21 - Wer bist du?

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„Und? Was machen wir heute?"

Kaum habe ich meine Augen geöffnet, schwebt Heiß aufgeregt vor mir durch die Luft. Er scheint so viel Energie zu haben, dass er sogar mehrere Salti schlägt und sich an komplizierten Schrauben versucht.

Oh man. Gutgelaunte Frühaufsteher können echt anstrengend sein.

„Was hältst du davon, wenn wir uns mal die anderen Ruhepunkte anschauen?", schlägt Heißer vor. Im Gegensatz zu seinem Bruder hockt er am Fußende meines Bettes und schaut mich aus seinen großen, dunklen Kulleraugen an.

„Ich habe mich letzte Nacht mal ein bisschen in der Unterweltsiedlung umgehört", wechselt Heiß plötzlich das Thema, „und es gibt sehr viele Seelen, die gerne mal mit dir sprechen würden, Hailee. Sie alle vertrauen in dich und deine Ratschläge."

Wäre ich nicht so müde, würde ich mich vielleicht geschmeichelt fühlen, aber jetzt gerade wünsche ich mir einfach nur meine Ruhe und eine weitere Portion Schlaf.

Nachdem ich Lucifer und Pinkabella gestern Abend belauscht habe, lag ich noch sehr lange wach in meinem Bett. An Schlaf war überhaupt nicht zu denken, denn meine Gedanken sind nicht nur Karussell, sondern auch Achterbahn mit Loopings gefahren.

„Wir können dir sonst aber auch gerne unsere neuen Tricks zeigen, wenn du lieber im Schloss bleiben willst", plappert Heiß unbeirrt weiter. „Dieses Mal haben wir uns echt selbst übertroffen. Glaub mir, Hails, das wird krass! Und spektakulär!"

Ich seufze erschöpft. Auch wenn ich die beiden Drachen nicht enttäuschen möchte, murmele ich: „Ich werde gleich erstmal mit Lucifer sprechen. Ich denke, das ist schon längst überfällig."

Plötzlich ist es mucksmäuschenstill im Raum. Sogar so leise, dass ich meinen eigenen, schnellen Herzschlag hören kann.

Während mich Heißer mit einem überraschten Blick bedenkt, vergisst Heiß vor lauter Überforderung mit seinen Flügeln zu schlagen und plumpst direkt neben mich auf mein Kopfkissen.

„Du ...", stammelt er. „Du willst echt mit Lucifer reden?"

Auch wenn ich Angst davor habe, dem Teufel unter die Augen zu treten, nicke ich. Ewig kann ich ihm schließlich nicht aus dem Weg gehen.

„Okay, wow." Heiß klettert auf meine Schulter und lässt sich unterhalb meines rechten Ohrläppchens nieder. „Damit habe ich nicht gerechnet."

„Ich auch nicht!", pflichtet Heißer seinem Bruder sofort bei. „Aber ich finde es gut, dass du mit ihm sprechen willst. Ihr müsst endlich eure Differenzen klären."

Heiß nickt zustimmend. „Sollen wir mitkommen und dir zur Seite stehen?"

„Falls Lucifer blöd ist, können wir ihn ja anspucken oder-"

Ich hebe schmunzelnd meine Hand, damit die beiden Drachen verstummen. Natürlich ist es süß, dass sie zu mir halten und mir ihre Hilfe anbieten, aber das Gespräch mit Lucifer muss ich allein meistern. Diese Bürde kann und soll mir niemand abnehmen.

„Danke", lächele ich Heiß und Heißer ehrlich an. „Ich werde euch später erzählen, wie es gelaufen ist, okay?"

Zwar sehen die Drachen enttäuscht aus, doch sie stimmen mir mit einem brummenden Geräusch zu.

Das ist mein Zeichen, um mich aus dem Bett zu kämpfen und mir ein luftiges Sommerkleid, das mit einem hübschen Blumenmuster bestickt ist, überzuziehen.

Wenn es einen Vorteil an der Hölle gibt, dann ist es eindeutig mein neuer Kleiderschrank, der zu hundert Prozent meinem Style und Geschmack entspricht!

Bis dass Lucifer uns scheidetWhere stories live. Discover now