Tag 7

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Neteyam

Ich war früh wach, also beschloss ich, einen kleinen Spaziergang über die Insel zu machen. Leise schlich ich mich über den Steg zum Strand und genoss den kühlen Sand unter meinen Füßen. Es gab so viel Neues zu sehen; teilweise traute ich meinen Augen kaum. Schließlich machte sich mein Bauch mit einem Grummeln bemerkbar und ich merkte, dass ich ziemlich hungrig war. Also schlenderte ich zurück zu meinem neuen Zuhause und traf dort Lo'ak an, der sich gerade wegschleichen wollte. "Wo willst du hin?" Er zuckte zusammen und maulte dann halblaut, warum ich ihn so erschreckte. Ich wiederholte meine Frage. "Ich hab mit Tsireya ausgemacht, dass wir uns am Strand treffen. Zufrieden?" "Viel Spaß euch zwei." Ich zwinkerte und ließ ihn gehen. Tsireya wirkte auf mich sehr vernünftig und pflichtbewusst - also das ziemliche Gegenteil zu meinem impulsiven Bruder. Die beiden...
Kopfschüttelnd bereitete ich Frühstück vor und genoss den ruhigen Morgen mit meiner Familie. Nach dem Essen begab ich mich in Ruhe zum Strand. Ich setzte mich dort in den warmen Sand und genoss das Rauschen der Wellen.
Ich zuckte zusammen, als Wasser auf mich tropfte. Scheinbar war ich eingeschlafen, denn ich lag inzwischen auf dem Rücken. Über mir stand grinsend Ao'nung, klatschnass. Seufzend stützte ich mich auf meine Unterarme. "Musste das sein?" Lachend nickte er. "Ab ins Wasser mit dir. Wir gehen eine Runde schwimmen." Ich stand auf und streckte mich ausgiebig. Als ich bis zur Hüfte im Wasser stand, wurde ich von hinten geschubst und tauchte unfreiwillig unter. Ao'nung schwamm weg und ich folge ihm sofort. Wir kabbelten uns unter Wasser, bis Lo'ak mit Tsireya auf uns zukam.
Sie schien Ao'nung mit ihren Gesten etwas zu sagen, denn er nickte nur und die Turteltäubchen machten sich wieder auf den Weg. Ich sah den Jungen an und er bedeutete mir, aufzutauchen. Während ich noch nach Luft rang, sagte er mir, dass Tsireya und Lo'ak noch eine ganze Weile unterwegs sein würden und dass es spät werden könnte.
"Du Ao'nung?" Er sah mich an. "Hmm?" "Kannst du mir diese Handzeichen beibringen? Du weißt schon." Ich wedelte unbeholfen mit meinen Händen rum. Er stimmte amüsiert zu und wir schwammen wieder zu dem Felsen, auf dem wir gestern bereits gesessen hatten.
Wir verbrachten den Nachmittag mit Unterricht und schon bald konnte ich die Grundlagen. Ao'nung deutete Willst du noch bleiben? und ich antwortete nach kurzem Überlegen Ja. Bleibst du auch? Zufrieden nickte er. "Du lernst schnell." "Ich mag es nicht wenn ich etwas nicht kann." Er brummte zustimmend.
In der Ferne sah ich Kiri und Roxto am Strand sitzen während Tuk daneben eine Sandburg baute. Leise unterhielten wir uns und sahen der Sonne beim Untergehen zu. Ich erfuhr einiges über seine Kindheit. Als es schon fast dunkel war, stupste er mich an. "Weißt du was?" Meine Augen lösten sich nicht vom schwarzen Wasser. "Erzähl." "Wenn ich meine Haare offen hab verwechseln mich viele mit Tsireya." Ich starrte ihn ungläubig an und begann wegen seinem Gesichtsausdruck zu lachen. "Ernsthaft?" Er nickte und kratzte sich am Nacken. "Das will ich sehen." Ao'nung zögerte, griff aber dann nach dem Gummi und löste ihn aus seinen Haaren. Sie fielen ihm in dunklen Locken bis weit über seine Schultern. Es war ihm sichtlich etwas unangenehm.
Ich war fasziniert von dem ungewohnten Anblick und spielte in Gedanken versunken mit einer Strähne seiner Haare. "Es wundert mich nicht, warum sie dich verwechseln. Aber offene Haare stehen dir." Er lächelte scheu und sah auf seine Hände. "Wir sollten langsam zurück." Ich stand auf, streckte mich und half ihm dann hoch. "Wer zuerst am Strand ist", sagte ich grinsend, sprang halbwegs elegant ins Wasser und ließ einen verdutzten Jungen zurück. Er schaltete schnell und holte mich ein als ich grade Sand unter meinen Füßen spüren konnte. Ich tauchte auf und wurde am Hinterkopf gepackt und mit dem Gesicht erneut runtergedrückt. Meine Hand bekam sein Knie zu fassen. Als ich dran zog verlor er das Gleichgewicht und wir rauften spielerisch.
Ich rang nach Luft und boxte Ao'nung gegen die Schulter. Er lachte nur und rempelte mich etwas an. Die Augen verdrehend grinste ich und kam nicht umhin zu bemerken, dass er nicht schlecht aussah mit der Frisur. Wir verabschiedeten uns. "Ao'nung!", rief ich ihm leise nach. Er drehte sich zu mir. "Du solltest deine Haare öfter offen lassen." Selbst bei Dunkelheit erkannte ich im spärlichen Licht, dass er rot wurde. Wortlos machte er sich wieder auf den Weg und ich ging, den Tag reflektierend, nach Hause.

Ao'nung x Neteyam Slow BurnWhere stories live. Discover now