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Unterwegs sah Kira das große Banner an der U-Bahn Station und erschrak erneut. Die Nachrichten überschlugen sich da gerade förmlich. Also ging sie rasch hin, um zu lauschen.

Die Sprecher rätselten über den geheimnisvollen Gewinner namens Angel im Multiverse.
Es gab kein Bild von dem Nutzer, alle Elite- Akademien hatten verlautbart, dass der Gewinner nicht bei Ihnen studierte.
Und nun stand die Frage im Raum, ob der Gewinn nun illegal sei und ob der Gewinner bestraft werden würde, falls man ihn fand.

Aber es stellte sich auch die Frage, so meinte zumindest die eine Sprecherin in den Nachrichten reichlich besorgt und auch nervös, ob die Regierung er sich nun leisten konnte, einen Multiverse-Gewinner aufgrund seiner Herkunft als vermutlicher No-Name zu disqualifizieren, ihn ins Gefängnis zu stecken oder sogar öffentlich hinzurichten, wenn er oder sie doch das erste Mal überhaupt gegen die anderen ansonsten immer so überragend spielenden intergalaktischen Welten gewonnen hatte?

Kiras Bauch flatterte erheblich, als sie die Stimmen der anderen Zuschauer in der Nähe mit bekam.
„ ...wie war es diesem Angel überhaupt möglich da mitzuspielen? Geht das denn nicht nur mit einem Profi-Kisst und einer Menge teurer Spezialausrüstung?"
„Inzwischen gibt es so viele heimliche Zugangsräume, die auf dem Schwarzmarkt angeboten werden. Sicher hat sich darüber jemand eingekauft und eingeschlichen.
Allerdings frage ich mich, wie er die Teilnahmegebühr aufbringen konnte. Die beläuft sich doch schließlich auf über 40.000 € oder aber 20.000 Spielpunkte... doch wer bitte von den No Names, hat denn je so viele Punkte gesammelt und sie dann einfach so für nur einen einzigen Zug im Multiverse auf Spiel gesetzt? Schließlich sind das über 40.000 €.
Das hat ein normaler Mensch heutzutage doch gar nicht auf dem Konto.", meinte ein älterer Mann in der Nähe und erneut überlief es Kira heiß und kalt.

Denn sie hatte in den letzten fünf Jahren tatsächlich immer mal wieder Spielpunkte gesammelt.
Aber das ebenfalls nur offline!
Das waren doch wirklich nur Spiel-Punkte gewesen, - hatte sie zumindest immer gedacht.
Diese aufs Spiel zu setzen, ging schnell.. sie waren sehr schnell ausgegeben und sie waren auch mitunter rasch wieder gewonnen, wenn man die richtigen Entscheidungen traf und noch dazu Glück hatte.

Aber dass ihre 21.000 Punkte tatsächlich 40.000 € wert gewesen sein sollten, ... - wow...!
Was hätten sie sich und ihren Eltern nicht alles damit kaufen können.

Ach Quatsch!

Kira schüttelte sich kurz. Denn sie wusste genau. dass sie niemals ihren Namen und irgendwelche Bankdaten irgendwo hätte eingeben können. Sie war ja schließlich auch noch gar nicht erwachsen, sondern immer noch noch minderjährig.
Also hätte sie ohnehin niemals Zugriff auf das Geld erhalten. Und so waren es wie gesagt letztlich doch nur alles Spiel-Punkte.
Genauso wie jetzt auch wieder.
Sie war nur ein No-Name
Also war auch der MegaPott im Multiverse für sie nur ein SpielPott.
Sie konnte sich darüber freuen, einen neuen Combo-und Strike-Rekord geschafft zu haben. Ja, Sie konnte darüber triumphieren und dann nun doch ganz heimlich still und leise aus dem Spiel aussteigen.
Genau so heimlich, still und leise, wie sie in das Spiel eingestiegen war.
Schon vor langer Zeit... mit diesem seltsamen alten Kisst...?
Wie war das nur möglich?
Ohne jegliche Ausrüstung für das Multiverse...?
Denn dazu brauchte man laut der Dokumentarfilme wirklich eine ganze Menge sehr teures Equipment.
Sie wandte sich schließlich wieder von dem Banner und den wie gebannt gaffenden Menschen ab, ging langsam und möglichst unauffällig die Straße hinunter zum Park, wo gerade auch tatsächlich niemand war.
Sie schauten sich wohl alle die Nachrichten auf den öffentlichen Bannern an.

Also zog sie sich nun die schwarze Kapuze noch etwas tiefer ins Gesicht hinunter und zog die Schultern hoch, falls irgendwelche Kameras sie im öffentlichen Raum filmen würden, senkte auch noch ganz tief den Kopf und wich dann aber mitten im Park an einer wenig beleuchteten Stelle vom Weg ab, um das Kisst dann zwischen zwei dicht wachsenden Büschen und mit lockerer Erde darum herum, in einem schnell gegrabenen Loch zu verbuddeln.
Sie wickelte es nur noch aus einer Eingebung heraus in die alte schwarze Jacke ein, falls Sie es doch noch mal irgendwann ausgraben wollen würde.
Es sollte nicht sofort in der nassen Erde kaputt gehen, dachte sie mit schnell klopfendem Herzen.
Dann nachdem sie das Kisst wieder verbuddelt hatte, stampfte sie die Erde darüber noch ordentlich fest und verteilte auch das feuchte Laub darüber und darum herum. So sah die Stelle nun wieder gänzlich unberührt aus.

