20. In Gefangenschaft

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Kaja entwich das Blut aus dem Gesicht, während ihr Herz so laut klopfte, als müsste es alles andere übertönen. Steif drehte sie sich der Wache zu und erkannte Karemmor.

„Wenn ihr geht, dann könnt ihr erst morgen wieder hinein. Das Tor wird jetzt geschlossen."

„Ja, danke. Das werden wir im Kopf behalten."

„Wie ihr wollt, feine Damen, aber glaubt nicht, dass ihr bei mir betteln könnt, wenn ihr es euch anders überlegt."

Kaja nickte andächtig, worauf Karemmor sie aus seinem Griff zu Alina entließ. Die beiden Frauen konnten Ravasche nicht schnell genug hinter sich lassen. Kaum waren sie außer Sichtweite der Stadt, rannten sie im Zickzackkurs, von Deckung zu Deckung. So lange bis sie sie nicht mehr konnten und schleppten sich dann weiter, bis der Morgen graute.

Vor ihnen ragte eine Gruppe Dornenbüsche aus dem Boden. Alina zeigte darauf und meinte:

„Ich glaube nicht, dass sie uns mit Hunden verfolgen, sonst hätten sie uns zu Pferd längst eingeholt. Ruhen wir uns hier aus."

Kaja nickte müde und erwartete eine Standpauke, die nicht kam. Das Schweigen klang laut in Kajas Ohren. Alina breitete ihr Schlaflager aus, ohne sie anzusehen, und kämmte dann ihr Haar.

„Möchtest du mir etwas sagen?"

„Wozu etwas sagen, Kaja, wenn du sowieso nicht zuhörst? Es ist, als würde ich mit einer Wand sprechen und das ist reine Energieverschwendung."

„Ich habe nur aus Notwehr gezaubert und es war ein sehr einfacher Zauber", verteidigte sich Kaja, gegen einen unausgesprochenen Vorwurf.

„Ein einfacher Zauber?" Alina hob fragend eine Augenbraue.

„Ja. Erst versuchte ich den Transportzauber zu wirken, aber da waren Magie-Hemmer. Also musste ich etwas Einfaches auswählen."

Alina schwieg und räumte ihren Kamm weg. Kaja führte trotzig weiter aus, als wollte sie sie herausfordern: „Ich habe an Naril gedacht, als er gegen die Vollstrecker gekämpft hatte. Da hatte er den Staub bezaubert, um sich zu schützen. Und wenn das mit Staub geht, muss es auch mit Rauch gehen."

„Hmm, ja." Alina trank ein paar Schlucke aus dem Trinkschlauch und reichte ihn Kaja weiter. Doch sie nahm ihn nicht an und schrie:

„Ist das alles, was du dazu sagen willst?"

Alina verstaute den Trinkschlauch und stand auf. Sie sah Kaja in die Augen. Ihr Gesicht war ernst.

„Was möchtest du von mir hören? Dass ich mich darüber freue, dass wir glimpflich davongekommen sind. Ja, das tue ich. Oder soll ich lügen und sagen, dass ich es gut finde, dass du gezwungen warst zu zaubern, weil du mich hintergangen hast?"

„Sag mir einfach, was dich wirklich stört!", entgegnete Kaja wütend, ohne zu wissen, warum sie wütend war.

„Mich stört, dass du es für notwendig hältst, mich anzulügen. Ich weiß, wir machen harte Zeiten durch, aber mich so zu hintergehen und uns beide dadurch in Gefahr zu bringen, ist nicht nur unverantwortlich, sondern auch verletzend."

„Ich konnte Drachenzorn nicht zurücklassen. Das ging nicht." Kaja blinzelte ihre zornigen Tränen aus den Augen.

„Ich verstehe, wie du dich fühlst. Aber wir sind auf der Flucht und da können wir nicht nach unseren Wünschen handeln, sondern nach den Zwängen. Manchmal müssen wir etwas tun, auch wenn wir es nicht wollen, um zu überleben."

Kaja schüttelte den Kopf. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten.

„Ich bin kein Idiot. Und hör auf das schönzureden. Hier geht es nur darum, dass du meine Magie verabscheust. Deswegen hattest du mir das Zaubern verboten, kaum war Naril aus dem Weg. Daher sollte ich Drachenzorn zurücklassen. Ein magisches Schwert."

Quellen der Traurigkeit - Die Legende von Kaya Band 1Where stories live. Discover now