D A S / S H O O T I N G . Z W E I .

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Prolog.

Wie so oft sitze ich vor dem Bildschirm und arbeite. Und wie so oft lasse ich mich ablenken. Diesmal von der Vibration meines Smartphones. Ich sehe mehr aus Gewohnheit denn aus Interesse aufs Display. Vielleicht kennst Du das auch. Man sieht einen Namen auf dem Display und denkt sich: „Wow. Damit habe ich jetzt nicht gerechnet." So geht es mir gerade. Ich hebe das Smartphone vom Tisch auf, öffne Deine Nachricht und muss zwangsläufig lächeln.
„Hey lichtbildpoet, wie geht es dir? Sorry dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, ich sehe gerade es ist schon sehr lange her, dass wir Kontakt hatten. Die Zeit rast. Gilt deine Fotografie-Leidenschaft
nun nur noch dem Garten oder bist du auch noch anderweitig unterwegs? ☺
Liebe Grüße
Esha"
Ich lese die Nachricht ein zweites Mal. Ein Drittes. Wie oft habe ich versucht dich zu einem gemeinsamen Fotoshooting zu motivieren. Immer ist irgendwas dazwischengekommen. So ist das Leben. Es gibt immer irgendeine Wendung, die wir nicht vorhersehen können und die uns vielleicht aus der Bahn wirft. Jetzt aber bist Du bereit. Das Timing passt. Es könnte wirklich passieren.
In den letzten Monaten oder vielleicht sollte ich besser Jahren sagen, hatte ich zu sehr vielen Frauen Kontakt. Hauptsächlich wegen der Shootings. Mit den wenigsten hat es letztendlich geklappt, was an so vielen Gründen liegt, dass ich sie nicht mal alle aufzählen kann. Und an die meisten Frauen erinnere ich mich nicht. An Dich schon. Ich weiß noch genau, wie Dein Profilbild im Forum aussieht. Es ist eine Fotostudio-Aufnahme. Mit Blitzlicht aufgenommen. Man sieht Dich von hinten. Die Form Deines Körpers ist wunderschön. Mit Deinen Händen greifst Du auf dem Foto den Bund Deiner Jeans, die das einzige Kleidungstück an Deinem Körper ist, und schiebst sie etwas runter. Ich glaube links etwas tiefer als recht. Perfekte Asymmetrie. Es ist ein wirklich gelungenes Bild. Und doch stört mich etwas daran. Das weißt Du. Ich hab es Dir bei der ersten Kommunikation gesagt. Es ist statisch. Da ist nun mal das Problem der Studiofotografie. Man ist so aufs Licht konzentriert, dass man die Natürlichkeit aus den Augen verliert. So geht es mir im Studio auch. Das Große Ganze ist dann wichtiger als feine Details. Ich bin aber sehr detailverliebt. Und daher habe ich sofort gesehen, dass Du Dich Hose nicht wirklich runterziehst. Dieses Bild hat aber dafür gesorgt, dass ich – wie viele andere Männer oder Fotografen auch – Dich kontaktiert habe. Dieses Bild war der Beginn dieses Abenteuers. Dieses Bild hat dazu geführt, dass Du mir ein Portrait von Dir geschickt hast und ich sicher war, dass ich Dich fotografieren möchte. Dass ich einen Spagat aus Raum zum Atmen und ständig Erinnern machen muss, damit Du mich nicht, wie viele anderen Frauen, irgendwann vergisst. Du hast blaue Augen. Einen Blick der den Betrachter berührt. Es wirkt, als würdest Du nicht in eine Kamera schauen, sondern wirklich direkt in meine Augen. Deine Nase ist gerade und spitz. Deine dunkelblonden Locken sind nicht zu bändigen. Du lächelst.
Ich tippe eine Antwort ins Telefon. Lösche sie wieder. Denke nach. Tippe erneut.
„HAHA" Wenn Du mit mir shooten willst, sage ich JA! Und Du hast ja gesagt, dass Du etwas Zeit brauchst. Ist doch völlig ok. 😊"
Ich klicke auf Senden. Sehe, dass die Haken sich blau färben. Esha schreibt...

