Kapitel 14 - Nächtliches Schreiben

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Olivia

„Kann ich dann jetzt gehen?" Fragte ich in den Raum, nachdem mir der Rudelarzt, welcher sich mir als Atlas vorstellte, endlich dieses Mittel gespritzt hatte. „Es wäre von Vorteil, wenn du wenigstens noch eine Nacht hierbleiben würdest. Damit wir beobachten können, wie du auf das Mittel reagierst." Er drehte sich wieder um und sah zwischen mir und Xavier hin und her. „Oh nein! Der Deal war, dass ich mir dieses Mittel spritzen lasse, was ich ja jetzt habe und nicht, dass ich hier noch eine Nacht bleibe." Xavier sah mich warnend an, weil ich schon wieder von dem Bett aufstehen wollte. „Du kannst mich so griesgrämig anschauen, wie du willst. Ich werde hier nicht länger als nötig bleiben." Ich schwang also meine Beine über die Bettkante und richtete mich auf. Doch als mir wieder schwarz vor Augen wurde und ich mich an der Wand abstützte, kam mir Xavier zu Hilfe. „Du bist immer noch geschwächt. So lasse ich dich auf keinen Fall gehen." Er knurrte leicht und sah mich besorgniserregend an. Eine komische Mischung, wenn ihr mich fragt. „Dann fahr mich halt oder besitzt ihr keine Autos? Denn auf deinem Rücken nehme ich mit Sicherheit keinen Platz." Ich schnaufte frustriert auf und sah in abwartend an. Wieder knurrte er. „Womit habe ich das verdient." Flüsterte er mehr zu sich und nahm mich kurz darauf auf seine Arme. „Hey!" Rief ich empört. „Was soll das werden? Ich bin durchaus in der Lage selbst zu laufen." Er schüttelte nur den Kopf und verließ mit mir das Krankenzimmer.

„Da du nicht auf meinem Rücken mitwillst, muss ich dich eben tragen." Ich riss die Augen schockiert auf und sah ihn an. „Das soll ein Scherz sein, oder? Bitte sag mir, dass das ein Witz ein." Ich habe vorhin eigentlich nur Spaß gemacht aber das er wirklich kein Auto hat, schockierte mich jetzt. Ich wartete seine Reaktion ab, doch als er anfing zu schmunzeln, verpasste ich ihm einen Schlag auf den Hinterkopf. „Du Arsch." Gab ich augenrollend von mir und blickte wieder nach vorne. Und da war es. Sein Auto. Direkt vor dem Krankenhaus geparkt und natürlich war es ein teures Auto. „War ja klar." Gab ich nur von mir, während er mich auf dem Beifahrersitz absetzte. „Kann ich nicht hinten sitzen?" Doch er knallte schon die Tür zu und lief um das Auto herum, während ich mich widerwillig anschnallte. „Nein." Er startete das Auto, doch bevor wir losfuhren, beugte er sich über mich und betätigte die Kindersicherung. Ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Dein Ernst?" Doch er antwortete nicht und fuhr einfach los. Während der Fahrt blickte ich die ganze Zeit stur aus dem Fenster, um ihm keinen Anlass zu geben sich mit mir zu unterhalten, denn darauf hatte ich nun wirklich keine Lust. Außerdem wusste ich auch noch nicht, wo wir waren. Immer hin bin ich, laut seinen Erzählungen, vor der Uni umgekippt und er hatte mich dann zu seinem Rudel gefahren. Also wollte ich meine Umgebung umso genauer wahrnehmen.

Wir fuhren also eine Weile, ehe ich den Weg erkannte, den meine Mutter und ich am ersten Tag langgefahren sind. Doch als er einfach weiterfuhr, anstatt abzubiegen, bewegte ich meinen Kopf in seine Richtung und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Du weißt schon, dass wir da hätten abbiegen müssen." Doch er zeigte keine Regung und blickte stur geradeaus. „Hey! Ich rede mit dir." Wieder reagierte er nicht. Er steuerte einfach seelenruhig das Auto weiter. Ich stöhnte verächtlich und verschränkte die Arme vor der Brust. „War das dein Plan? Erst so zu tun, als würdest du mich gehen lassen und dann doch entführen?" Doch wieder antwortete er nicht. Das kann doch nicht sein Ernst sein! Er zeigte nicht mal eine Regung auf seinem Gesicht! Was ist nur falsch mit ihm? Sind die alle so? Während ich mich wieder auf die vorbeiziehende Umgebung konzentrierte, wurde er mit der Zeit langsamer, bis wir in eine kleine Stadt fuhren, wo er vor einem Geschäft parkte. Ich richtete also meinen Blick wieder auf ihn und wartete eine Antwort ab. „Würdest du mir jetzt bitte erklären, was wir hier machen? Ich habe da gerade wirklich keinen Kopf für." Er sah mich kurz an, ehe er die Tür öffnete und ausstieg. Ich wollte es ihm gleichtun, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. Ich schlug gegen die Scheibe, doch da drückte er bereits auf seinem Autoschlüssel herum und das Auto machte klick. Er hatte mich doch tatsächlich in seinem Auto eingesperrt! Ich hämmerte gegen die Scheibe, versuchte jegliche Knöpfe im Auto zu drücken und rüttelte an der Tür.

