09 | krieg.

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MAI - JUNI 1997

Wenn an den kommenden Tagen das Abendrot eines einbrechenden Sommers die Dächer der Winkelgasse rot färbte, sah Logan dabei zu.

Entweder lugte sie aus Fred und Georges Laden, aus dem Küchenfenster an dem hutreckenden Zauberer vorbei, oder sie saß in einem schmalen Lehrsaal des St. Mungos und lernte. Und all das tat sie, ununterbrochen in dem beruhigenden Wissen, Corben McLaggen in diesem Sommer nicht aus ihrem Leben verloren zu haben.

Sie hatten ihn noch am selben Tag nach York verlegt. Logan war nicht lang genug geblieben, damit das Splittern der Vase in ihren Ohren verblasste; es war noch durch ihren Kopf gehallt, als sie in den Scherzartikelladen gehuscht kam.

Aber trotzdem hatte sie gewusst, dass Corben McLaggen sie nicht hasste; dass er sie auch nicht aus seinem Leben verdammte; dass jener Nachmittag in der Winkelgasse kein Abschied war. Und an den meisten Tagen war das genug.

„Es gibt bessere Ecken für Butterbier." Das befand sie drei Wochen, nachdem das Dörhaus in die Luft geflogen war. Das Mädchen gegenüber nahm ihren Schluck mit dem selben, verzerrten Gesicht. „Irgendwann zeige ich sie dir alle. Sogar Hogsmeade."

„Das ist ein ziemlich großes Versprechen, Mads."

Reed Macauley saß auf der ausgesessenen Bank in der einzigen lichtbefallenen Ecke des Tropfenden Kessels und sah nach etwas aus, das nicht allzu viel Wehmut sein sollte. Trotzdem reichte es, sie atmen zu sehen. Und ihr langes, blondes Haar in diesem geflochtenen Zopf, die strohigen Enden, die dünne Gestalt. Ich hab dich vermisst.

„Wie geht es dir?", fragte Logan und drehte den Untersetzer in ihrer Hand. Das schlüpfrige Grinsen konnte sie sich nicht verkneifen: „Wie geht es Thormen?"

Reed lachte: „Gut. Er arbeitet hart, im Ministerium. Man könnte ihn dort befördern, würde er weitermachen."

Logan ließ den Untersetzer sinken. „Wie? Kündigt er?"

Sie hatte geahnt, dass Reed nicht einfach so hier war. 

Es war beinah ein Jahr vergangen, seitdem Logan Irland wiedergesehen hatte. Seitdem war Theodore zwar ein stetiger Begleiter geworden, erreichte wöchentlich die Winkelgasse, klopfte gegen Freds Schlafzimmer und blieb auf den Zinnen, bis Logan mit einer Antwort aus dem Fenster winkte. Doch der letzte Brief war anders gewesen. Sie wünschte bloß, sie hätte das selbst jetzt noch leugnen können, als Reed ihr tatsächlich gegenüber saß.

Du hast versprochen, mir London zu zeigen. Ich finde, das wird Zeit. Ich bin am Wochenende da.

Und jetzt war sie es wirklich, Reed Macauley, und atmete so fest die stickige Pub-Luft ein, dass ihre Nasenflügel sich blähten. Bis sie es einfach sagte: „Wir werden Irland verlassen."

Logan blinzelte gegen den Schatten. Alles, was Reed an Wehmut hatte zurückhalten wollen, zeichnete sich nun über ihr zaghaftes Gesicht. Verlor sich in dem müden Lächeln auf den geschwungenen Lippen.

„Wir werden nach Lettland gehen."

Und auch, wenn es Logans Herz in Stücke brach, musste sie schnauben. Reed tat es ihr gleich.

„Genau so, wie wir es in der Schule immer vorhatten, weißt du noch?", flüsterte Reed und der süße Geschmack leichterer Erinnerungen flutete die Luft.

„Wie könnte ich das nur vergessen?", sinnierte Logan und atmete fest als müsse sie in ihrem Brustkorb Platz für etwas Neues schaffen. Eine andere Realität. „Aufs Land ziehen und euren Bauernhof nachbauen –"

„– mit Hühnern und Enten –"

„– und Kornfeldern voller Labyrinthen." Manchmal kostete es nichts als eine Erinnerung, damit Logan wieder Maden war. Und für einen Moment wieder in Irland daheim.

THE AFTERMATH » fred weasleyWhere stories live. Discover now