- Bestens.

Sie klopfte sich hastig die Erde ab, stand auf und kehrte diesmal über die Aussenmauer des Parks kletternd auf die dunkle Straße gegenüber den großen Wohnblockhäusern zurück.
Sie hatte keine Ahnung dass sich eben in dem Moment, da sie ihr Handy dort in einer normalen Mülltüte bei den Nachbarn, zwei Blocks weiter entsorgt hatte und auf die Straße zu ihrem Wohnblock zurückgekehrt war, die zentrale Kameraüberwachung nach dem WLAN-Ausfall wieder einschaltete.
Sie lief nur total fertig fühlend nach Hause und betrat ihr Wohnhaus.
Ihr Magen rumorte total. Aber sie hatte nun wirklich alles dafür getan, um nicht mehr gefunden werden zu können.
Es war also gut jetzt.
Es war nichts geschehen. Nein... gar nichts!
Niemand würde sie jetzt noch finden, wenn sie auch zukünftig nichts sagte und niemandem davon verriet...

In der Küche fand sie aber nicht etwa ihre Eltern vor, die sie eventuell noch mal fragen konnten, wo sie so lange abgeblieben war, sondern lediglich einen Zettel auf dem Tisch.

Ihr Vater hatte beim Essen noch Kontakt zu Freunden aufgenommen, deren Tochter musterte gerade ebenfalls ein altes Handy aus.
Sie waren also schnell noch hin gegangen um es für Kira zu sichern, auch wenn es ein altes Modell war, schrieben sie ihr. Doch sie sollte in diesen Zeiten doch auf keinen Fall je ohne ein Handy unterwegs sein, schrieb ihre Mum und hatte auch noch ein kleines Herzchen dahinter gemalt.

Da klingelte es plötzlich an der Tür und Kira fuhr erschrocken zusammen.
Oh... oh weh... was jetzt also doch passiert, hatte man sie erwischt? Sie ging rasch zur Tür, jedoch mit ängstlichen Herzen...
Würde jetzt die Polizei da stehen und sie mitnehmen, zum Verhör, dann öffentlichen Verhandlung und zuletzt ihrer Hinrichtung?

Doch es war nur Frau Meier, die Mutter von Sabine, ihrer Freundin aus der Schule, die mit verweintem Gesicht vor ihr stand und einen zwei mal gefalteten Brief zureichte.
„Es tut mir so leid, Kira, dass ich dir das sagen muss. Aber Bine ist heute nachdem ihr euch trenntet nicht mehr nach Hause zurück gekommen.
Die Polizei fand gerade ihre Leiche im Fluss. Wir sahen es in den Nachrichten und fanden zu Hause in ihrem Zimmer dann ihren Abschiedsbrief vor.
Sie ging wohl in den Fluss hinein... mit Taschen voller Steine... weil sie die Prüfungen nicht geschafft hat.
Sie sagte, sie wollte auf keinen Fall jetzt schon in den Fabriken arbeiten müssen. Du weißt, sie wollte immer Künstlerin werden, oder den Menschen zumindest die Haare schneiden.
Aber es hat wohl noch nicht einmal dazu gereicht.

Sage bitte allen, die dich fragen, dass du dich direkt nach der Schule von ihr getrennt hattest, Ja? Du weißt dass du sonst großen Ärger bekommst. Und sag bitte niemandem, dass ich hier war. Ihr Vater und ich... werden nun ebenfalls ihren Weg gehen müssen. Sonst verschleppen sie uns noch zur Strafe für ihren Selbstmord als Arbeitssklaven hinaus in die Galaxien."

Gott...

Kira musste sich am Türrahmen festhalten, weil sie sonst umgefallen wäre.
Noch so ein irrer Schock.
Der zweite heute?!
Ihr Herz schlug Stakkato.
Bine... oh... oh nein...!
Nein!
„Frau... Meier...!", würgte sie irgendwie unter Tränen heraus, doch die immer so freundliche Frau, die das Alter ihrer Mutter hatte, hielt ihr rasch den Mund zu.
„Nein, Kind. traure nicht um uns und auch nicht um sie. Wir haben schon so oft darüber gesprochen, dass es vielleicht besser wäre, auf diese Weise diese schreckliche Welt zu verlassen. Einfach deshalb, weil hier sowieso alles keinen Sinn mehr macht.
Gar nichts.
Wir sind ja auch wirklich nicht böse, dass sie so schnell ging. Doch sie hätte es uns zumindest mitteilen können, dann wären wir alle zusammen gewesen.", meinte Frau Meier noch unglücklich und strich Kira dann wehmütig blickend, über das Haar und das Gesicht.
Kira schluchzte derweil geschockt auf, ebenso wie Frau Meier die nur zu ihrem an der Treppe wartenden Mann hinblickte der nervös die Treppe hoch und runter schaute.
„Wir müssen jetzt wirklich los. Sonst erwischen sie uns noch, Elsa!", sagte er und nickte ihr dann noch einmal kurz resignierend und auch sehr erschöpft aussehend zu.
„Bine wollte es so, dass wir dich zumindest noch warnen, liebes. - Lebe wohl!", sagte er noch, bevor er dann rasch Hand in Hand mit seiner Frau die Treppe hinablief.

Kira blieb derweil nun wirklich vollkommen zerstört und allein, mit brennender Kehle und wehem Herzen in der Tür stehend zurück ... und brach in Tränen aus.

Das SpielWhere stories live. Discover now