Doch ich war eingeschlossen. Im Auto eines scheiß Werwolfes. Ich versuchte meine Gedanken zu sammeln und fragte mich, wie ich eigentlich in solch eine Situation kommen konnte. Ich raufte mir die Haare und versuchte herauszubekommen, was er vorhatte und warum zum Teufel er auf einmal den Schweigsamen spielte. Doch bevor ich zu einem Entschluss kam, machte das Auto wieder klick und er trat aus dem Geschäft gegenüber. Mit einer Tüte in der Hand. Das soll doch wohl ein schlechter Scherz sein?! War er gerade ernsthaft einkaufen und hat mich hier zurückgelassen? Hätte er das nicht machen können, nachdem er mich zuhause abgesetzt hatte? Ich versuchte meine Wut zu sammeln und sie, sobald er sich in dieses Auto setzt, an ihm auszulassen. Doch das alles verpuffte, als er sich wieder neben mich setzte und das Schweigen brach. „Ich wiederhole mich nur ungern, aber ich will dich nicht entführen. Ich will, dass du dich freiwillig für mich entscheidest. Egal wie lange es dauert. Außerdem wollte ich nicht, dass du nur in einem T-Shirt bekleidet das Auto verlässt und dich erkältest. Da ich deine Kleidung von heute morgen kaputtgerissen und dann weggeschmissen hatte, habe ich dir jetzt neue Sachen besorgt. Ich hoffe ich habe deinen Geschmack und deine Größe getroffen." Nachdem er das alles gesagt hatte, startete er wieder den Motor und fuhr den gleichen Weg zurück. Nur dieses Mal bog er an der besagten Stelle ab und brachte mich wirklich nachhause.

Ich war währenddessen völlig überrumpelt von dem, was er gerade gesagt und getan hatte, und musste mich erst einmal sammeln. Ich dachte über seine Worte nach und musste bedauerlicherweise zugeben, dass das alles Sinn ergab. Und irgendwie war es ja auch ein bisschen süß. Er wollte nicht, dass ich mich erkälte und hat mir neue Sachen gekauft. Ohne, dass ich es wollte. Er hat es von sich ausgetan. Mir wurde augenblicklich warm ums Herz, als ich daran dachte, das er das nur für mich getan hatte. Doch als ich wieder nach draußen blickte und mein Haus sah, verpuffte dieses Gefühl. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf und versuchte mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Xavier hielt wenige Meter vor dem Haus und steig anschließend aus, um mir die Tür zu öffnen. Ich stieg also, mit der Tüte in der Hand aus, während er die Autotür zuschlug und sich am Kofferraum zu schaffen machte. Wenige Sekunden später kam er mit meinem Rucksack in der Hand auf mich zu und deutete mir an, vorzugehen. Vor meiner Haustür angekommen, drehte ich mich zu ihm um und wollte ihm den Rucksack abnehmen. „Ich mach das schon." Sagte er wie selbstverständlich, doch ich schüttelte den Kopf. „Ich brauche meinen Schlüssel. Sonst komme ich nicht ins Haus." Er sah mich kurz an, ehe er mir den Rucksack überließ. Ich kramte also den Schlüssel heraus und schloss die Haustür auf. Wir standen uns beide etwas unbeholfen gegenüber. Keiner wusste, was er sagen sollte. Also stellte ich meine Sachen in den Flur, ehe ich mich noch einmal zu ihm umdrehte.

Er hatte seine Hände mittlerweile in die Hosentaschen gesteckt und sah geschafft aus. Seine Haare fielen ihm teilweise in die Stirn, unter seinen Augen hatten sich leichte Augenringe gebildet und sein Hemd war zerknittert. „Also, ehm .." Fing ich an, doch wusste nicht, was ich sagen sollte. „Danke fürs Fahren und die Sachen?" Ich mied seinen Blick und zupfte an dem Shirt herum. „Keine Ursache. Das Shirt kannst du übrigens behalten. Ich brauche es nicht." Er ging ein paar Schritt zurück und drehte sich um. Doch bevor er in sein Auto steigen konnte, rief ich ihm noch etwas hinterher. „Muss ich wegen dem Arm noch etwas beachten?" Er sah mich leicht schief an, ehe er mit den Schultern zuckte. „Ich denke nicht. Die Nebenwirkungen sollten morgen bereits weniger werden." Ich nickte ihm zu und schloss die Tür hinter mir. Und jetzt stand ich da. Wie bestellt und nicht abgeholt in dem Flur, während ich draußen die Tür klappen hörte und wie der Motor gestartet wurde. Wollte ich das er geht? Nicht wirklich. Hätte ich gerne mehr Zeit mit ihm verbracht? Ich weiß es nicht. Vielleicht. War es jetzt bereits zu spät? Jap, denn er war schon weggefahren. Ich schulterte also meinen Rucksack und lief die Treppen nach oben, ehe ich mich in mein Bett schmiss und an die Decke starrte. Was war nur los mit mir? Warum fühlte ich mich so .. so ..? Ich konnte es nicht beschreiben. Es war, als würde etwas fehlen, was vor wenigen Minuten noch da war. Natürlich wusste ich, was es war.

Er war es. Er war die Ursache für mein Empfinden. Er und diese Verbindung. Wollte ich das? Ich weiß es nicht. Ich wollte mich nicht so fühlen. Wollte mich nicht ohne ihn alleine fühlen. Ich wollte mich aber auch nicht auf ihn einlassen. Ich rieb meine Augen, ehe ich wieder aufstand und mich in das Badezimmer schleppte. Dort genoss ich eine lange Dusche, ehe ich mich in bequeme Sachen einhüllte. Ich trat zurück in mein Zimmer und sah meinen Rucksack auf den Boden liegen. Ich ging zu ihm rüber und wollte ihn auf den Stuhl stellen, als mir die weiße Tüte auffiel. Ich zog sie aus der Tasche und sah mir den Inhalt an. Es war ein Handy, welches er mir geschenkt hatte, da meins einen Displayschaden hatte. Ich zog es also aus der Schachtel und schaltete es ein. Es fühlte sich hochwertig in meinen Händen an. Hochwertiger als mein altes Handy zu mindestes. Ich runzelte die Stirn, unsicher ob ich es behalten sollte, doch da ploppte bereits eine Nachricht auf. Ich zog die Augenbrauen zusammen, da ich die Nummer nicht kannte, dennoch öffnete ich den Chat. „Sieh aus dem Fenster." Wieder runzelte ich die Stirn, doch tat, wie mir gesagt wurde. Ich lief auf mein Fenster zu und sah nach draußen. Es ploppte eine weitere Nachricht auf, welche ich daraufhin las. „Machst du immer das, was dir Fremde schreiben?" Ich schüttelte leicht den Kopf und sah erneut aus dem Fenster. Xavier stand wenige Meter von dem Haus entfernt an einem Baum gelehnt und tippte erneut auf seinem Handy herum.

Anschließend sah er mich wieder an und deutete auf das Smartphone. Ich blickte also wieder nach unten und las die neue Nachricht. „Offene Haare stehen dir." Ich fasste mir augenblicklich in die Haare und band sie mir schnell zu einem unordentlichen Dutt zusammen. Ich trug nie offene Haare, was auch einen guten Grund hatte, nur nach dem Waschen, um sie trocknen zu lassen. Ich tippte also schnell etwas zurück, um vom Thema abzulenken. „Was machst du hier?" Ich schickte sie ab und sah wieder nach unten. Doch er zuckte nur mit den Schultern. „Weiß nicht, war spazieren, frische Luft schnappen und plötzlich fand ich mich vor deinem Haus wieder." Ich konnte sein Grinsen bis hierhin spüren. „Du weißt schon, dass das unter Stalking fällt." Er zuckte mit den Schultern. „Und wenn schon." Ich konnte nur den Kopf schütteln und schrieb ihm eine neue Nachricht. „Musst du nicht schlafen oder so?" Ich wartete gespannt seine Antwort ab. „Schlafen kann ich, wenn ich tot bin." Ich runzelte die Stirn und schrieb sofort zurück. „Ich aber nicht. Also wenn du mich entschuldigst. Heute war ein anstrengender Tag." Er schien leicht deprimiert, doch widersprach mir nicht. „Dann wünsche ich dir eine angenehme Nacht." Ich bedankte mich, ehe ich die Vorhänge zuzog, das Handy auf den Nachttisch legte und mich in mein Bett legte. Doch als ich mich umdrehen wollte, ploppte noch eine letzte Nachricht auf. „Bis Morgen." Ich müsste lächeln und schüttelte den Kopf, ehe ich das Licht ausknipste und mich schlafen legte.

Der Hass meiner Gefährtin Donde viven las historias. Descúbrelo ahora