Kapitel 7

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Ich falle in mein Auto und verriegele die Türen. Mein Kopf fährt sofort ans Fenster. Dort draußen kann ich nur leeren Bordstein erkennen. Dort ist nichts was sich bewegt, nichts bis auf ein paar Baumkronen daneben, die sich im Wind bewegen. Niemand scheint mir gefolgt zu sein.

Das Adrenalin lässt meinen Pegel zwar abebben, aber es ändert nichts daran, dass ich zum Fahren noch lange nicht fähig bin. Scheiße, ich komme hier nicht weg.

Und dann. Ein Schlag auf Metall erschüttert mich, wirft mich in imaginäres Eiswasser. Ich hätte schwören können, dass sich der Wagen gerade bewegt hatte. War das ein Schlag auf die Motorhaube? Nein, das hätte ich kommen sehen.

Ich bin orientierungslos. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht.

Um mich herum wird der Raum immer enger und meine Fenster allmählich zu Milchglas. Mein Puls schlägt, er schüttelt meinen Körper wie ein Erdbeben. Noch dazu rauscht mir das Blut in den Ohren. Es fühlt sich an als würde sich mein Magen zu einem ekelhaften Knoten verformen - als würde ich jeden Moment ersticken.

Okay, ruhig. Rational denken: Pfefferspray?

Meine Hände jagen sofort zum Handschuhfach, räumen den nutzlosen Inhalt darin aus. Dann greife ich nach dem Ziphoodie auf dem Beifahrersitz. Ich durchforste die Taschen, in der Hoffnung, das Spray darin finden zu können. Vergeblich. Stattdessen ziehe ich einen Zettel hervor. Eine Handynummer. Es ist die vom Baumarkt-Typen.

Mit zittrigen Händen halte ich das Papier. Vielleicht wähle ich doch besser den Notruf, oder reagiere ich gerade über? Ich meine, wie peinlich wäre es, wenn ich mir das Ganze gerade nur einbilde?

Keine neue Nummer mehr, - ich hatte es mir doch geschworen. Aber, das hier... das hier ist ein Notfall!

Es ertönen zwei viel zu lange Freizeichen bis er endlich abhebt: »Hallo?«

»Hallo? Äh - ist da... der Kartontyp?« Okay wow - wie blamiere ich mich am schnellsten? - Hier ist meine Top 1 - „How to do it".

Ich höre ein ersticktes Lachen am anderen Ende des Hörers und fange an mich zu hassen. »Haha, nein. Hier ist nur ‚Nate' am Apparat, sorry.«

»Nate vom Baumarkt?«

»Ja.«

»Okay, hi Nate. Ich bin's Lina. Ich-,« und atme viel zu lange aus. »Ich weiß nicht wo ich anfangen soll...«

»Ach' Lina - ich erinnere mich. Steckst du in Schwierigkeiten?«

»Äh...« ich schaue aus dem Fenster der Fahrerseite, dort kann ich keine Bewegungen erkennen. »ich bin mir nicht sicher. Hörst du ich... ich habe alle meine Nummern auf dem Handy gelöscht. Es war dumm und ich weiß nicht... Hörst du, ich weiß gerade wirklich nicht wen ich sonst anrufen soll, also-«

»Ich komme.«

Ich bin überwältigt von seiner Antwort. »Danke,« es ist nur ein Hauchen.

»Okay. Wo steckst du?«

Ich gebe ihm meinen ungefähren Standort durch, während ich mich in meinen Wagen verkrieche. In Embryostellung mache ich mich ganz klein und werde quasi Eins mit dem Sitz.

Ich bin alleine und noch dazu habe ich Angst.
Und das Einzige woran ich denken kann ist: Liam. Wo ist Liam? Ich brauche ihn. Wie konnte ich nur jemals seine Nummer löschen?

Lovely Lies - Die Lügen die ich liebteWhere stories live. Discover now