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George

,,George?'' holte mich Mitchs Stimme zurück in die Realität.
,,Hm?'' machte ich, da ich alles der letzten Minuten nicht mitbekommen hatte.
,,Ich habe dich gerade zweimal gefragt, ob du auch noch etwas zu trinken möchtest'' lächelte er mich an. Dankend schüttelte ich den Kopf.
,,Ist alles in Ordnung? Mir fällt die ganze Zeit schon auf, dass du etwas neben der Spur wirkst'' hackte er nach.

Ich starrte ihn schweigend an. Konnte ich ihm einfach so sagen, dass es nach all der Zeit noch immer wegen Clay war? Ich wusste ja nicht einmal in welchem Bezug er noch zu ihm stand.
,,Kann ich dich was fragen, Mitch?''
,,Klar.''
,,Stehst du noch im Kontakt mit Clay?''
,,Okay, damit habe ich nicht gerechnet'' scherzte er lachend.
,,Aber nein, schon seit seiner Verhaftung damals nicht mehr. Um ehrlich zu sein zu niemanden, seit jeder danach seinen eigenen Weg gegangen ist.''
Er meinte es also ernst, als er sagte, dass er nichts mehr mit der Szene zu tun hatte. Also auch den dazugehörigen Leuten.

,,Darf ich fragen, woher diese plötzliche Frage nach ihm kommt?'' hackte er auch dieses Mal nach, doch das hätte ich auch mir denken können. Wahrscheinlich wurde er die letzten zwei Jahre nicht mehr nach einem von ihnen gefragt.
,,Ich weiß es selbst nicht...'' gab ich murmelnd zu.
,,Verstehe, du hängst wohl immer noch an ihm'' stellte er fest.
Irritiert starrte ich ihn an.
,,Was denn? Es war doch offensichtlich, dass ihr nicht nur Partner für eine schnelle Nummer wart'' lächelte er zögerlich und zuckte mit den Schultern.

,,Clay war wie ein durchgeknallter kleiner Bruder für mich, auf den man immer acht geben musste. Aber er hatte auch Seiten an sich, die du wohl am meisten zu sehen bekommen hast. Du solltest froh sein, dass es vorbei ist'' sagte er.
,,Wir waren zu der Zeit alle etwas durch den Wind, der eine mehr als der andere. Wie sie heute drauf sind weiß ich leider nicht, doch um ehrlich zu sein will ich es auch nicht unbedingt wissen, falls sie immer noch ihre Köpfe nur in Scheiße stecken. Ich kann durch meine Familie nichts mehr riskieren.'' Ich nickte verständnisvoll.

,,Zugegeben hat es mich schon damals gewundert, was du so sehr an ihn gefunden hast. Er ist schließlich kein Kerl der leichten Sorte.'' Wieder nickte ich.
,,Jung, dumm und Naiv?'' lächelte ich verkorkst, obwohl ich es noch immer war.
,,Ich widerspreche dir in nichts von dem, was du über ihn gesagt hast, doch er konnte auch anders sein. So...liebevoll, warmherzig...'' entfuhr es mir.
,,Ich schätze, die ein oder anderen Seiten hast wirklich nur du zu Gesicht bekommen'' scherzte er.

,,Bereust du es?'' fragte er plötzlich. Diese Frage hatte ich mir nie so klargestellt. Bereute ich es? Ich sollte es bereuen, mehr als alles andere, doch ich konnte es nicht, denn ich hatte ihn wirklich geliebt. Auch wenn vieles reine Abhängigkeit gewesen war, waren meine Gefühle echt. Gerade deshalb konnte er mich so leicht manipulieren, benutzen, tun, was er wollte. War es wirklich nur seine Schuld gewesen, wenn ich alles einfach zugelassen hatte, obwohl mir bereits zu der Zeit ein wenig bewusst war, wie sehr er mich in der Hand hielt?

Wie lange würde es dauern bis ich endlich hinweg darüber war? Ich lebte nicht mehr in der Vergangenheit und doch fühlte es sich so an als würde sie mich nach wie vor dominieren. Wurde mein Leben wirklich so sehr von ihm geprägt? Obwohl ich mich verändert hatte?

,,Du liebst ihn immer noch, oder?''
Meine Kehle fühlte sich an als würde sie austrocknen. So sehr hätte ich alles außer ja sagen wollen, doch ich konnte es nicht, denn ich wusste, dass es nicht der Wahrheit entsprach und dass es nichts brachte mir selbst oder ihm etwas vorzumachen.

Ich konnte selbst kaum glauben, dass meine Gefühle nach allem was passiert war, nach allem was er mir angetan hatte noch immer vorhanden waren. Ich sollte ihn hassen, verabscheuen, widerlich finden...stattdessen war es das Gegenteil. Stattdessen ging ich mit dem Nächstbesten der so aussah wie er nach Hause, weil ich nicht widerstehen konnte.

Ich hatte gedacht inzwischen etwas von meinem Leben zurückbekommen zu haben, doch in Wahrheit war es wie eine Lüge, die ich mir selbst aufgetischt hatte. Je mehr mich die Vergangenheit einholte, desto mehr erkannte ich, dass ich noch immer dort feststeckte. Was musste ich tun, um es endlich hinter mir lassen zu können?


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Ich würde sagen, nach 10 Kapiteln wird es langsam Zeit eine Stufe höher zu gehen, nicht? 🤠

Soft; but not my heartWhere stories live. Discover now