Kapitel 10

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Ich ziehe Wilson nach draußen. Nun stehen wir uns gegenüber, auf diesem kalten Flur. Ich blicke ihn wütend an.

,,Ich mache das hier nicht mit! Sag mir endlich, wo Libitina ist. Ansonsten kannst du dir jemanden anderen für deine bescheuerte Truppe finden!" Wilon guckt mich genervt an. ,,Hör zu, ich finde das auch nicht-", er unterbricht sich selbst.
Verwirrt blicke ich ihn an. Zwei Krankenschwestern kommen aus einem Nachbarzimmer hinaus und werfen uns neugierige Blicke zu.

,,Pass auf, hier können wir nicht reden." Er nickt mit dem Kopf unauffällig in Richtung der beiden Frauen, die uns immer noch anstarren. Er greift nach meinem Arm und zieht mich mit.
Ich reiße mich los. ,,Ich kann alleine laufen." Schweigend laufen wir in irgendwelchen Gängen herum. Mir fällt auf, dass alles sehr weiß ist und es nirgendwo Fenster gibt. Zumindest nirgendwo, wo ich bereits war.

Jetzt erst bemerke ich, dass ich ihn gerade eben geduzt habe. ,,Was werden Sie den anderen sagen? Schließlich fehle ich beim Training." Wilson scheint es nicht zu interessieren, denn er reagiert einfach nicht. Ich seufze auf. Wahrscheinlich mache ich einen super Eindruck bei den anderen: Ich habe zuerst keine Ahnung, dann bin ich nicht besonders freundlich und haue einfach ab.
Aber seit wann kümmert es mich, was andere Leute über mich denken? Endlich scheinen wir da zu sein.

Wilson schließt die Tür auf, wir treten ein. Ich blicke mich um. Es ist ein kleiner Raum, dennoch sehr geräumig. Wie scheinbar überall, gibt es auch hier keine Fenster. Der Raum ist in einem dunklen Grün gestrichen und es liegt sogar ein Teppich in ihm. Ebenfalls steht ein Schreibtisch und ein paar Regale in diesem Raum. Tatsächlich scheint es das einzige Zimmer zu sein, dass wohnlich eingeräumt ist.
Auf jeden Fall kommt es mir so vor. An den Wänden hängen Bilder, auf denen häufig ein Mädchen abgebildet ist.

,,Pass auf, was ich dir sagen wollte, ist, dass ich es nicht gut finde, dass du schon so jung in diese ganze Sache hineingezogen wirst. Ich schicke nicht gerne Minderjährige auf solche Reisen. Expeditionen, um genau zu sein. Niemand weiß, was dort draußen lauert. Wir wissen nicht, ob Hazel Verbündete hatte. Wenn sie welche hatte, werden diejenigen sicherlich ihre Burg und Insel bewachen. Bitte Yina, pass auf dich auf."
Wilson blickt mich während des letzten Satzes eindringlich an. ,, Ich könnte mir nicht verzeihen, wenn dir etwas zustößt."

,,Natürlich. Sie sorgen sich sehr um mich, ist ja nicht so, als hätten sie mich bewusstlos schlagen lassen. Ist ja nicht so, als hätten Sie mich von meiner einzigen Freundin getrennt. Sie haben mich in eine komplett neue Welt katapultiert! Ich kenne hier niemanden, und niemand ist auch nur ansatzweise vertrauenswürdig."
Abgesehen von Muria, denke ich.

,,Also-", will Wilson gerade beginnen, als ich ihm ins Wort falle: ,,Wo ist Libitina? Was haben Sie mit ihr gemacht? Und jetzt lügen Sie mich nicht an! Ich weiß, dass Sie über sie geredet haben!"
,,Hör zu, wir mussten sie von hier wegschaffen. Sie hat kein Talent und nützt uns so nicht."
,,Was bedeutet ,wegschaffen'? Wo ist sie jetzt?" Wütend starre ich ihn an. Sein Gesicht bleibt emotionslos.
,,Ich weiß nur, dass sie in eines der nicht ganz zerfallenen Dörfer gebracht worden ist."
,,Hätte ich meine Messer dabei, dann-"
,,Dann was? Drohst du mir etwa?" Wilson macht einen bedrohlichen Schritt nach vorne.
,,Und wenn es so wäre?" Ich richte mich ganz auf und mache ebenfalls einen gewagten Schritt nach vorne. Nun stehen wir dicht voreinander. Er starrt mich wütend an. Ich starre erwartungsvoll zurück. Es ist schwer seinem durchdringenden Blick standzuhalten. Ich weiß nicht, wie lange wir uns so anstarren.

Auf einmal ertönt eine Stimme aus dem Lautsprecher: ,,Yina Johnson bitte in den Raum Kl809."
Ich löse mich aus der verkrampften Position. ,,Sieht so aus, als würde ich woanders gebraucht werden."

Mit diesen Worten verlasse ich den Raum.

Die Ruinen von ExtrilHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin