Tag 3 (POV Elisabeth)

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Wenn man Ferien hat, hat man immer unglaublich viel Zeit, alles mögliche zu tun.
Ist man jedoch neu in der Stadt und hat dort noch keine Freunde, ist einem sehr schnell langweilig.

So ging es Tess und mir am Montag. Unsere Eltern waren arbeiten und wir waren zuhause, zusammen mit Ginger, Elvis und Marshall. Und uns war langweilig, verflixt langweilig. Uns war sogar so langweilig, dass wir freiwillig eine ziemlich große Runde mit Ginger spazieren gingen.

Die Wege waren vom Regen gestern noch ziemlich matschig und wir waren froh, dass wir uns für unsere Gummistiefel entschieden hatten. Also liefen wir einfach drauf los, in Richtung einer Wiese an einem Fluss.

Dort angekommen, sahen wir sechs Jungs in unserem Alter und einen Mann, der aussah, als wäre er auf seiner Pilgerfahrt nach San Francisco falsch abgebogen. Dieser Mann sah wirklich aus, wie die Hippies aus den USA, über die letztens eine Doku im Fernsehen kam.

"Der sieht aus wie'n Hippie", flüsterte ich und Tess stimmte mir zu. Meine Schwester beäugte die anderen, welche etwas weiter vorne standen und uns anscheinend noch nicht bemerkt hatten, interessiert und sagte: "Was denkst du? Sollen wir mal zu denen hingehen?"

Ich zuckte mit den Schultern und wir gingen näher ran und konnten nun auch hören, was die dort redeten.

"Und, habe ich mein Versprechen gehalten?", fragte einer mit dunklen Haaren, welcher mit zwei anderen an einem Baumstamm lehnte.

Der Hippie kratzte sich am Kinn und sagte: "Hast du nicht."
"Du hast versprochen, dass wir vollzählig sind", gab nun ein Junge mit Mütze von sich und - Moment mal  - war das nicht Juli? Stimmt, er hatte sogar sein Fahrrad mit Beiwagen mit dabei, allerdings ohne Joschka.

Der mit den dunklen Haaren hatte sofort eine Antwort parat: "Sind wir doch, auf den Kopf sieben." Er schien ziemlich zufrieden mit sich, aber wenn er den lustig aussehenden Mann nicht mitzählte, hatte er sich verzählt. Sie waren nur sechs.

Das hatte wohl auch einer der anderen bemerkt. Er hatte orangene Haare und trug ein Haarband. "Ich zähle nur sechs", sagte er und schaute zu den anderen. Alle, außer die drei am Baumstamm, schienen zu wissen, wer fehlte.

Nachdem niemand etwas dazu sagte, gab der Hippie einen Tipp: "Du hattest doch mal einen sehr guten Freund..."

"Ich bin hier, Leon!", sagte da eine Stimme und der dunkelhaarige Junge, der anscheinend Leon hieß, drehte sich um. Hinter einem Baum kam ein sommersprossiger Junge mit blonden Locken hervor, begleitet von einem Mädchen.

Komischerweise schien Leon sich nicht sehr über seinen Freund zu freuen, denn er schaute noch angesäuerter als vorher und sagte: "Aha, und was macht die hier?"
Damit meinte er wohl das Mädchen, welches ihn genauso böse anstarrte wie er sie und sagte: "Ich will euch zu meinem Geburtstag einladen, am Mittwoch, um drei. Ich mache ein Elfmeterschießen."

"Achja? Und, kommen deine Freundinnen auch?" Leon sah aus, als erwartete er Applaus für seinen blöden Spruch, aber es kam keiner.

"Ich meine es ernst. Wenn ich gewinne, gehöre ich zu den Wilden Kerlen dazu."

Was waren denn jetzt die Wilden Kerle? Ich sah Tess fragend an, doch diese zuckte nur mit den Schultern und beobachete weiter das Drama vor uns.

Leon war anscheinend nicht gerade der netteste Mensch der Welt, denn er schenkte dem Mädchen nur einen abwertenden Blick und sagte: "Träum' weiter."

Doch da meldete sich wieder Leons "sehr guter Freund", denn er war anscheinend anderer Meinung als Leon. "Wenn du nicht zu Vanessas Geburtstagsfeier kommst, bin ich ab sofort kein Wilder Kerl mehr. Dann kannst du das Training, das Spiel gegen den Dicken Michi und den Teufelstopf für immer vergessen."

