Kapitel 36 - Unerwartet

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"Äh... Du hast da den Wein mit dem langen Namen.", Meinte Louis nicht sonderlich schlau und deutete auf Harrys Kinn, an dem diesem etwas Wein herunter tropfte.

"Jadot Chassagne-Montrachet Baudines, Liebling.", Erklärte Harry und wischte sich mit der Serviette den Jadot Chassagne-Montrachet Baudines ab. Der schöne Wein...

"Sag ich doch.", Lächelte Louis unschuldig.
"Habe ich das richtig verstanden? Du denkst gar nicht über George nach?", Fragte Harry dann wieder fassungslos.

"Oh... Äh... Nö... Tatsächlich nicht... Aber... Es lief ja ganz gut, oder? Ich meine, ich kann es mir ja noch überlegen, ob ich ihn dann treffen will. Darum kann sich also Future-Louis kümmern..."
"Oh... Das freut mich, Louis.", Lächelte Harry warm. Er war davon ausgegangen, dass das Aufeinandertreffen mit George Louis sehr einnehmen würde. Er wieder grübeln würde und dann schlimmstenfalls wieder ein paar Tage brauchen würde, um darüber hinweg zu kommen. Er hatte sich vorsichtshalber extra morgen kurzfristig frei genommen. Und jetzt kam Louis mit dieser Aussage daher.

Unabhängig von seinem Bruder. Endlich sah Louis sich selbst als Akteur. Als Gestalter der Situation und nicht mehr als Ohnmächtigen. Wow! Harry konnte gerade gar nicht sagen, wann sich das bei Louis so sehr gewandelt hatte, aber er könnte platzen vor Stolz.

Louis legte den Kopf schief. Sah Harry abwartend an.
Ach, stimmt. Dem sollte er vielleicht Mal antworten.

"Nun, wie du schon sagtest, wie ich Liam sagte, was der Niall sagte und der dir sagte: Ich möchte dir Erfahrungen ermöglichen. In jeglicher Hinsicht. So lange ich dabei bin und eingreifen könnte, denke ich, können wir über alles sprechen. Aber vielleicht sollten wir das dann doch lieber in einem etwas privaterem Rahmen klären.", Erklärte Harry grinsend.
Oh, er liebte das. Louis haute was raus und fühlte sich dabei unglaublich mutig und verwegen und dann konnte Harry dabei zusehen, wie die Röte in dessen Wangen kroch und er beschämt den Blick senkte.
Verdammt, er konnte gar nicht sagen, wie dankbar er war, dass Louis in sein Leben geschneit war.

Harry wusste noch, wie sie in der Küche gestanden hatten, als er Louis' Aufzeichnungen hatte sehen wollen. Wie er gedacht hatte, dass Louis diese freche und lustige Maske perfekt beherrschte, aber er unbedingt sein Innerstes freilegen und sich darum kümmern wollte.

Harry lächelte bei dem Gedanken daran, wie weit sie schon gekommen waren. Wie viel sich verändert hatte seither. Nicht nur für Louis, sondern auch für ihn selbst.
Er hatte damals nicht vertrauen können. Hatte sich teils in sich selbst gefangen gefühlt, weil er eben nicht wieder abgelehnt werden wollte als Kontrollfreak und überbehütendes Hausmütterchen. Beides war im Streit gesagt worden. Aber es war eben gesagt worden. Konnte nicht zurück genommen werden und hatte ihn verletzt. Das bekam man so schnell nicht aus dem Kopf.

Harry betrachtete Louis, wie der nun glücklich seine Pizza verspeiste. Louis hatte keine Ahnung von Versicherungen oder Kontoführungsgebühren. Er hatte keine Ahnung von Nebenkosten oder Terminabsprachen mit Elektrikern und ähnlichem.
Um all das kümmerte sich Harry und allein die Vorstellung, jemand würde sich darein stecken, machte ihn kribbelig. Und Louis störte das kein bisschen. So überhaupt gar nicht. Louis fand es toll, wenn Harry in der Küche herum experimentierte oder selbst Putzmittel herstellte oder Harry sich aufschrieb, wann er das letzte Mal die Filter der Lüftungsanlage gereinigt oder ausgetauscht hatte.

Louis saß, wenn Harry in der Küche herum werkelte, oft auf der Theke, wackelte mit den Beinen und versuchte zu naschen, wenn es etwas Naschbares gab. Einfach so. Er überließ Harry jegliche Kontrolle, die der wollte. Ohne sich auch nur einmal kleingehalten oder auf eine negative Art überwacht zu fühlen. Und Louis ging es gut damit. Er saß da, futterte seine Pizza und süppelte Maracujaschorle.

Anfangs hatte er gesagt, dass er keinesfalls von Harry finanziell abhängig sein wollte. Sie waren dort hinein gewachsen. Und es passte offensichtlich inzwischen für beide. Manche Dinge konnte man sich, am Küchentisch sitzend, auch nicht vorstellen und wenn sich dann eben Dinge in bestimmte Richtungen entwickelten, dann ging eben doch einiges mehr.

Harry überlegte, ob er mal Louis' rote Liste herausholen sollte und sie ihm geben sollte. Vielleicht würde er jetzt, mit den in der Zwischenzeit gesammelten Erfahrungen, eine ganz andere Liste schreiben?

Theoretisch sollten diese Listen immer Mal überprüft werden. Hatte Harry Mal gelesen. Aber er hatte keine Ahnung, wer das im Alltag wirklich machte. Harry liebte Listen und abhaken und abheften, aber gewisse Dinge passierten im Alltag und wenn alle Beteiligten Personen okay damit waren, dann war es einfach okay, oder?
Vielleicht war das dass, was er von Louis gelernt hatte. Listen, Strukturen, und Routinen waren wichtig. Aber manchmal musste man daraus auch ausbrechen. Das hieß schließlich nicht, dass er alle Kontrolle verlieren und im Chaos versinken musste.

Er war damals spontan ins Handcuffs gegangen und Louis und Stan und Oli waren wegen einer Wette zufällig am gleichen Tag und zur gleichen Zeit dort gewesen. Seither wirbelte Louis immer Mal wieder alles durcheinander. Und Irgendwie war das gut so.
Zufall? Schicksal? Keine Ahnung. Es ist, was es ist. Und es ist gut.

Entspannt saß Harry da. Keine Sinnkrise. Also könnten sie sich einen gemütlichen Abend machen. Klang gut.
Er nahm einen Schluck von seinem Jadot Chassagne-Montrachet Baudines und piekte eine Nudel auf, als er plötzlich eine Bewegung an seinem Knie registrierte.

Verwirrt blickte er unter den Tisch. Louis' Fuß.
Irritiert blickte er dem ins Gesicht. Dessen Pizza war fast vollständig vernichtet und Louis sah ziemlich zufrieden aus, während er extra näher an den Tisch rutschte, um seinen Fuß weiter hoch rutschen zu lassen.

"Louis, was wird das?", Fragte Harry und stellte seinen Jadot Chassagne-Montrachet Baudines zurück auf den Tisch.

Louis' Fuß war an seinem Schritt angekommen.
"Hm... Ich weiß nicht. Fällt dir vielleicht was ein?", Hauchte Louis Harry zu.

Der sah ihn nur mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ihm in die Augen gucken traute sich das freche Früchtchen schon nicht mehr. Aber an seinem Schritt herum spielen tat es trotzdem.

"Louis..."
"Hm.."
"Hör auf."
Louis atmete tief durch. Er spürte genau das Prickeln auf seiner Haut in diesem Moment, ausgelöst durch die Situation, in die er sich selbst gebracht hatte und Harrys Stimmlage. Trotzdem lächelte er tapfer Harrys Hemdknopf an und machte weiter. Leben am Limit.

"Mich dünkt, wir haben damals über eine ganz ähnliche Situation wie diese gesprochen, oder?", Fragte Harry, hinderte Louis aber nicht an seinen Bewegungen mit dem Fuß.
"Möglich. Aber da ging es ums Jammern wegen einem Nachtisch meine ich. Aber ich kriege eh nichts mehr runter."
"Soso.. und da erwartest du jetzt wohl, dass ich dich nicht einfach ins Auto schicke?"
"Möglich."
"Ich sage es jetzt nur noch einmal: Hör auf."

Louis atmete tief durch und hauchte dann:
"Bring mich dazu."

So viel zum ruhigen Abend für Harry 😅
Bis dann.
Viele Grüße ^⁠_⁠^

BDSM (Larry) 2 - wird fortgeführt auf StorybanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt