Kapitel 45 - Zuhause

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Xavier

Ich atmete angestrengt aus und versuchte mir zu überlegen, wie ich das am besten erklären könnte, aber eigentlich war es ganz einfach. „Damit du keine Dummheiten anstellst. Wie abhauen, mich oder dich verletzten. Das ist zu meinem als auch deinem Schutz." Sie knurrte wieder und ließ einen kurzen Schrei los, ehe sie an den Fesseln rüttelte. „Zu meinem Schutz? Das ist doch ein schlechter Scherz. Ich muss nicht vor mir selbst geschützt werden. Viel mehr brauche ich Schutz vor dir, wie es scheint. Denn du bist derjenige mit einer Vorliebe für Fesselspiele." Ich sah ein Funkeln in ihren Augen, was meine Hitze plötzlich aufkommen ließ. „Hättest du ein Problem damit?" Ich spürte, wie meine Haut anfing zu kribbeln und mein Wolf an der Oberfläche kratzte. Okay. Beruhig dich. Das ist jetzt der wahrscheinlich schlechteste und unpassendste Zeitpunkt für die Paarungszeit. Ich atmete also mehrfach ein und aus und versuchte meinen Wolf zu beruhigen. Es könnte keinen ungünstigeren Zeitpunkt für die Hitze geben als jetzt. Doch auch an ihr schien diese Aussage nicht spurlos vorbeizugehen. Ich konnte ihre Nässe bis hierhin riechen und auch ihre Nackenhaare fingen an sich langsam aufzustellen. „Ja, ich habe ein Problem damit. Denn ich hänge an meiner Freiheit. Außerdem bin ich kein Haustier, was man an eine Leine legen kann." Meine Augen funkelten aufgeregt und sie trieb die Hitze nur weiter an die Oberfläche. „Du machst es mir nicht gerade einfach, wenn du mich auf solche Ideen bringst."

Olivia

Was hat das alles zu bedeuten und wieso verdammt bin ich an ein Bett gefesselt? Was soll der Mist? Waren nur ein paar wenige Fragen, welche mir durch den Kopf gehen. Aber viel mehr als der Grund für meine Umstände interessierte mich, warum ich mich zu ihm hingezogen fühle. Warum fühle ich mich erregt, wenn er davon spricht mich zu fesseln? Oder zweideutige Aussagen trifft. Ich spüre, wie mir die Nackenhaare zu Berge stehen und wie ich unbewusst die Beine fester zusammenpresse. Das ist der wohl schlechteste Zeitpunkt, um jetzt für meinen Entführer Gefühle zu entwickeln. Also tat ich das einzig vernünftigste und schnappte mir das Glas Wasser vom Nachttisch und schleuderte es ihm entgegen. Das Wasser spritzte durch die Gegend, doch leider duckte sich Xavier, sodass das Glas an der Wand zersprang. „Nicht schlecht aber leider knapp daneben." Er erhob sich wieder und sah sich die Scherben kurz an, ehe er sich wieder zu mir umdrehte. „Du scheinst es wohl mit Wassergläsern zu haben." Und schon wieder grinste er über beide Ohren, was kleine Grübchen zum Vorschein brachte. Wie ich es jetzt schon hasse, wenn er das macht. „Das ist nicht witzig." Gab ich also grimmig von mir. „Ohh. Ich finde das schon sehr amüsant. Immerhin bin ich nicht derjenige, der an ein Bett gefesselt ist." Ich knurrte wütend auf und spürte Ophelia an meiner Oberfläche kratzen. „Ich kann dir gleich mal zeigen was witzig ist! Komm nur her und du wirst es erfahren." Ich sprach durch zusammengebissene Zähne und formte meine Augen zu Schlitzen.

„Tut mir leid. Ich passe. Tollwütigen Hunden soll man nicht zu nahekommen." Innerlich musste ich leicht schmunzeln, da er mich nun genauso beleidigen konnte, wie ich ihn. Andererseits fand Ophelia das weniger witzig und war kurz davor die Kontrolle zu übernehmen. >Sag das noch einmal und ich zeige dir wie sich eine tollwütige Werwölfin verhält.< Knurrte sie in meinem Kopf, während ich mir nun zunehmend Gedanken darüber machte, wie er es herausgefunden hatte. Habe ich mich verraten? Hat mich meine Wölfin verraten?. „Du .. du weißt es?" Fragte ich also zögerlich nach und spielte mit den Ecken der Bettdecke. „Das du ein Werwolf bist? Ja." Ich nickte zögerlich, ohne seinem Blick zu begegnen. „Ein wenig witzig, findest du nicht? Der Mensch, der Werwölfe wohl am meisten hasst und verabscheut, ist nun selbst einer." Er schmunzelte leicht, doch rieb sich gleichzeitig angespannt den Nacken. Ich gab nur ein Schnaufen von mir und verschränkte die Arme vor der Brust. „Die einzige Frage, die ich mir stelle, ist .. wie?" Er sah mich unentwegt an und versuchte jede meiner Bewegungen zu erfassen. „Wenn ich das nur selber wüsste." Flüsterte ich vor mich hin und schloss angestrengt die Augen. „Ich verstehe das ganze doch selbst nicht einmal." Sprach ich ihn nun an. Traurigerweise war es auch die Wahrheit. Ich wusste es wirklich nicht und konnte es mir immer noch nicht erklären.

Xavier

Ich hatte noch so viele unbeantwortete Fragen, welche ich ihr stellen wollte, doch sie sah zu erschöpft aus, um von mir ausgequetscht zu werden. „Ich glaube, ich lasse dich jetzt mal allein. Du siehst nicht gut aus und brauchst Ruhe." Ich stieß mich von dem Schreibtisch ab, welchen ich dorthin verlegt hatte, um ihr näher zu sein, während ich nebenbei ein Rudel zu leiten hatte. So konnte ich zwei Sachen gleichzeitig erledigen. Zeit mit ihr verbringen und meinen Pflichten nachkommen. Ich lief also in Richtung Tür und wollte ihr Zeit geben sich mit der jetzigen Situation zu arrangieren. Doch bevor ich aus dem Zimmer treten konnte, hielt mich ihre Stimme auf. „Warte!" Ich stoppte in meiner Bewegung und drehte mich im Türrahmen zu ihr um. „Kannst du mich bitte los machen?" Sie deutete auf die Fesseln und sah mich mit ihren großen Kulleraugen an. Ich seufzte bereits jetzt und kniff die Augen zusammen, bei dem Gedanken an meine kommende Reaktion. „Kann ich dir denn vertrauen?" Sie sah mich weiterhin an, doch rührte sich nicht. Sie gab auch keinen Mucks von sich, sondern starrte mich weiterhin nur an. „Wenn du mir versprechen kannst, dass du hierbleibst. Diesen Raum nicht verlässt und auf das hörst, was ich dir sage, kann ich dich gerne losmachen. Wenn du aber eine dieser Forderungen nicht erfüllen kannst, dann tut es mir leid für dich." Ich sah sie mitleidig an und wusste, dass diese Sachen in den nächsten Wochen zwischen uns stehen würden.

Dennoch musste ich auch mir eingestehen, dass es derzeit keine andere Möglichkeit gab, sie hier zu behalten. In meiner Nähe und in Sicherheit. Ich warf ihr also einen letzten Blick zu, ehe ich aus der Tür lief und diese hinter mir verschloss. Sie wird mich hassen. Definitiv wird sie das. Wenn sie das nicht bereits jetzt schon tut. Ich könnte mich selber ohrfeigen, für meine impulsiven Handlungen aber welche Wahl hatte ich denn? Wie könnte ich sicher sein, dass sie hierbleibt und nicht wieder abhaut, wenn ich sie nicht dazu zwinge. Ich rieb mir angestrengt durch das Gesicht und griff in meine Haare, um an diesen zu ziehen, während ich die Treppen nach unten lief. Ich wusste nicht einmal, was ich jetzt machen sollte. Sollte ich einfach das Haus verlassen, um meinen Kopf freizubekommen? Sollte ich hierbleiben und mich um Rudelangelegenheiten kümmern? Mich in die Arbeit stürzen, so wie ich es schon immer getan hatte, wenn ich zu viel um die Ohren hatte und nicht wusste, wie ich mit meinen Problemen umgehen sollte? Ich meine, sollte ich hierbleiben? Sollte ich ihr Freiraum geben? Aber ich kann ja schlecht das Haus verlassen, wenn meine Gefährtin dort oben an ein Bett gefesselt ist oder? Ich lief aufgeregt in der Küche umher, während mein Magen anfing zu knurren. Wie lange hatte ich schon nichts mehr gegessen? Und die viel wichtigere Frage, wie lange hatte sie schon nichts mehr gegessen?

Ich hatte sie seit den letzten 24 Stunden nicht aus den Augen gelassen und in dieser Zeit hatte sie lediglich einen Kaffee getrunken. Verdammt. Ich bin der schlechteste Gefährte aller Zeiten. Was für ein Alpha war ich, der sich um ein Rudel kümmern sollte, aber bereits mit seiner Gefährtin überfordert war. Und wer war ich zum Teufel nochmal, der seine Gefährtin verhungern ließ. Ich lief also zum Kühlschrank und riss die Tür auf, als mir auffiel, dass ich seit einer halben Ewigkeit nicht mehr einkaufen war. Was so viel bedeutet wie: in meinem Kühlschrank herrscht gähnende Leere. Ich schloss also die Tür und durchsuchte alle Vorratsschränke, doch auch da war nicht wirklich viel zu finden. Bis auf Nudeln und Dosentomaten. Ich stöhnte resigniert. Dann gibt es wohl Nudeln mit Tomatensoße. Das einzige, was ich wohl kochen kann, wenn man davon überhaupt sprechen kann. Ich stellte also alle benötigten Zutaten auf den Tresen und fing an Wasser in einen Topf zu füllen und diesen auf den Herd zu stellen. Anschließend öffnete ich die Dose mit den Tomaten, füllte den Inhalt in einen zweiten Topf und erwärmte auch diesen. Nachdem ich mit ein paar Gewürzen und getrockneten Kräutern die Soße notdürftig verfeinert hatte, bereitete ich zwei Teller vor und stiefelte die Treppen wieder nach oben. Wobei ich mir nicht sicher war, was ich in meinem oder jetzt besser gesagt unserem Zimmer lieber vorfinden möchte. Eine schlafende Olivia oder eine hellwache. Fakt ist, ich werde es so oder so nicht ändern können.

Olivia

Ich saß immer noch auf dem Bett und versuchte mich von den Fesseln und Ketten zu befreien. Doch als ich plötzlich Schritte hörte, hielt ich in meiner Bewegung inne und drehte mich langsam zur Zimmertür um. Keine Sekunde später stand Xavier etwas verloren in der Tür. Genau zwischen Flur und Schlafzimmer mit zwei Tellern in der Hand. Ich zog eine Augenbraue hoch und sah ihn stirnrunzelnd an. „Ich dachte du könntest vielleicht etwas zu essen vertragen." Er sah wirklich sehr verloren aus. Irgendwie hatte ich Mitleid mit ihm, aus welchen Gründen auch immer. „Und da dachtest du dir, dass ..?" Ich beendete meinen Satz nicht, da ich nicht wusste, was ich hätte sagen sollen. Hätte ich gemein sein sollen? Mich bedanken? Mir erschien nichts wirklich richtig. Einerseits hatte er mich entführt und sperrt mich hier ein. Andererseits müsste er sich nicht um mich kümmern und dafür sorgen, dass ich etwas zu mir nehme. Was also soll man in solch einer Situation sagen. „Ich dir etwas zu Essen hier hochbringe und dir Gesellschaft leiste?" Beantwortete er meine Frage zögernd und stand immer noch zwischen Tür und Angel. „Ich dachte, du wolltest, dass ich mich ausruhe. Aber andererseits ... wenn du schon mal hier bist. Wer wäre ich schon, wenn ich dieses charmante Angebot ablehnen würde?" Ich lächelte ihn vorsichtig an und deutete zwischen dem Schreibtisch und dem Bett, auf welchem ich saß, hin und her. Er reichte mir den Teller und ging dann rüber zu seinem Schreibtisch, an welchem er sich anlehnte.

Der Hass meiner Gefährtin Where stories live. Discover now