Chapter 4

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„Dann zeig mal was du draufhast." Ich drückte ihm ein Messer in die Hand und sah zu, wie er es konzentriert anstarrte, bevor er es warf und verfehlte. „Nochmal", befahl ich und reichte ihm das nächste Messer. Aber auch das verfehlte sein Ziel um Meilen. „Hast du jemals ein Messer geworfen?", fragte ich entnervt. Er schüttelte peinlich berührt den Kopf. „Das war nie Teil meiner Ausbildung." Ich verdrehte genervt die Augen und atmete frustriert aus.

„Stell dich hin. Dominantes Bein nach vorn." Asher gehorchte. Ich drückte ihm das dritte Messer in die Hand, aber schon sein Griff war völlig falsch. „Hand auf!", befahl ich und drückte ihm die Klinge in die Handfläche, wobei er kurz zusammenzuckte. Er schloss seine Hand um die Klinge und hob seinen Arm zum Wurf.

„Halt dein Handgelenk steif. Lass das Messer erst los, wenn du auf die Scheibe zielst und achte darauf, alles in einer flüssigen Bewegung auszuführen." Asher nickte und befolgte meine Anweisungen und tatsächlich traf er die Zielscheibe diesmal. Zwar nicht in der Mitte, aber es war ein guter Anfang.

Er drehte sich mir sofort breit grinsend zu. „Hast du das gesehen?" Er griff sich augenblicklich das nächste Messer und trainierte seine Technik. Eine halbe Stunde später hatte er mehr oder weniger den Dreh raus und wir konnten endlich mit der nächsten Trainingseinheit weiter machen.

„Bitte sag mir, du bist besser im Schießen als im Werfen." Wir machten uns zum angrenzenden Raum auf, wo der Schießstand untergebracht war, und sofort suchte Asher sich seine Pistole aus. „Ich will ja nicht angeben, aber ich bin der Beste meiner Einheit", fing er an und griff nach einem Gehörschutz, den er mir unerwartet aufsetzte.

Ich wich erschrocken zurück und warf ihm einen bösen Blick zu. „Das kann ich selbst." „Ich weiß", grinste er und setzte sich schließlich seinen eigenen auf. Wir verbrachten auch hier eine gute halbe Stunde und ich musste zugeben, dass er jeden Grund hatte anzugeben. Er verfehlte keinen einzigen Schuss.

„Gut gemacht", rutschte mir mein Lob raus und ich hätte mich selber erschießen können dafür. Er brauchte keinen Lob, sondern ein Messer im Bauch. Er lächelte mich zum Dank an, aber ich wand mich sofort von ihm ab, bevor ich noch der Versuchung nachgab und ihm tatsächlich etwas antat.

„Nahkampf als nächstes?", fragte Asher und folgte mir zur Kampffläche. Ich nickte bloß und positionierte mich ihm gegenüber. „Du darfst als erstes Angreifen." Er nickte knapp, als Zeichen, dass er verstanden hatte und beugte leicht die Knie.

Ich verfolgte jede seiner Bewegungen mit Argusaugen und sobald er angriff, war ich bereit für meine Abwehr. Seine Faust zischte an meinem Gesicht vorbei und ich vollführte eine saubere Drehung, um blitzschnell hinter ihm zu sein und ihn mit einem Tritt auf den Boden zu werfen. Er rollte sich gekonnt ab und war in der nächsten Sekunde auch schon wieder auf den Beinen.

„Wow, du bist-" Ich ließ ihn nicht ausreden und schlug sofort mit meinen Fäusten auf ihn ein. „Du hältst echt nichts zurück, was?", keuchte er angestrengt unter schwerem Atmen, während er gleichzeitig versuchte sich zu schützen.

„Niemals", zischte ich zurück und genoss die Möglichkeit endlich meine ganze aufgestaute Wut, meinen ganzen Hass an ihm auszulassen. Schon bald hatte ich ihn in eine Ecke gedrängt und er sackte erschöpft zu Boden. „Ich geb auf."

Langsam ließ ich meine Fäuste fallen und gab meine Deckung auf, als er auf einmal wieder aufsprang und mich völlig überraschend mit einem heftigen Schlag ein paar Meter nach hinten warf. „Du hast aufgegeben!", brüllte ich ihn an, aber er lachte nur und kam mit großen Schritten auf mich zu, um mich von oben herab anzuschauen. „Der Feind kämpft niemals fair, Vanessa."

Er reichte mir eine Hand um mir aufzuhelfen, aber ich schlug sie wütend weg und stand alleine auf. Ich spürte etwas Feuchtes meine Stirn runter fließen und Asher griff sofort nach meinem Gesicht, um es still zu halten. „Du blutest", stellte er besorgt fest. „Finger weg!" Mit erhobenen Händen entfernte er sich einen Schritt von mir. „Schon gut."

„Gibt's ein Problem?", fragte auf einmal Henry, der angelaufen kam und Asher misstrauisch beäugte. „Kein Problem", antwortete ich genervt und schnappte meine Sachen, um ins Badezimmer zu verschwinden.

Ich knallte die Tür hinter mir zu und stützte mich am Waschbecken ab, als ich mich im Spiegel betrachtete. Verärgert blickte ich mich an und inspizierte die kleine Wunde an meiner Stirn genauer. Bloß eine kleine Platzwunde, stellte ich fest.

Ich wollte sie gerade anfangen zu säubern, als auf einmal die Tür aufging und Henry hinter mir erschien.

„Lass mal sehen." Ohne dass ich etwas dagegen hätte tun können, kam er mir näher und griff nach meinem Kinn, um sich meine Verletzung anzusehen. „Sieht nicht allzu schlimm aus", merkte er an und griff nach dem Papier in meiner Hand. „Was wird das?", fragte ich und wollte das Papier wieder zurück haben, aber er hielt es außerhalb meiner Reichweite.

„Jetzt lass mich dir doch einfach mal helfen!" Resigniert atmete ich aus und ließ ihn gewähren. Er drehte mein Gesicht leicht zu Seite und fing schließlich an die Wunde vorsichtig abzutupfen.

Ich zuckte bei dem plötzlichen Schmerz zusammen und erhielt von Henry bloß ein trockenes Brauen heben. Er holte ein kleines Desinfektionsmittel aus dem Erste-Hilfe Schrank und ich zog zischend die Luft ein, als das Mittel auf meine Haut traf und den Schmerz verdreifachte.

Automatisch griff ich nach seiner Hand und versuchte ihn abzuhalten, aber er tupfte bloß ein weiteres Mal die Wunde ab. „Du bist ein starkes Mädchen. Das hältst du schon aus."

Ich biss die Zähne zusammen und ließ ihn seine Arbeit machen. „Du hättest besser aufpassen sollen", tadelte er mich nach einigen Momenten der Stille, weshalb ich sofort beleidigt die Arme verschränkte. „Er hat unfair gekämpft." Henry schüttelte den Kopf und drehte mein Gesicht kurz wieder zu sich, sodass er mir direkt in die Augen sah. „Ein echter Kampf ist nie fair. Und du bist dumm, wenn du glaubst er wäre es. Und noch dümmer, wenn du deine Deckung vor dem endgültigen Sieg fallen lässt."

Ich atmete genervt aus. „Danke, jetzt fühl ich mich schon besser", gab ich ironisch von mir, was ihm zum lächeln brachte. „Immer wieder gern." Schließlich klebte er mir noch ein Pflaster auf die Stirn und sah mir dann wieder direkt in die Augen. „Und fertig." Ich wollte mich umdrehen, um meine Stirn zu betrachten, aber Henry ließ mein Gesicht nicht los.

„Gibt's noch was?", fragte ich unbehaglich und versuchte seinem fesselnden Blick aus dem Weg zu gehen. „Nein, nichts." Er ließ mich plötzlich los, verschwand in Windeseile aus dem Bad und ließ mich verwirrt und allein zurück.

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⏰ Last updated: Nov 05, 2022 ⏰

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Beloved EnemyWhere stories live. Discover now