Jetzt.
Ich stehe vor Deinem Haus. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich nur Deinen Vornamen kenne. Welche Klingel ist die Richtige? Ich greife in meine Tasche, ziehe das Smartphone hervor, öffne Whatsapp und schreibe: „Wo muss ich klingeln." Wieder färben sich die kleinen Häkchen blau. Dann ertönt, der Türöffner und ich kann eintreten. Das Treppenhaus ist schlicht. Nicht schön. Nicht hässlich. Es ist einfach da. Als ich die Stufen hochsteige, merke ich, dass sich mein Pulsschlag erhöht. Nicht wegen der Anstrengung, sondern wegen der Aufregung. Ich habe so lange auf diesen Moment gewartet. Mal bewusst, mal unbewusst. Mit jeder Stufe merke ich, wie sich mein Körper anspannt. Ich kenne mich. Weiß, dass ich beim Shooten zu 100% Profi bin. Aber ich weiß auch, dass ich Dich sexy finde. Dass das Portrait, dass Du mir mal geschickt hast, einen Impuls in meinen Schritt geschickt hat. Dass Dein Blick alleine mich schon angemacht hat. Wie wird es erst werden, wenn Du mir wirklich gegenüberstehst. Nackt. Dich berührend. Tausend Bilder schießen mir in den Kopf. Das alles passiert in Bruchteilen von Sekunden.
Natürlich wohnst Du ganz oben. Wie sollte es denn auch anders sein. Anscheinend wohnen schöne Frauen gerne unterm Dach, denn 9 von 10 Shootings finden im Dachgeschoss statt. Ich schweife mal wieder ab. Und gerade, als ich mich ermahnen will, fokussiert zu bleiben, sehe ich Dich. Ich sehe auf den ersten Blick, dass Du genau so schön bist, wie ich es auf den wenigen Bildern, die ich von Dir kenne ausgesehen hast. Deine Haut ist hell. Kleine kunst- und geschmackvolle Tattoos zieren sie. Die Locken sind genau so wild, wie sie es auf dem Foto waren. Du trägst einen Blauen, wildgemusterten Einteiler, der – darauf habe ich bestanden – keine Abdrücke macht. Alles in allem siehst Du umwerfend aus. Nur eine Sache ist anders als auf dem Foto. Dein Blick ist noch intensiver. Und etwas unsicher.
Du hattest schon Shootings. Hast mit anderen Fotografen Bilder gemacht. Allerdings kanntest Du sie alle persönlich. Jetzt steht Dir ein völlig fremder Mann gegenüber. Und die Nervosität ist fast greifbar. Ich kenne das schon. Been there. Done this. Und ich glaube es eine meiner Qualitäten, dass ich den Menschen die fotografieren darf, zumindest so ein bisschen die Angst nehme und ihnen ein gutes Gefühl vermittle. So auch bei Dir. Wir fangen an zu fotografieren und nach wenigen Minuten sieht man Dir förmlich an, dass Du Dich etwas fallen lässt. Die Bewegungen werden etwas ruhiger. Wirklichen entspannter. Du sitzt gerade auf deinem Balkon. Im Schneidersitz. Trägst ein weißes Tanktop, durch das ich deine inzwischen steifen Brustwarzen deutlich sehen kann. Deine Hände fahren langsam über Deinen Körper. Streicheln Dich. Du fährst langsam über Deine Schenkel. Über dein schwarzes Höschen. Über Deinen Bauch. Über Deine Brust. Schaust dabei die ganze Zeit in mein Objektiv. Schaust mich die ganze Zeit an. Dann fährt Deine Hand wieder hinab. In Deinen Schritt. Deine Beine sind gespreizt. Ich sehe die Berührung. Meine Kehle wird trocken. Dir zuzusehen ist anders. Es ist aufregender. Es berührt mich mehr, als es sollte. Mehr als es darf. Denn eines werde ich immer bleiben: Profi. Auch wenn es schwer fällt.

M E H R / L U S T S P I E L E .Where stories live. Discover now