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Nachdem sich eine weitere Freundin zu uns gesellt hatte, setzten wir uns etwas weiter weg, um nicht wegen der lauten Musik schreien zu müssen. Inzwischen war ich bei meinem dritten Drink und langsam aber sicher merkte ich ein wenig. Ab und zu kam eine Nachricht von Liam und immer wenn ich antwortete, war ich vorsichtig, dass niemand etwas erkennen konnte.

Bei den anderen dreien kam mein ständiges Zurücklehnen allerdings ganz anders an. Also fingen sie an, mich zu hänseln, dass zwischen mir und ihm mehr als nur Freundschaft sein würde. Was nicht stimmte, und das erklärte ich ihnen auch genau so.

Zumindest hatte ich es versucht, es so ehrlich wie möglich zu sagen. Irgendwann schrieb er mir, ich solle ihn einfach anrufen, wenn ich seine Hilfe bräuchte, und ich brauchte sie wirklich. Also entfernte ich mich ein paar Meter von der Gruppe und setzte mich auf eine Treppenstufe.

Es dauerte keine Sekunde, bis er den Anruf entgegennahm und seine Stimme durch den Hörer schallte. Sofort erkundigte er sich, wie es mir ginge und ob ich schon etwas in Bezug auf Asher unternommen hätte. Das hatte ich nicht, außer dass ich meine Beine mehr oder weniger in Trance auf seine gelegt hatte.

Wir unterhielten uns kurz, bis Asher selbst kam und fragte, ob mit mir alles in Ordnung sei und dass wir bald langsam fahren sollten. Im ersten Moment war ich überrascht. Waren wir nicht gerade erst angekommen? Aber als ich auf meine Apple Watch schaute, stellte ich fest, dass es schon fast drei Uhr war.

Als er auf die Toilette ging, nutzte ich die Gelegenheit, um meine AirPods zu holen. Ich hatte meine Haare heute extra zu einem Seitenscheitel frisiert, damit mein AirPod einfach von niemandem bemerkt werden würde. Ich fühlte mich ein wenig schlecht dabei, aber ich brauchte dringend Unterstützung von ihm, besonders in meinem Zustand.

Etwas zittrig blieb ich am Tisch stehen und wartete mit den anderen darauf, dass Asher zurückkam. Als das endlich geschah, verabschiedeten wir uns von dem Geburtstagskind und verschwanden dann gemeinsam von der Party. Nun war die Zeit gekommen. Ich wartete, bis er auf der normalen Straße war, denn ich wusste, dass er während der Fahrt nicht gerne redete.

Dann ergriff ich behutsam das Wort. "Also, wir sollten reden." Er schluckte sichtlich, dann schüttelte er leicht den Kopf. "Nicht während der Fahrt. Wir bleiben bei dir stehen und dann reden." In meinem Ohr hörte ich beruhigende Worte von Liam, aber trotzdem war mir die ganze Sache unangenehm, und ich blickte stattdessen aus dem Fenster. Aus Reflex legte ich irgendwann meine Hand auf den Schaltknüppel, als würde ich selbst fahren. Es war ungewöhnlich, dass ich nicht selbst fuhr, denn normalerweise war ich diejenige, die fuhr.

Asher reagierte besorgt, aber ich wusste es besser, als einfach den Gang zu wechseln. Also legte er zwangsweise seine Hand auf meine, um zu schalten. In kitschigen Liebesfilmen hätte ich jetzt meine unsterblichen Gefühle erkannt, aber in Wirklichkeit passierte nichts. Keine Schmetterlinge und keine Gefühle. Nichts.

Zumindest nicht mehr als Freundschaft und dafür könnte ich mich wirklich verfluchen. Was sich wie eine Ewigkeit anfühlte, waren in Wirklichkeit sogar weniger als zehn Minuten. Dann, als wir vor meiner Haustür ankamen, parkte er an einem Hang. Zumindest versuchte er das, denn wie sich herausstellte, war seine Handbremse kaputt und das Auto rollte nur langsam weiter.

Also fuhr er eine Ehrenrunde und parkte stattdessen auf einer einigermaßen ebenen Fläche. Zu meinem Haus müsste ich nun den Hügel hinunterlaufen, der wirklich steil war, aber Asher versicherte mir sofort, dass er mich wieder hinunterfahren würde. Auf die Verneinung von meiner Seite hin ließ er sich nicht einmal ein.

Und dann begann das Gespräch. Liam in meinem Ohr sagte mir, ich solle zuerst anfangen, und ich wusste, dass er Recht hatte. Nur was ich nicht wusste, war, wo ich anfangen sollte. Irgendwie schaffte ich es, ein wenig von dem zu stammeln, was ich Liam schon bei dem Telefonat erklärt hatte.

Ich wollte ihn wirklich lieben, aber ich konnte es nicht. Ich wollte ihn wirklich lieben, weil ich wusste, dass er gut für mich sein würde. Aber ich konnte es nicht. In meinem Leben hatte ich nur einen einzigen Freund bisher gehabt und mit ihm hatte ich nicht mehr gemacht als Händchenhalten und lange Umarmungen.

Einfach weil ich Angst hatte. Meine Angst war in diesem Fall berechtigt gewesen, aber diese Angst hielt mich auch jetzt von allem fern. Ja, ich hatte Angst davor. Davor, unsere Freundschaft zu zerstören und vor allem unsere Vierergruppe mit Liam und Theo, die mir in letzter Zeit aus so viel Schmerz herausgeholfen hatten.

Ich hatte Angst, die Jungs vor eine Entscheidung zu stellen. Eine Entscheidung, die ich auch nicht selbst treffen wollte. Und vor allem, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie mich ihm vorziehen würden.

Das würde ich auch nie von ihnen erwarten. Nicht einmal im Traum käme es mir in den Sinn, ihnen dieses Ultimatum zu stellen, aber selbst wenn es niemand aussprechen würde, käme es irgendwann von selbst. Ich wollte das alles nicht. Weder für sie noch für mich.

Aber wenn ich mich mit ihm ohne Gefühle zusammen kommen würde, wäre ich egoistisch, denn ich würde ihn bewusst oder unbewusst benutzen, um Finn endlich zu vergessen und so behandelt zu werden, wie ich immer behandelt werden wollte. Ich hatte versucht, ihm all diese Gedanken genau so zu erklären, aber Worte waren noch nie meine Stärke gewesen.

Genau in diesem Moment, als ich nicht wusste, was ich noch hinzufügen sollte, endete das Telefonat mit Liam und mit einem Mal war ich nun ganz auf mich allein gestellt. Niemand konnte mich jetzt noch retten und dann überkamen mich all die aufgestauten verwirrenden Gefühle und ich begann einfach zu weinen.

All too wellΌπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα