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Nick war bis in die Nacht bei mir geblieben, daher schlief ich unbemerkt bis in den Tag hinein. Gott sei Dank musste ich heute nicht arbeiten. Dann wäre die Tanke nämlich geschlossen gewesen und ich hätte mächtig einen auf den Deckel bekommen. Dass ich in der Tagschicht früher geschlossen hatte, würde tatsächlich nicht einmal auffallen, da die Tanke so wenig Umsatz machte. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit bis sie komplett geschlossen werden würde.

Nur durch den Krach der von unten mal wieder hoch dröhnte wurde ich überhaupt erst wach. Das konnte nicht so weitergehen. Sie wohnten gerade mal drei Tage hier und seit drei Tagen war nur Krach zu hören. Vorher war alles schön leise. Nur deshalb hatte ich nie über einen Wohnwechsel nachgedacht. Es war schwierig eine Wohnung wie diese für so wenig Geld in einer Nachbarschaft komplett ohne Kinder zu finden. Eigentlich schon unmöglich.

Vielleicht war es einfach ein Zeichen doch über einen Wohnungswechsel nachzudenken. Erst recht, wenn ich mich nicht einmal mehr ausruhen konnte, ohne dabei jedes Mal von Kindesgeschrei oder irgendwelchen Gegenständen, die durch die Gegend geschmissen worden, geweckt wurde.

In dieser Wohnung herrschten sowieso zu viele Erinnerungen. Welche an die ich nicht einmal denken wollte und es bisher auch gut geschafft hatte, doch in letzter Zeit hatte ich das Gefühl, dass mich die Vergangenheit immer mehr einholte. Selbst auf Mitch war getroffen. Zugegeben hatte ich wirklich geglaubt nie wieder einen von ihnen zu begegnen, doch auch dort war es nur eine Frage der Zeit. Schließlich war es noch immer dieselbe Umgebung.

Ich hatte keine Ahnung wo Clay war oder was er tat. Bei ihm konnte ich mir auch gut vorstellen, dass er schon lange tot in irgendeiner Gasse lag. Er konnte sich nie aus Ärger heraushalten, musste immer beweisen, dass er der stärkere war, was auch mich mit hineingezogen hatte.

Deshalb hatte er sich die Waffe auch zugelegt. Obwohl er mich von sich stieß, wollte er mich beschützen. Was zwischen Clay und mir gewesen war konnte man nur als rein Toxisch bezeichnen. Er hatte mich auf so viele Wege emotional gebrochen, dass ich zu der Zeit nicht einmal mehr wusste, wer ich überhaupt war, was ich tat.

War es falsch ihn dennoch zu vermissen? Trotz all der Sachen gab es auch Momente in denen wir so verbunden miteinander waren. In denen er mir das Gefühl von Liebe und Sicherheit gegeben hatte. Sobald ich an ihn dachte, schmerzte nicht nur mein Herz, sondern alles in mir. Als würde mein Körper mit jedem weiteren Gedanken an ihn zerfallen.

,,Maamaaaa'' kreischte das Kind von unten wieder so laut, dass es mir den letzten Nerv raubte. Ich brauchte verdammt nochmal Ruhe, bevor ich komplett durchdrehen würde. Wenn keiner der anderen Nachbarn etwas sagte, lag es wohl an mir. Genervt stand ich auf und machte mich bereit nach unten zu laufen.

Ich hämmerte schon gegen die Haustüre und wartete darauf, dass mir die Türe geöffnet werden würde. Als sie geöffnet wurde stand ein relativ junges Mädchen vor mir, damit hatte ich nicht gerechnet. Sie musste in meinem Alter gewesen sein und wirkte ziemlich verzweifelt.

,,Tut mir leid, wirklich...Ich weiß, dass mein Sohn sehr laut ist. Ich versuche schon alles um ihn ruhig zu stellen'' fuhr sie sich durch die Haare. Sofort überkam mich Mitleid. Ich war bereit gewesen, wem auch immer dermaßen ins Gesicht zu brüllen, dass sie verdammt nochmal leise sein sollten.

Hinter ihr um die Ecke vom länglichen Flur war ein Köpfchen zu sehen, ein kleiner Junge.
,,Man spannt nicht die Nachbarn aus'' ertönte eine männliche Stimme, ehe eine große Hand den Jungen sanft zurückzog. Mein Herz blieb für eine Sekunde stehen. Diese Stimme, dieser klang...es kam mir so vertraut vor. Es klang wie...nein. Unter keinen Umständen konnte er das gewesen sein. Das wäre ein viel zu großer, verdammt großer Zufall gewesen.

,,Das verstehe ich natürlich, tut mir leid. Es ist nur, dass ich Nachts arbeite und tagsüber dementsprechend schlafen muss. Die letzten Tage gelingt mir das nur nicht wirklich, durch den Krach'' versuchte ich ihr freundlich zu erklären.
,,Er dreht am meisten durch, wenn - '' Ein lautes Husten unterbrach sie.
,, - wenn sein Besuch nicht da ist'' lächelte sie.
,,Ich werde versuchen den Krach zu reduzieren, tut mir wirklich leid nochmal.''
Ich nickte und lächelte sie ebenfalls freundlich an, ehe sie die Türe schloss.
Mit einem seltsamen Gefühl in der Brust starrte ich gegen die Türe.
Ich musste echt aufhören alles und jeden mit ihm in Verbindung zu bringen.


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👀

Soft; but not my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt