kalt werden lassen...", sprach ich. Meine Stimme vibrierte vor Ungeduld. Das konnte ich deutlich spüren. Ich schnitt das Rumpfsteak an und legte es mir in den Mund. Es war kalt. Widerlich. So lange hatte ich doch gar nicht geredet, oder? Der kleine Nate erklärte seiner Schwester aufgeregt, was diese Verbindung für Vorteile hätte. Klingt als hätte ich doch noch eine Chance. Zumindest war er hellauf begeistert von meiner Idee. Sie wäre der einfachste Weg an diesen Job zu kommen. Ich schaffe nicht nur eine neue Zukunft, sondern auch Arbeitsplätze. Das ist doch etwas, was ein Gentleman tun würde, oder?

Ich beobachtete die Frau. Sie aß schweigend ihre Suppe während sie ihrem Bruder zu hörte. Die beiden konnten also meine Seele lesen. Sie mussten sicher bemerken wie aufgeregt ich war. Innerlich fühlte ich mich wie ein kleiner Junge kurz vor Weihnachten. Ich aß mein kaltes Steak auf und tupfte mir die Mundwinkel ab bevor ich einen Schluck trank.

"Nun... Sie können es sich ja überlegen. Diesen Freitag ist die Benefizveranstaltung im Krankenhaus. Eine große Wohltätigkeitsfloskel der Familie Patel unter der Leitung meines Vaters. Zu meinem persönlichen Bedauern muss ich, als Leiter der Chirurgie, daran teilnehmen." Ich schwieg kurz. Die letzten Jahre hatte ich immer Geld gespendet. Mir war das Wohl der Menschen wichtig, aber Gesicht zeigen war mir häufiger eine Last, als eine Bürde. Ich hörte das leise kratzen auf dem Tellerboden neben mir. Sie trank von ihrem Getränk und sah mich an. Ihre Augen schimmerten.

"Sie wollen mich benutzen diesen Job zu bekommen und laden mich nun ein Ihre Begleitung auf dieser Veranstaltung zu sein?"

Ich blinzelte sie verwirrt an. So offensichtlich hatte ich mich nicht eingeschätzt. Ich räusperte mich und sah sie an: "Nun... Ich kann dem nicht widersprechen. Aber ich kann Ihnen, sollten Sie meine Vision teilen, einen festen Job bieten. Das Team wäre vorerst klein gehalten. Die Arbeit im Zentrum gut erreichbar und vor allem in unserem Tempo machbar."

Sie konnte meinem Blick nicht stand halten, so lodernd musste er sein. Sie schaute weg. Ich sah wie sich ihr Körper verkrampfte und sie sich plötzlich erhob.

Alexej Rudnik -  Bekenntnisse eines NekromantenWhere stories live. Discover now