Kapitel 4

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Kai

Müde betrat ich den Unterricht. 

Die letzte Nacht hatte ich wieder einmal kaum geschlafen. Ich hatte bis früh am morgen Gerichtliche Dokumente gelesen und sortiert. 

Zwischenzeitlich hatte ich sogar darüber nachgedacht einfach alles hin zu schmeißen, doch Ian vertraute darauf, dass ich ihn nicht bei einer Suchtkranken Frau ließ. 

Ich wusste, dass er angst hatte auch wenn er das niemals so sagen würde. 

Ehrlich gesagt hatte ich auch schon darüber nachgedacht mir Urlaub zu nehmen. Dann könnte ich mich in Ruhe auf Ian und den Prozess konzentrieren, aber dann könnte ich Zayn nicht länger quälen. 

Seitdem Grace in London war nahm ich ihn noch mehr ins Visier als vorher. 

Es waren erst einige Wochen aber es genügte um ihn spüren zu lassen, dass er durchfallen würde. Auch heute würde ich ihn das wieder spüren lassen. 

Nicht zuletzt, weil er Graces Namen öfter in meinem Unterricht erwähnte als, dass er sich beteiligte. Er sprach mit seinen Freunden dauernd über sie und ehrlich gesagt störte mich das. 

Andererseits fand ich es auch irgendwie lustig, dass er noch immer derartig besessen von Grace war, dass er selbst 6 beinahe 7 Wochen nachdem er sie das letzte mal gesehen hatte über sie sprach. 

Da Grace vor ihrem Umzug 4 Wochen suspendiert gewesen war und dann anschließend trotzdem nicht kam war es wirklich lustig mit anzusehen. 

Wenn ich könnte würde ich dafür sorgen, dass er in jedem Fach durchfiel. 

Und dabei würde ich nicht einmal wirklich sagen, dass ich ein direktes Problem mit Zayn hatte. 

Okay...das war gelogen. 

Aber ich sollte vermutlich so Professionell wie möglich bleiben, auch wenn ich ihn am liebsten in ein anderes Land verschiffen würde. 

Obendrauf kam die Tatsache, dass er Ian angegriffen hatte und ich würde meine Niere darauf verwetten, dass er wirklich glaubte diese Aktion hätte ihm irgendwas gebracht.

Wie ich diesen Idioten hasse. 

Plötzlich legten sich die Blicke meiner Schüler auf mich. 

Verdammt, hatte ich etwa laut gedacht? 

Ich räusperte mich Augenblicklich, nicht wissend wie ich das am besten erklären sollte. Also entschied ich mich einfach so zu tun als hätte ich nichts gesagt. 

Das kam mir am vernünftigsten vor. 

„Ich hoffe ihr habt gut für die Klausur gelernt" sagte ich stattdessen und stellte meine Sachen auf meinem Pult ab. 

Manche der Schüler sahen aus als würden sie heute zum ersten mal das Wort Klausur hören, obwohl wir in den letzten drei Wochen eigentlich über nichts anderes gesprochen hatten. 

Andere wiederum sahen aus als hätten sie seit dem Tag ihrer Geburt für nichts anderes gelernt. 

Ich hatte früher immer zu der erst beschriebenen Hälfte der Klasse gezählt. An meine Schulzeit konnte ich mich kaum erinnern aber ich wusste, dass ich nie auch nur für eine einzige Prüfung gelernt hatte. 

Trotzdem war ich irgendwie Lehrer geworden. 

„Bringt bitte eure Handys nach vorn" sagte ich und nachdem die Schüler ihre Handys vorne auf einem Tisch abgelegt hatten begann ich die Klausurbögen auszuteilen. 

Ehrlich gesagt war ich froh darüber, dass meine einzige Aufgabe heute war hier zu sitzen und praktisch gesehen nichts zu tun. 

Mit der Ausnahme, dass ich Zayn so nervös wie möglich machen wollte. Vielleicht würde ich ihm also meine gesamte Aufmerksamkeit widmen und somit dafür sorgen, dass er sich kaum konzentrieren könnte.

Andererseits hatte ich wirklich besseres zu tun. Zum Beispiel mal endlich auf die unzähligen Nachrichten zu antworten welche ich in der letzten Zeit bekommen hatte. 

Viele der Nachrichten waren von meiner Mutter, manche waren aber auch die eines Freundes. 

Kyle Scott.

Wir waren auf der selben Uni gewesen und irgendwie waren wir noch immer mehr oder weniger Freunde. 

Ich wusste, dass er mittlerweile in London Unterrichtete und ich wusste auch, dass mir das einen eventuellen Vorteil verschaffen könnte. Durch ihn und seine Beziehungen, könnte ich Ian möglicherweise an einer guten Schule unterbringen und er könnte mir ebenfalls im Bezug auf eine Wohnanlage behilflich sein. 

London war immerhin verdammt Teuer. 

Also hatte ich ihn vor einer Woche kontaktiert und er hatte mir eigentlich sofort geantwortet. Doch irgendwie hatte ich es bisher noch nicht geschafft ihm wieder zu antworten. 

Es fühlte sich merkwürdig an jemanden um einen Gefallen zu bitten den man so gut wie nie persönlich sah. 

Während also die Schüler die Klausur schrieben, saß ich hinter meinem Pult und las mir nun seine Nachrichten endlich durch.

Es war mir egal ob meine Schüler in der Zeit spickten, denn die meisten schrieben trotz eines Spickers sowieso eine schlechte Note. 

Dies erklärte ich mir damit, dass die Schüler dann immer wieder von ihrem Blatt aufsahen um zu überprüfen ob sie erwischt wurden. Im zuge dessen unterliefen den meisten dann Flüchtigkeitsfehler. 

Ich sah von einen Moment von meinem Handy auf und mein Blick wanderte Automatisch auf den Platz in der zweiten Reihe der seit Wochen leer war. 

Sie fehlte mir unfassbar. 

Ich sah sie nicht mehr jeden Tag persönlich und das sorgte für Sehnsucht in mir. Es war etwas anderes ob jemand bloß in eine andere Stadt zog oder doch in ein ganz anderes Land. 

Und eines stand fest, ich hatte definitiv unterschätzt wie ich mich damit fühlen würde. 

Natürlich waren es bisher noch nicht einmal zwei Wochen, doch wenn man über einen längeren Zeitraum beinahe jeden Tag mit einer Person verbrachte, war es eine Umstellung wenn man dies auf einmal nicht mehr tat.

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(875 Wörter)

:)

Teacher - A secret affairWhere stories live. Discover now