Kapitel Drei.

1.9K 115 1
                                    

„Wir bitten die Bevölkerung um Hinweise. Wenn sie einen Anhaltspunkt haben wo sich Guiseppe Rossi aufhalten könnte melden sie es bitte der zuständigen Polizeibehörde. Die Nummer sehen Sie unten eingeblendet." Schon zwei Wochen wird nach dem Mann gesucht. Seine gesamte Familie war schon heulend im Fernsehen zu sehen, es vergeht kein Tag wo der Polizeichef nicht vor der Kamera steht. Und niemand hat den armen Mann gefunden.

Niemand der den Mann je wieder sehen.

Clelia schaltet den Flachbildschirm aus und wirft die Fernbedienung treffsicher auf ihre hellblaue Couch in ihrem Büro. Sie lehnt sich in ihrem schwarzen Ledersessel zurück. Verzieht ihre roten Lippen zu einem Lächeln. Lächelt in sich hinein.

Er hat es verdient. Jemand der sich von einer Bande Jugendlicher reinlegen lässt gehört nicht zu solch einer Gemeinschaft.

Obwohl sie das nicht gern macht, wurde dies ein Teil ihres Lebens.  Sie hat auch keine Schuldgefühle, keine Gewissensbisse. Keine moralische Stimme die ihr vor oder nach dem ausgeführten den Kopf einschreien würde. So etwas kennt sie nicht.

Sie ist Skrupellos.

Schlimmer als ein Tier, wenn es nach ihr gehen würde.

Aber wenn sie es nicht machen würde, würde es niemand machen.

Die anderen sind zu schwach.

Zu schwach fürs Morden.

Sie würden zittern, daneben zielen. Sie zittert nie, trifft immer.

Sie dreht sich mit ihrem Stuhl im Kreis. Bleibt vor einer geputzten deckenhohen Glaswand stehen.  Hinter dem durchsichtigen Glas blickt sie auf eine pulsierende Stadt hinab.

Vor ihren Füßen ist der Lebensmittelpunkt, das Zentrum der Stadt. Eine Betonfläche. Umgeben von Beton und Glasgebäuden, die hoch in den Himmel ragen.

Sie selbst sitzt im höchsten Gebäude der Stadt.  Den Zeichenblock immer neben ihr.

Den Bleistift immer griffbereit um eine flatternde Idee aufzusammeln und zu Papier zu bringen.


-Am selben Abend-


Der Fluss rauscht durch den Wald. Sie versucht sich an seinem Geräusch zu orientieren, versucht so den richtigen Weg zu finden. Ihre Schuhe zerbrechen kleine Äste und steigen auf Blätter die der Baum fallen hat lassen um anderen eine Chance zu geben. Im Nachhinein war es ein Fehler hohe Stiefel anzuziehen. Sie wäre schon fast drei Mal gestolpert. Sie hat aber so getan als wäre nichts, die Blöße gibt sie sich nicht.

„Hier." Einer der Männer vor ihr schreit durch das Dickicht. Alle Blicken wenden sich dem kleinen Strahl der Taschenlampe zu.

Clelia geht voran. Der Mann hält die Büsche und Zweige von ihr fern. Sie hört schon Stimmen. Männer schreien und lachen in der Dunkelheit des unbekannten Waldes.  

„Ich hoffe sie kommt bald. Ich hasse es zu warten." Eine ihr unbekannte männliche Stimme erhebt sich. Wie aufs Stichwort tritt Clelia aus dem Dickicht, beleuchtet von Taschenlampen. Sie weiß nicht wie sie jetzt auf die älteren Männer wirkt, aber sie weiß sie wirkt. Ihre Erscheinung bleibt nie unerkannt.

„Endlich." Die Männer haben sich um ein Lagerfeuer versammelt. Jeder hält ein Weinglas  in der Hand und einige schwenken es elegant in den Händen. Sie alle tragen Anzüge, haben kurzes Haar, welches mit grauen Strähnchen durchzogen ist.  Sie ist die jüngste, zweifellos. Auch die einzige Frau in der Runde, was bedeutet das sie sich behaupten muss, obwohl sie nicht viel zum Mitreden hat, allein die Einladung zu diesem Treffen zeigt das  die Männer sie akzeptieren und respektieren.

Sie setzt sich auf den freien Stuhl am Feuer. Ein Weinglas wird ihr sogleich in die Hand gedrückt, welches sie in der Form einer Sechs in der Luft schwenkt. Sie riecht, nimmt einen Schluck.

Rotwein sagt ihr normalerweise nicht so zu, aber dieser ist eine angenehme Abwechslung. Er schmeckt nach Weichsel, hat einen Vanilletouch. Von diesem Gesöff könnte sie die ganze Flasche leeren.

„Zurück zum Thema." Mario Brunetti. Ein Mann Mitte Fünfzig lehnt sich in seinem Gartenstuhl zurück und atmet hörbar aus.  

„Wir müssen vorsichtiger sein. Die Polizei kommt uns schön langsam auf die Schliche. Die Schmiergeldzahlungen bringen beim neuen Polizeichef nichts." Marios Gesicht wurde noch faltiger als es ohnehin schon ist. Bei den letzen Worten scheint sich sein sonst überdimensionales Selbstbewusstsein verabschiedet zu haben.

„Was ist wenn wir uns neue Bereiche suchen. Da wo die Polizei nicht so herumschnüffelt." Clelia hat ihre Worte sorgfältig gewählt. Es ist Jahrelang gut gegangen, so wie die Alten den Laden geschmissen haben. Aber die jüngere Generation möchte auch mehr Mitreden können, möchte mit entscheiden können. Clelia und die restlichen der gleichaltrigen Kinder der hier anwesenden Männer wollen ihre Ideen einbringen. Das ist, war und wird immer ein Familienbetrieb sein. Man wird in diese Gesellschaft hineingeboren. Vielleicht heiratet man ein, aber das muss man schnell lernen seinen Mund zu halten.

„Emanuele. Ich bin froh das deine Tochter hier ist." Mattia Rossi erhebt seine Stimme.

Das Feuer knistert. Die Luft ist angenehm kühl, perfekt für einen Sommerabend. Die Gläser werden gefüllt, die Flaschen vernichtet. Es wird diskutiert und Clelia della Torres Argumentationen wird gelauscht.

Sie ist endlich in der Cosa Nostra angekommen. 

Die Mafia PrinzessinWhere stories live. Discover now