4 - Surprise

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Der Mann sitzt in einem Kaffeehaus an der Hauptstraße und beobachtet das gegenüberliegende Polizeirevier. Die Polizei hat 'seine' Touristen gefunden und danach tatsächlich zwei Frauen verhaftet. Sollte es möglich sein, dass sie beide hier sind? Er wirkt nervös; zufrieden von Vorfreude auf seine langersehnte Rache.

"Bald, meine liebe Zoya, bald werde ich bei euch sein können", murmelt er zu sich.

"Das ist ein schöner Name", sagt die Bedienung, als sie mit der Kaffeekanne neben ihm steht. "Noch etwas Kaffee?"

"Ja, bitte", er schiebt seine Tasse in ihre Richtung, sie gießt ein. "Danke. Sie haben mir zugehört?"

"Zufällig, ja. Entschuldigen Sie. Der Name hat mir gefallen. Darf ich fragen, wer Zoya ist?"

"Sie war mein Engel auf Erden; die Mutter unseres Sohnes; meine geliebte Frau - vor vielen Jahren."

"Das klingt sehr traurig." Die Klingel bei der Tür bimmelt. Sie dreht kurz den Kopf, blickt dann aber wieder den Mann an, der seltsamerweise zum Fenster zu sprechen scheint, sie nicht mehr beachtet.

"Ja. Trauer." Der Mann blickt aus dem Fenster. "Und Wut."

"Ich wünsche Ihnen viel Kraft." Die Bedienung verlässt ihn, weil eine andere Kundin das Lokal betreten hat und an der Theke steht. Nur einmal dreht sie traurig den Kopf zurück, dann setzt sie ihr gewinnendes Lächeln auf. Sie kennt die Kundin.

"Frau Rektorin! Guten Morgen, Natalie - was kann ich dir geben?"

"Gib mir eine Latte, Dorothy."

"Zucker schon drin?"

"Gerne, danke. Dazu nehme ich einen von diesen leckeren Zimt-Muffins." Der Geruch dieser frischen Muffins liegt wie ein verführerisches Parfüm im gesamten Raum. Keine Nase kann sich ihm entziehen.

"Kommt sofort. - Kalt heute."

"Ja; und es wird noch kälter werden", murmelt Natalie leise.

"Was?" Der Milchschäumer der Kaffeemaschine zischt zu laut, Dorothy dreht den Kopf zu Natalie.

"Die Wettervorhersage spricht von Polarkälte, die bis zu uns vorstoßen soll. Tiefe Minustemperaturen werden vorhergesagt."

"Ich muss mir einen Job in Florida suchen", scherzt die Serviceangestellte. "Diese Kälte ist nichts für mich."

"Oder New Mexiko?" Die beiden Frauen lachen. "Ja, ich habe es auch lieber heiß. Aber die Arbeit hat mich hierher gebracht. - Wer ist der Kerl da drüben? Er sieht traurig aus."

"Irgendwie unheimlich. Faselt etwas von seiner toten Frau und dass er sie bald wiedersehen werde." Dorothy schüttelt den Kopf. Sie schiebt die Latte und den Muffin über den Tresen.

"Danke dir, wie viel bekommst du?"

"Neun, bitte."

"Hier sind zehn, Rest für dich. Ich wünsche dir einen angenehmen Tag."

"Vielen Dank; für dich auch." Sie lächelt ihre Kundin freundlich an.

Natalie nimmt ihren Kaffee und den Muffin, dann schlendert sie in Richtung hinterem Ausgang, zur Main. Als sie am Tisch des Mannes vorbeigeht, bleibt sie einen Moment stehen. "Du sinnst auf Rache. Wenn du sie erhalten willst, solltest du vielleicht mit mir reden."

Der Mann blickt sie an, sagt lange nichts, fühlt seine Hände kalt werden, blickt ihr dann direkt in die kalten, blauen Augen. "Das haben mir schon viele versprochen. Und niemand kann mir helfen."

"Wie du meinst. Es ist deine Entscheidung. - Suche die Tochter." Natalie schreitet zur Tür. Als sie rausgeht, weht ein warmer Luftzug herein, trotz des eisigen Winters.

BlutjungWhere stories live. Discover now