Kapitel 25 - Geborgen

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„Sobald ich mit der flachen Hand gegen deine Fußsohle drücke, ziehst du deinen Fuß langsam zu dir und gibst Chris Bescheid. Er zieht dich dann vorsichtig mit Kati aus dem Spiegel. Keine unbedachten Bewegungen. Verstanden?" Tylers Bariton füllt den Raum gänzlich aus, als er uns letzte Instruktionen gibt.

Gott, was bin ich froh, dass der Schuss nicht nach hinten losgegangen ist und er nachgegeben hat. Vorerst zumindest. Wie es mit ihm und Mike weitergeht, steht in den Sternen, aber ich bin heilfroh, dass er mit uns zurückportiert hat, um André zu retten. Und dass zwischen den beiden derzeit so etwas wie Waffenruhe herrscht.

Mike und Ty portieren in Andrés Schlafzimmer und kümmern sich gemeinsam um den Spiegel und den Fuß, während Kati und ich bei André auf dem Boden kauern und darauf warten, dass wir ihn endlich befreien können.

„Meinst du, dass die beiden später wieder miteinander reden und ihren Streit aus der Welt schaffen werden?", André verschlingt unsere Hände miteinander und sieht zu mir auf.

„Ich hoffe es, Schatz. Ich hoffe es. Mike liebt ihn immer noch sehr, das fühle ich."

„Spürst du seine Gefühle genauso wie meine?"

„Nein. Mikes Gefühle sind wie ein Schatten. Ein Wispern. Daher habe ich diese genetische Blutsverbindung wohl auch nie bewusst wahrgenommen. Ich muss mich auf ihn konzentrieren, um ihn zu fühlen. Aber ich bin nun aufmerksamer und weiß, dass da nicht nur ein komisches Bauchgefühl oder ‚Irgendetwas' ist, sondern, dass es sich um Mikes Echo handelt und ich bekomme daher viel schneller mit, ob ich mich auf ihn konzentrieren muss, weil es ihm zum Beispiel schlecht geht. Du hingegen bist ständig präsent. Ich spüre das Echo deiner Gefühle in jeder Sekunde. Immer."

„So geht es mir auch mit dir", flüstert André und streichelt mir mit den Fingerknöcheln zart über die Wange. „Ich bin froh und stolz, dass wir diese Verbindung haben – oh! Au!" Er verzieht das Gesicht und während sich nun sein Schmerz in mir ausbreitet und mich zusammenzucken lässt, zieht er ganz langsam und tapfer den rechten Fuß aus dem Spiegel.

Kati und ich packen sofort Andrés Oberarme und schleifen ihn vorsichtig auf dem Boden ein Stück zurück, sodass auch sein linker Fuß aus dem Spiegel gleitet.

„O Gott. Ich bin frei!" André keucht heftig und dicke Tränen der Erleichterung kullern über seine Wangen.

„Komm, Schatz. Wir hieven dich erst einmal auf mein Bett. Weg vom Fußboden. Ty hat gesagt, wir sollen dich wärmen. Vor allem die Füße."

Mit vereinten Kräften schaffen wir André auf mein Bett. Beide Beine und Füße sind, Gott sei dank unversehrt.

„Wie fühlt er sich an?"

„Als wäre ich durch Scherben gelaufen und hätte mich geschnitten. Aber es ist nichts zu sehen, oder?"

„Nein, er sieht intakt aus."

Kati kommt mit einer Wärmflasche und gemeinsam packen wir Andrés Füße warm ein.

„Leg dich zu ihm. Ich mache es mir im Wohnzimmer gemütlich und lasse euch ein bisschen Freiraum. Vielleicht kann mich Mike nachher nach Hause bringen. Wenn nicht, nehme ich mir ein Taxi." Kati zwinkert mir zu und schließt leise von außen die Schlafzimmertür.

Ich schlüpfe vorsichtig zu meinem wundervollen Freund unter die Decke. Ich kann nicht anders. Ich muss auf Tuchfühlung gehen. Brauche seine Nähe genauso wie er meine.

André brummt wohlig, als ich mich an ihn kuschle, meine Hand unter seinem Shirt auf Wanderschaft schicke und meine Nase in seine Halsbeuge presse. Ich muss ihn riechen, spüren, halten. Muss ihn unbedingt festhalten. Mich versichern, dass er unversehrt ist. Bei mir ist. Meine Fingerspitzen streicheln fasziniert über die mit feinen Härchen überzogene Brust, über die weiche Haut, die seine Bauchmuskeln überspannt, und wieder hinauf bis zum Hals.

Abgetaucht und durchgespiegeltWhere stories live. Discover now