3 Schulsozialarbeiterin

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In der achten Klasse wurde auch die Schulsozialarbeiterin auf uns aufmerksam. Meine Eltern hatten mir immer eingeredet, dass niemand erfahren dürfe, wie oft und wie lange wir alleine zu Hause waren. Wenn ich darüber sprechen würde, käme ich ins Heim. Mir ging es zu der Zeit psychisch nicht so gut und ich verschlief manchmal morgens. Unsere Mutter weckte uns nicht und wir haben einen Handywecker benutzt. Meine große Schwester hat zu der Zeit schon mit ihrem Bett im Wohnzimmer geschlafen, weil sie es mit uns beiden in einem Zimmer nicht ausgehalten hatte. Meistens kam ich nur 10 Minuten zu spät, aber an einem Morgen war es die gesamte erste Stunde. Wie eine Verrückte bin ich zur Schule gerannt (2km Fußweg durch den Wald), um noch irgendwie pünktlich zu kommen. Ich wollte nicht, dass auffliegt, dass wir morgens alleine aufstehen mussten, weil mein Vater schlief und meine Mutter nicht da war, weil sie schon so früh raus musste, obwohl ich nicht wusste, dass das in der achten Klasse gar nicht mehr so schlimm gewesen wäre. Ich wusste nur, dass ich es keinem erzählen durfte.

Meine Lehrerin fragte dann, warum ich zu spät gekommen wäre und ich konnte gar keine Erklärung abgeben, weil ich mir unsicher war, was ich sagen sollte. Also habe ich komplett überfordert weinend dagesessen. Meine Freunde haben gefragt, was los wäre und ich habe immer nur gesagt, dass alles gut sei und sie mich bitte in Ruhe lassen sollten. Meine Lehrerin hat daraufhin die Schulsozialarbeiterin geholt. In ihrem Büro sollte ich dann erzählen, was los ist, was ich ganz sicher nicht wollte. Also habe ich etwas viel Schlimmeres, für mich aber in dem Moment Harmloseres erzählt. Wir hatten Anfang des Jahres erfahren, dass meine Mutter ziemlich krank war. Sie konnte nicht operiert werden oder nur unter einer Not-OP, weshalb es lieber gleich sein gelassen wurde und das machte mir schwer zu schaffen, auch wenn das in dem Moment nicht der Grund war, wieso ich so viel geweint hatte. Die Schulsozialarbeiterin wollte dann noch öfter mit mir reden, aber ich ließ es einfach nicht zu und habe immer gesagt, dass ich das nicht möchte. Über die wahren Gründe, was zu Hause los war, wollte ich ohnehin niemals sprechen. Ich hatte viel zu viel Angst davor. Irgendwann ließ uns die Schulsozialarbeiterin wieder in Ruhe und meine große Schwester machte ihr Abitur.


Psychische Gewalt - Ein ErfahrungsberichtWhere stories live. Discover now