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„Also, Aaron. Wie stellst du dir die Welt vor? Wie wäre der Idealzustand?" Die Frage, die Logan da stellte, irritierte mich ein wenig. Jeder wünschte sich doch eine friedliche Welt, in der jeder so akzeptierte wurde, wie er war. Genauso antwortete ich dem Werwolf. Er grinste gutmütig. „Das ist ein guter Vorsatz. Aber das wird schwierig. Diese Worte kann dir jeder im Mund umdrehen." Ich zog die Augenbrauen nach oben. „Ich gebe dir ein hypothetisches Beispiel. Sagen wir, ein Vampir hält sich Werwölfe und Menschen. Er trinkt von den Menschen und wirft die Leichen den Wölfen zum Fraß vor." Ich schüttelte mich bei diesem Gedanken. „Dieser Vampir könnte deine Worte so auslegen, dass es in Ordnung ist, so zu leben." „Ich setzte voraus das man heutzutage zivilisiert lebt.", murmelte ich. „Leider ist zivilisiert ebenfalls Definitionssache." „Bedauerlicherweise.", stimmte Logan zu. „Die ganze verdammte Welt ist Definitionssache.", mischte sich Taylor ein, „Man kann selbst Gepflogenheiten zweifach auslegen." „Genau um diese Schwierigkeit geht es.", erklärte Logan, „Aaron. Du musst auf diesem schmalen Grat einen Pfad finden und damit die Welt im Gleichgewicht halten." Ratlos starrte ich den Alpha an. „Du erwartest jetzt hoffentlich nicht, dass ich einen Masterplan aus dem Ärmel schüttelte." Lachend schüttelte der Wolf den Kopf. „Keinesfalls. Dann wärst du ein Zauberer." „Aber wir haben so eine Art Plan für dich zusammengestellt." Der Bürgermeister reichte mir eine mittelschwere Mappe. „Für deine nächsten Semesterferien ist eine Reise quer durch die Welt geplant." Ich nickte nur. „Aber das mache ich nur, wenn Taylor und Darwin mich begleiten." Trevor winkte ab. „Dir wird ein Gefolge zuteil. Nicht nur deine beiden Leibwachen. Du erhältst dazu Übersetzer und Sicherheitspersonal." „Es existieren gewiss weitere Gruppierungen, die dich aus dem Weg räumen wollen.", erklärte Logan ohne Umschweife, „Aber jetzt wird es langsam Zeit für deine Aufgabe." Auch er übergab mir eine schwere Mappe. „Gesetzesentwürfe. Lese sie aufmerksam durch und teile uns deine Meinung oder Anpassungsmöglichkeiten mit." Überfordert nickte ich. „Wir haben hier im Rathaus ein Büro für dich freigemacht. Dort wirst du ab morgen arbeiten.", erklärte der Bürgermeister neutral. „Ok. Wie ist die Sicherheitslage?", erkundigte ich mich, „Darf ich mich wieder frei bewegen?" „Du wirst in Zukunft immer von Wölfen oder Blu... Vampiren begleitet.", entgegnete der Alpha. Das bedeutete für mich ein klares Nein. „Darwin und ich bekommen, dass auch super alleine hin.", bemerkte Taylor gereizt. „Siehst du den Wolf irgendwo?" Natürliche musste Trevor wieder sticheln. Sein Sohn verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wie sieht es mit Black Union aus?", versuchte ich das Thema zu wechseln. „Aus den Gefangenen haben wir nichts mehr herausbekommen. Es ist davon auszugehen, dass sie es wiederholt versuchen werden." „Wenn das der aktuellste Stand ist, würde ich gerne morgen an dieser Stelle fortfahren.", entschied ich mit den vielen Mappen in der Hand. Von allen Seiten wurde ich angestarrt. „Irgendwelche Einwende? Ich würde mir die Vorschläge und den Reiseplan jetzt gerne in Ruhe durchsehen." Die Anwesenden schüttelten den Kopf. Taylor grinste neben mir.

In drei Monaten könnte man erwarten, dass viel passiert. Aber wenn man alle Hände voll zu tun hat, sind ein paar Monate nichts. Einfach ein Witz. Dafür hatte Darwin alle Zeit der Welt sich zu erholen. Er zankte sich schon wieder ausgelassen mit Taylor. Ich hörte da schon nicht mehr hin. Die beiden machten sowieso was sie wollten. Lediglich bei offiziellen Anlässen rissen sie sich zusammen.

Gerade versuchte ich ein Freilassungsgesuch aus Tasma Island zu beantworten, da fingen die beiden schon wieder an laut zu werden. Interessiert spitzte ich die Ohren. Die letzten Tage waren sie ungewöhnlich friedlich gewesen.

„Ich habe nichts von Kapitulation gesagt!" Eindeutig Darwin. „Wie willst du es dann nennen?" „Ich will mich mit dir vertragen. Wo ist das Problem?" Ich hörte Taylor lachen. „Es gibt keins. Ich verarsch dich nur!" Dann war es wieder ruhig im Vorzimmer. Ich war froh, dass es wieder besser zwischen den beiden wurde. Damit standen zwei weitere Punkte weniger auf meiner To-Do-Liste.

Das Abendessen ließen wir uns wie so oft ins Büro liefern. Ich war einfach mit dem Papierkram nicht fertig geworden. Das Büro war mehr oder weniger mein kleines Reich geworden. Eigentlich eine WG, da Taylor und Darwin mich nie aus den Augen ließen. Zusätzlich trug der Wolf die Verantwortung für sein Rudel. Ob ihm das nicht zu viel wurde, behielt er für sich

„Zwei Wochen noch.", murmelte Taylor und schwenkte das Blut wie einen guten Wein im Glas. „Von was quatscht du da?", fragte Darwin mit vollem Mund. Der Vampir warf ihm eine Mappe vor die Nase. Es war der Reiseplan für die Weltreise. „Ach so das." Darwin schob es zur Seite. „Samu macht schon Scherze, wann ich ihn zum Alpha erkläre." „Das wäre keine schlechte Idee." Ich hätte nicht sagen können, ob Taylor das ernst meinte oder ob es Sarkasmus sein sollte. Darwin jedenfalls wählte letzteres. „Ich bin ein guter Alpha!" Provokant grinste der Vampir. „Einer, der nie da ist." „Muss das sein, Taylor?", mischte ich mich kopfschüttelnd ein. „Aber er ärgert sich so schön!" „Das ist doch kein Grund.", entgegnete ich streng, „Wenn ihr das während der Reise macht, lasse ich euch an Ort und Stelle zurück!" Meine Freunde tauschten kurz einen Blick. „War nur Spaß, Aaron. Du kennst doch Taylors schrecklichen Humor." Der Vampir zog eine Augenbraue hoch. „Wenn ich einen schrecklichen Humor habe, bist du ein schlechter Alpha." Darwin setzte an zu widersprechen, doch ich war schneller. „Ihr seid beide scheiße.", beendete ich die Diskussion. Böse und gleichzeitig belustigt wurde ich angestarrt. Dann fingen wir an zu lachen und er Abend fing friedlich ohne Sticheleien weiter.

Am nächsten Morgen würde mir meine Garde vorgestellt. Über die Zusammenstellung war ich positiv überrascht. Zwei Menschen aus der Stadt, ausbildetet von Werwölfen. Drei Vampire vom Taylors Sippe. Ganz nette Typen, ein bisschen älter als mein bester Freund. Zuletzt noch drei Wölfe aus Logans Rudel. Darwin schien sich mit ihnen ganz gut zu verstehen.


Das Leben zwischen den Stühlenحيث تعيش القصص. اكتشف الآن