11.

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Margaret

Viel Zeit rot zu werden blieb mir nicht. Schon hatte er sich sein Überhemd vom Körper gerissen und stürmte ins Wasser. Ins äußerst kalte Wasser wohlgemerkt. Man hörte es spritzen und plantschen und auf einmal war ich nass. Nicht doll aber es war unangenehm.

'Nun komm doch auch ins Wasser Margaret!'

Er gluckste, weil er nicht daran glaubte. Schließlich war es ziemlich unangebracht für eine feine Dame mit einem Mann, der nicht der Ehemann war zu baden. Kurz überlegte ich, doch ich kam zu dem Schluss, dass ich keine feine Dame war oder jedenfalls nicht sein wollte und dass ich die Freiheit endlich spüren wollte, von der in den vielen Büchern geschrieben wurde und, die der Pfarrer mir seitdem ich klein war nahegelegt hatte.

Und so streifte ich mir das Kleid vom Leib, sodass ich nur noch im Leinen dastand und sprang zu Raphael ins kühle Nass. Er war nicht wenig erstaunt und für einen kurzen Moment huschte ein Hauch von Euphorie über sein Gesicht, doch schon tauchte er ins Wasser ab und verschwand.

Während ich noch gefesselt von seinem Blick vor mich her träumte bemerkte ich gar nicht, wie lange er schon unter Wasser war. Doch dann wurde mir doch mulmig. Wo war er denn bloß? Es müssten doch wenigstens Luftblasen zu sehen sein...

'Raphael?'

Meine Stimme knackste weg, ich war es nicht gewöhnt zu rufen. Ich bräuchte noch einen Anlauf.

'Raphael!?'

Nix. Keine Reaktion. Keine Luftblasen.

'Raphael! Wo steckst du? Das ist nicht lustig!'

Nun wurde ich doch panisch. Wie sollte ich bloß Vater erklären, dass er beim Baden verschwunden ist? Und Mary...

Ich fing an zu zittern und zu frieren zu lange watete ich durch das Wasser. Als plötzlich ein paar warme Hände meine Hüfte packten. Mein Kopf schnellte herum und ich sah in ein Paar Augen wie Bernstein. Raphaels.
Durch meinen Kopf schossen tausend Gedanken. Wir waren eigentlich gerade viel zu nah...
Sein Blick durchbohrte mich förmlich, er war sinnlich und ruhig.

'Ich weiß ich sollte das nicht tun. Verzeih mir, ich bin unwürdig.'

Was sollte er damit meinen? Gerade als ich meinen Mund öffnen wollte um zu fragen, wurde er von ihm geschlossen. Sein Finger ruhte auf meinen Lippen, die sicherlich ganz blau und zittrig von der Kälte waren, und er wanderte langsam über sie. Ich spürte die Hand an meiner Wange entlang fahren und mir wurde heiß und kalt.
Langsam kam sein Gesicht näher und näher. Ich spürte seinen heißen Atem auf meine kühlen Haut und sah jeden Winkel seines perfekten Gesichts.
Nun war es nicht mehr sein Finger, der meine Lippen schloss es waren seine vollen, rosigen Lippen, die auf meinen ruhten. Erst verharrte er, um meine Reaktion ab zu warten. Doch ich wollte mehr als dieses Verharren. Und so war er kaum zu halten, die Leidenschaft durchströmte uns und er schob seine Hände unter meine Unterschenkel und hob mich hoch.

Wenn uns irgendjemand so gesehen hätte: nass, frierend und eng umschlungen, dann wäre derjenige wohl in Ohnmacht gefallen.
Was ich hier tat war nicht richtig, es war sogar gefährlich und riskant, dennoch, es fühlte sich richtig an und außer einem leidenschaftlichen Kuss geschah ja nichts.

Gefühlte Stunden rührten wir uns nicht vom Fleck.

'Du frierst ja.'

Sofort war ich in seinen starken Armen und er trug mich hinaus aus dem "kühlen Nass".
Er setzte mich an den Baum, wo ich so für mich her zitterte und warf mir mein Kleid zu.
Ich wrang den nassen Stoff des Unterkleides aus und striff mir das warme Überkleid über. Raphael kam schon mit einer großen warmen Decke. Behutsam hüllte er mich hinein während ich mit ansehen durfte wie er seinen Adoniskörper wieder verpackte. Neben ihm wirkte Henry schlaksig und dumm. Raphael war der Inbegriff eines perfekten Mannes und er ...
Er war verheiratet. Das sollte ich nun auch bald. Hatte das eine Zukunft? Hat er mich überhaupt gerade wirklich geküsst?

Ich wusste gar nichts mehr in diesem Moment. Doch ich spürte noch immer seine Lippen auf meinen und während ich noch so nachdachte, schlüpfte Raphael zu mir unter die Decke und wärmte mich mit seinen Armen und fuhr mit seinen Fingern durch meine noch klammen Haare.

Wie schön dieser Moment doch war.

GreensleevesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt