Kapitel 18

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Heute ist es soweit. Heute werden wir aufbrechen. Aufbrechen, in unbekannte Gegenden, wahrscheinlich voller Gefahren. Ich ziehe meine Bluse und die Jeans an, da wir zwar noch ein Treffen, aber kein Training mehr haben.

,,Schön, wie ihr alle wisst, werden wir heute aufbrechen. Manche von euch mögen vielleicht Angst haben, vor dem, was dort draußen passiert. Aber wir müssen stark bleiben. Für Extril. Für den Morgenstern. Für uns." Duncon schaut uns an. Ich sehe so viele Emotionen in ihrem Blick, die ich selbst nicht einmal in zwei Minuten zeigen könnte. Stolz, Angst, Glück, Erwartungen und Verwirrung. Aber warum ist sie verwirrt? Schließlich hat sie eigentlich nichts Neues gesagt. Es ergibt einfach keinen Sinn. Ein Mann tritt aus der Gruppe. Nun sind alle Augen auf ihn gerichtet. Auffordernd blickt Duncon den Mann an.

,,Was passiert denn da draußen? Ich glaube nicht, dass es gefährlich ist." Ich blicke ihn verständnislos an. Was hat er denn bitte schön die drei Jahre Krieg lang gemacht? Ich werfe einen Blick auf Cora. Sie schaut den Mann auch irritiert an. Wenigstens bin ich nicht die Einzige. ,,Woods, ich denke wir wissen alle was dort draußen vor sich geht."

Doch nun bricht immer mehr Gemurmel aus. Wie es scheint, weiß hier wirklich niemand davon, dass die Menschen auf den Straßen kaum noch leben. Na ja, sie leben schon, aber wie schon gesagt, nicht mehr lange. In diesem Moment kommt mein ganzer Hass aus Haven zurück. Er kehrt zurück, wie eine Welle, sie durchflutet mich und nimmt mir für einen kurzen Augenblick die Luft zum Atmen. Ich beginne panisch nach Luft zu ringen. Es ist nicht der Hass auf Haven. Es ist die Angst vor dieser Reise. ,,Yina?", höre ich Coras Stimme. Doch sie ist weit weg, so weit weg. Gedämpft, als wäre ich unter Wasser. Zu spät realisiere ich, dass es gerade wieder passiert. ich beginne die Kontrolle zu verlieren. Cora will nach meiner Hand greifen. Obwohl ich sie nicht ansehe, spüre ich es. Irgendwie. Ich schlage ihre Hand halbherzig weg. ,,Ich muss hier raus.", murmle ich. ,,Wie bitte?", fragt Cora. Ihre Stimme ist immer noch weit weg. Ich gehe ohne weitere Worte in Richtung Tür. Alles scheint sich wieder einmal in Zeitlupe abzuspielen. Endlich bin ich auf dem Flur angekommen. Langsam bekomme ich wieder Luft. Ich lehne mich an die Wand. Einatmen. Ausatmen. Immer weiter. Langsam habe ich das Gefühl, dass ich wieder im Hier und Jetzt ankomme.

Vorsichtig gehe ich zu meinem Zimmer. Scheinbar sind diese weiße Gänge endlos. Jedenfalls kommt es mir so vor. Moment, wo bin ich? Ruckartig bleibe ich stehen. Wahrscheinlich bin ich vorhin falsch abgebogen oder zu spät. Aber irgendwie kommt es mir bekannt vor. Jetzt realisiere ich, wo ich bin. Dort drüben sind die Krankenlager. Ich laufe den Gang herunter. Dort steht eine Tür offen. Von hier finde ich sowieso nicht mehr zurück. Aber vielleicht kann mir jemand helfen. Ich klopfe an die angelehnte Tür. Keine Reaktion. Ich öffne sie leise. ,,Hallo?", frage ich vorsichtig. Sofort schlägt mir der Geruch in die Nase. Ein modriger Geruch. Ich taste nach dem Lichtpad. Ich finde es neben der Tür. Als ich das Pad berühre, bereue ich sofort. Der Raum ist voller Leichen. Der modrige Gestank kommt von den halb-verwesten Körpern. Ich spüre, wie die Atemnot zurückkommt. Panisch taste ich nach der Türklinke. Nach mehreren erfolglosen Versuchen schaffe ich es schließlich. Japsend stolpere ich nach draußen.

Sie sind wieder da. Und ich war so naiv und glaubte, dass ich sie besiegt hätte. Dabei werden sie nie mehr verschwinden.

Die Ruinen von ExtrilOnde as histórias ganham vida. Descobre agora