Aha, das Mädchen hieß also Vanessa und die Jungs waren anscheinend eine Sportmannschaft. Wahrscheinlich Fußballer, denn jetzt sah ich neben Leon einen Ball liegen.
Wer aber war der Dicke Michi und was war der Teufelstopf?

Leon spielte unterdessen die beleidigte Leberwurst und sagte: "Das ist Erpressung."

"Und wenn schon", meldete sich da einer der beiden neben Leon. Er hatte blonde Haare, welcher er hochgegelt hatte, und war ziemlich dreckig im Gesicht. "Dann machen wir eben erst das Mädchen und dann den Dicken Michi platt." Der war sich seiner Sache ja ziemlich sicher.

"Also gut, wir werden da sein", gab nun Leon wieder von sich, der anscheinend seine Arroganz wiedererlangt hatte, "aber sei nicht zu enttäuscht, wenn du verlierst."

Dann drehten sich alle um, anscheinend wollten sie gehen, doch erblickten dann uns. Ich lächelte vorsichtig und meine Schwester riss sich zusammen, um nicht laut loszulachen.

"Und was wollt ihr?", spuckte Leon nun aus und funkelte uns an.
Waren wir giftig oder was?

"Nach was sieht es denn aus, wir gehen spazieren. Wir haben aber zufällig euer Drama mitgekriegt und-", fing ich an, wurde aber von Tess unterbrochen.
"-und da kann man ja schlecht weghören, war ja so spannend. Wer ist denn der Dicke Michi?"

"Das geht euch gar nichts an", meldete sich da der mit den orangenen Haaren wieder und Juli neben ihm zog die Augenbrauen zusammen, anscheinend erkannte er uns jetzt.

Doch auch der mit den vielen Sommersprossen schien uns zu kennen, denn er winkte uns jetzt und sagte: "Hallo ihr. Kennen wir uns nicht von irgendwoher?"

"Du bist am Samstag an uns vorbeigefahren, als wir unterwegs waren", half ich ihm auf die Sprünge.

"Ach ja stimmt, ihr seid das. Ich bin übrigens Fabi", stellte er sich vor und grinste uns zu.

"Ich bin Elisabeth", sagte ich und meine Schwester sagte nur: "Tess."

"Schön, da das auch niemanden hier intressiert hat, könnt ihr ja jetzt gehen", kam es von Leon und dann kam noch: "Wieso wollt ihr überhaupt mit uns reden?"

"Mach mal halblang", Tess lachte und fuhr fort, "wer sagt denn, dass wir mit dir reden wollen?"

Bevor Leon wieder irgendwas erwiedern konnte, schaltete sich Juli dazwischen: "Mensch Leon, die zwei sind neu hier, genau wie Vanessa. Du könntest ja mal etwas netter sein."
Dann wandte er sich an uns: "Schön, dass ich jetzt auch mal weiß, wie ihr heißt. Mich und Fabi kennt ihr ja jetzt schon, also das neben mir ist Marlon" - er deutete auf den mit den orangenen Haaren - "daneben ist Willi" - aha, der Hippie also - "der daneben ist Maxi. Das dort ist Leon und die beiden neben ihm sind Markus und Jojo. Achso, und das neben Fabi ist Vanessa."

"Gott, Juli, das sind Mädchen. Wieso erzählst du das denen denn alles? Los kommt, wir fahren!", kommandierte Leon und es fuhren ihm tatsächlich alle bis auf Vanessa hinterher, Willi zwinkerte uns dabei noch kurz zu.

Vanessa lächelte und kam zu uns. "Anstrengend oder? Ich möchte unbedingt in ihre Mannschaft, darf aber nicht, weil ich ein Mädchen bin. Aber am Mittwoch gewinne ich und dann werden sie schon sehen... Wollt ihr nicht auch kommen?"

"Ohja, voll gerne, dann müssen wir nicht gelangweilt zuhause rumhocken", sagte Tess begeistert und auch ich sagte zu. Danach verabschiedeten wir uns von ihr und gingen wieder nachhause.

Dieser Spaziergang war ereignisreicher gewesen, als wir je vermutet hätten.

Spaziergang mit Folgen | DWK-FanfictionWhere stories live. Discover now