Chapter 16

380 26 3
                                    

Jake POV

Nervös fuhr ich los, um Emi bei unserem Dad abzuholen. Ich hatte absolut keine Ahnung, was mich gleich erwarten würde. Es war schonmal ein gutes Zeichen, dass Emi mir nichts geschrieben hatt, ich hoffe einfach, dass er auf mich gehört hat.

Ich habe gestern ziemlich lang mit ihm telefoniert und ihm erklärt worauf er achten sollte oder muss. Anfangs wollte er gar nicht auf mich hören und meinte wir würden Emi doch nur in Watte packen. Ich wollte lediglich ihm drum bitten, dass er guckt, dass Emi etwas vernünftiges zum Mittag isst und er bestimmte Themen einfach nicht ansprechen soll. Keine Aufdringlichen Körperkontakt, keine Berührungen und keine hektischen Bewegungen. Das war alles, was ich von ihm wollte. Ich traute ihm nicht, weswegen ich ausnahmsweise Emi auch ihre Tabletten selbst gegeben habe und hoffte, dass sie sie zuverlässig nahm.
Eigentlich wollten wir sie nicht gehen lassen, dann hätten wir zwar ziemlich Probleme mit dem Jugendamt gehabt aber das ist egal. Seit neustem Übergibt sich Emi nämlich nach dem Abendessen und ist dadurch sehr vorsichtig geworden, was essen angeht. Sie sagt zwar, dass es nicht extra ist und ihr einfach Abends immer schlecht wird aber Lukas und ich wissen noch nicht, ob wir ihr glauben können. Wir vertrauen Emi natürlich, aber wir vertrauen ihren Krankheiten nicht immer.

Auf jeden Fall versucht Emi seit dem vermehrt die Mahlzeiten auszulassen und man muss ihr das Essen wirklich reinzwingen. Wir machen das natürlich nicht gerne und es ist meiner Meinung nach, auch nicht der richtige Ansatz eine Essstörung zu heilen aber wir wissen uns nicht anders zu helfen. Am Montag werde ich einfach unverbindlich mit David sprechen und ihn nach Tipps fragen. Alle zwei Wochen haben Lukas und ich einen Termin bei David und Dr. Mikel zusammen, sie unterstützen uns einfach ein wenig im Umgang mit Emi und wir können ganz ungezwungen mit ihnen reden.

Aber jetzt hoffte ich erstmal, dass alles gut gegangen ist bei unserem Dad. Ziemlich nervös stieg ich somit aus meinem Wagen und lief auf die Villa zu. Unser Dad hat so viel Geld, und das nicht seit gestern, trotzdem hat er nie einen Cent gezahlt, seit Emi geboren wurde, für uns alle nicht.
Es dauerte ein paar Minuten bis mir jemand aufmachte, es war ein Mädchen. Sie sah Emi ziemlich ähnlich, dass war dann wohl mein kleine Stiefschwester.

„Hallo ich bin Mary, du bist bestimmt Jake, oder?" begrüßte mich jetzt eine Frau, die hinter dem Mädchen auftauchte.

„Ja, ich will Emi abholen."

„Das habe ich mir schon gedacht, komm doch gerne rein. Emi spielt gerade noch mit Lilly." erklärte sie mir freundlich.

„Hallo Jake mein Junge." begrüßte mich da auch schon mein liebster Vater.

„Hallo...Dad" seufzte ich. „Irgendwas passiert was ich wissen müsste?" fragte ich direkt nach. Ich fühlte mich ein wenig, als würde ich ein drei Jähriges Kind vom Spielen abholen und nicht meine 16-Jährige Schwester von ihrem Vater.

„Nein, aber Emiliana hat ein wenig erzählt. Ich möchte nicht, dass sie boxt. Das ist kein Sport für ein so zierliches Mädchen. Außerdem scheint sie mir zu dünn zu sein." sagte er jetzt ziemlich wütend zu mir. Ich musste kurz auflachen. Dieser verdammte Mistkerl.

„Das ist uns eigentlich herzlich egal, was du darüber denkst. Emi darf und soll das machen, was ihr Spaß macht. Und wenn es Boxen ist, soll sie das machen. Außerdem ist sie zwar zierlich aber nicht zerbrechlich."

„Und warum hat sie ein gebrochenes Handgelenk?"

„Das ganze war ein Unfall außerdem verletzt man sich nun mal beim Sport."

Er schnaubte verächtlich Haus. „Trotzdem ist sie zu dünn zum Sport machen."

„Sport ist Teil ihrer Therapie. Das was ich dir gestern versucht habe zu erklären und was auch in jeder verdammten Akte drinsteht. Emi leidet unter einer Essstörung ist aber im Normalgewicht und darf somit Sport machen. Sie hat einen festen Ernährungs- und Bewegungsplan, weswegen ich dich gestern auch gebeten habe, dass sie bei euch etwas essen soll. Hat das geklappt?" wären die Kinder im Haus nicht anwesend, wäre ich schon längst laut geworden.

„Sie meinte sie hat keinen Hunger." sagte Mary jetzt vorsichtig an mich gewandt. „Tut mir leid, ich wusste das nicht mit der Essstörung, sonst hätte ich oder wir natürlich drauf geachtet." entschuldigt sie sich. Ich musste mich echt zusammen reisen, nicht auszurasten.

„Nur so zur Info, Emi leidet unter selbstverletzrndem Verhalten, deswegen die Verletzungen." sagte ich noch wütend an ihn gerichtet. Zum Glück kam in diesem Moment Emi in den Flur und wir konnten endlich wieder gehen.

Im Auto herrschte Stille, ich war sauer und Emi überfordert. „Ich will da nie wieder hin." unterbrach sie nun die Stille.

„Glaub mir, ich will auch nicht dass du da wieder hingehst. Es tut mir auch leid, dass wir es nicht verhindern konnten." Ich warf meiner kleinen Schwester einen entschuldigten Blick zu.

„Das muss dir nicht leid tun, es ist nicht eure Schuld, dass das Jugendamt so blöd ist und unser Vater ein Arschloch. Er hat mich die ganze Zeit ausgefragt, um euch in die Pfanne zu hauen. Zumindest hat es sich so angefühlt."

„Ja so kenne ich ihn. Mach dir nichts draus, es liegt nicht an dir. Wir haben schon nach einer neuen Betreuerin gefragt, ich hoffe das wird etwas. Wie lief es sonst so?"

„Scheiße, Jana hasst mich und hat mich die ganze Zeit versucht runter zu machen, Boxen ist ein Jungssport und ich wäre zu schlecht zum Cheerleading, weswegen ich es nicht mehr mache. Jana ist toll, sie lebt jung und unbeschwert. Mary ist auch ganz nett aber irgendwie ist sie so eine typische reiche Frau eines Geschäftmannes. Außerdem haben sie mir versucht die Schule schmackhaft zu machen, auf die ich gehen soll, wenn ich zu ihnen ziehe. Dann wollten sie die ganze Zeit irgendwas machen, wie Bowlen oder Klettern. Ich weiß nicht wie oft ich ihnen erklären musste, dass ich ein gebrochenes Handgelenk habe und es nicht belasten darf. Irgendwann hat mich Lilly zum Glück einfach in ihr Spielzimmer gezogen und wir haben da die ganze Zeit gespielt. Nach dem Essen bestand Mary dann, dass wir alle zusammen etwas spielen sollen. Da wurde ich dann schon wieder über alles mögliche ausgefragt. Schrecklich, einfach schrecklich." Emi redete sich richtig in Rage, was mich leicht zum Schmunzeln brachte.

„Was grinst du denn so blöd. Du hast dir bestimmt deine Zeit mit irgendwelchen Menschen vergnügt" schimpfte sie weiter. Damit brachte die Sache auf den Punkt, aber das sagte ich ihr nicht. Aber anscheinend wusste sie es schon und verdrehte nur die Augen.

„Wie lief es denn mit dem Essen?"

„Mhm...gar nicht gut. Mary hat extra gekocht. Fleisch mit Kartoffeln und Brokkoli. Ich konnte einfach nichts essen, es tut mir leid Jake wirklich. Ich wollte es ja essen aber es ging nicht außerdem hat mich das Fleisch so angeekelt. Du musst mir glauben." die gute Stimmung war weg.

„Alles gut Emi, mach dir keinen Kopf. Ich habe Dad extra gesagt, dass du kein Fleisch isst und ihm ein paar Sachen vorgeschlagen. Aber selbst das hat er nicht gebacken bekommen. Mir war klar, dass du nichts essen wirst, die Situation ist schwierig für dich. Fremde Menschen, neue Situation und viele Trigger, dass ist total in Ordnung. Jedoch habe ich Dad darüber auch im Vorfeld in Kenntnis gesetzte, damit du zumindest eine Kleinigkeit isst. Es ist nicht wirklich deine Schuld, mache dir einfach keinen Kopf. Ivy hat schon gekocht, es gibt Thaicurry mit Reis." versuchte ich sie zu beruhigen. Ich meinte meine Worte komplett ernst, natürlich durften wir es nicht schleifen lassen, dass Emi regelmäßig isst. Aber es wird sie auch nicht umbringen, wenn sie an einem Tag nicht drei Mahlzeiten isst.

Zuhause angekommen, verschwindet Emi direkt auf ihrem Zimmer, Lukas, der im Flur steht, schaut mich nur verwirrt an.

„Gönn ihr mal ein wenig Ruhe, es war ein harter Tag für sie. Unser Vater hat sie komplett ausgequetscht und alles um was ich ihn gebeten habe, hat er ignoriert." erkläre ich ihm kurz. Er nickte nur, es kam für ihn nicht überraschend, für mich auch nicht. Aber ich hatte Hoffnung, dass er sich zumindest endlich für seine Tochter anstrengt. Doch da hatte ich mich getäuscht.

„Ich habe morgen Vormittag einen Termin mit unserem Anwalt gemacht, hoffentlich hat er bessere Nachrichten für uns." sagte mir Lukas noch. Ich nickte, ja hoffentlich. Die Situation war einfach nur beschissen, vor allem für Emi in ihrem aktuellen Zustand.

Wir dachten eigentlich, dass der Tag beschissen genug wurde aber da täuschten wir uns. Es hat eine Stunde gedauert, bis wir Emi überreden konnten etwas zu essen. Irgendwann hat sie dann unter Tränen machgehgeben und zumindest ein bisschen gegessen. Es tut mir im Herzen weh, meine kleine Schwester so zu zwingen. Aber wir wussten uns ehrlich gesagt anders nicht zu helfen, wenn wir einmal nachgeben, ist es die Bestätigung für Emi, dass sie uns überzeugen kann, nicht regelmäßig zu essen.

Keine zwanzig Minuten nach dem Essen, musste sich Emi wieder übergeben. Daraufhin gab es wieder Streit, da wir nicht wissen, ob es extra ist oder nicht.

fighting for trust Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt