17 | ein stern erlischt.

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02. Mai 1998

Das Hemd, das er trug, war noch immer dasselbe. Es war aus diesem dünnfasrigen Satin, das seine Haut umgoss wie die Strömung eines seichten Flusses. Es war dasselbe Hemd, das golden in ihrem Wohnzimmer geschimmert hätte, wären sie je dorthin gekommen. Es war dasselbe Hemd, nun von einer dünnen Staubschicht umrahmt, und es gab unter Logans Fingern nach.

Die Brust darunter regte sich nicht.

Und nie in ihrem Leben würde Logan begreifen, wie ihr Herz schlagen konnte, während Fred Weasleys Herz erstarb.

Später würde sich Logan wünschen, sie hätte es sich einbilden können: Einen Hauch seiner Existenz, als sie über das Geröll hinweg stolperte und neben seinen reglosen Körper fiel.

Doch Fred Weasley war tot, als Logan ihn erreichte.

Er lag einfach bloß da und starrte an die Decke. Kein Blut sickerte aus ihm heraus, nichts an ihm war fremd. Beinahe konnte sie glauben, dass er träumte. Und irgendwo weit weg von ihr, tat er das auch.

Im Endeffekt war es ein Moment. Flüchtig und gebrechlich und unendlich fern. Logan kämpfte sich aus dem Schuttberg frei, Percy schrie: „Nein, Fred, nein!" und Corben schlug Dolohow in die Flucht, mit einem Ruf, der ihm nicht gehörte, Crucio, Crucio, Crucio. Während Logan inmitten des Schutts auf die Knie fiel.

Sie würde nie vergessen, wie sich Percys Finger in Freds Hemd bohrten. Wie seine gebrochenen Nägel sich durch den Stoff krallten als hielte er so etwas von dem Leben in ihm fest. 

Dabei standen die schönsten Augen leer. Das Lächeln auf Fred Weasleys Lippen war hohl.

„Nein, Fred, nein."

Logan sagte nichts. War gar nicht fähig. Sie spürte bloß wie alles, das sie je in sich getragen hatte, in die Unendlichkeit brach. Bloß ein lebloser Körper blieb zurück. Und ein Lächeln, das niemandem je wieder gehörte.

Und dann flog der Korridor neben ihnen in die Luft. Die Türen der Klassenräume donnerten aus den Angeln, sausten an die gegenüberliegende Wand.

„Wir müssen fort!" Percy spie, doch Logan hörte ihn nicht.

Nein. Sie wollte es sagen, doch sie brachte es nicht hinaus.

Wieder ein Knall – jagende Schritte.

Logan wusste, dass Percy und Corben herumfuhren. Sah sie wie ungreifbare Nebelschlieren an ihrem Blickfeld. Alles, was sie anstarrte, war Fred. Und alles, was sie berührte, war die Brust über seinem Herzen. Sie hatte es eben noch gehört. Sie hatte es eben noch gespürt.

„Fred." Sein Name hatte sich nie falscher angefühlt. Jetzt brach es aus ihr heraus. „Fred, nein, Fred, nein."

„Kommt schon, wir müssen fort." Percy stand auf den Beinen.

„Nimm sie", ordnete er Corben an.

„Nein." Logan stieß Corbens Finger weg. „Nein!"

Also riss sie sich los und erst jetzt, erst als die Starre des Augenblicks endete, als draußen die Ländereien knallten, als hinter ihnen ein Klassenzimmer explodierte – erst da begriff Logan, dass die Welt wirklich weiterging.

„Nein."

Die Welt ging weiter und Fred war tot.

„Nein!"

Also hielt sie sich an ihm fest, umklammerte seinen Arm, seine Brust, rüttelte an ihm, zog. Ein Lächeln blieb nie einfach so auf seinen Lippen zurück, es musste immer etwas folgen, auch wenn das nur ihr Name war.

THE AFTERMATH » fred weasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt